Kuhn will in Österreich durchstarten
Nein, ein Senkrechtstarter oder Ausnahmetalent ist Dominik Kuhn nicht. Nur ein Bruchteil seiner fussballerischer Ausbildung verbrachte er im Nachwuchs des FC Zürich. Dies hinderte den Effretiker aber nie daran, abseits des Teamtrainings, an seiner Kraft und Schnelligkeit zu arbeiten.
Und so hat er auch im Alter von 24 den Traum vom Profifussball noch nicht aufgegeben – und wählt dafür auch einmal einen ungewöhnlichen Weg. Über seinen Stammverein Effretikon hat Kuhn mit viel Fleiss Ligastufe um Ligastufe erklommen. Und nach den Stationen SV Höngg (2. Liga inter/1. Liga) und FC Tuggen (Promotion League) ist er auf diese Saison hin im grenznahen Voralberg gelandet – beim SC Rheindorf Altach.
Allerdings nicht bei den Profis, wo noch in der letzten Vorrunde der neue Basel-Stürmer Dimitri Oberlin als Leihgabe von Red Bull Salzburg für ein halbes Jahr für Furore sorgte, sondern bei den Amateuren. Kuhns Alltag ist die Regionalliga West – dritthöchste Spielklasse in Österreich. Die Gegner heissen Wörgl, Alberschwende oder auch Grödig. Letzteres Team führt die Liga auch an und fügte jüngst den Altachern die dritte Saisonniederlage bei.
100 Kilometer Anfahrt zum Training
Kuhn hat sich gut im Verein eingelebt. In 12 der bisherigen 14 Partien stand er als sogenannter «Sechser» im defensiven Mittelfeld in der Startaufstellung. Es ist eine neue Position für ihn. An seinen früheren Stationen war er am Flügel oder in der Sturmspitze aufgelaufen.
Der Wechsel auf dem Spielfeld hat auch mit der Rolle im Team zu tun. Mit 24 Jahren zählt Kuhn im Altacher Talentschuppen zu den wenigen Routiniers. «Es macht richtig Spass hier. Die Jungen wollen besser werden und geben entsprechend Gas», sagt Kuhn.
Besser werden will auch er noch immer. Und dafür nimmt der Effretiker, der an der ZHAW in Winterthur im zweiten Jahr Betriebswirtschaft studiert, gerne die rund 100 Kilometer Anfahrtsweg in Kauf. Viermal in der Woche trainieren die Altacher Amateure. Einzig am Wochenende reist Kuhn jeweils vorzeitig an und übernachtet vor dem Matchtag bei einem Teamkollegen in der rund 6500 Einwohner zählenden Gemeinde.
Mehr Aufwand, weniger Geld
Als überragenden Typen, bezeichnet ihn Dietmar Berchtold – sein Trainer. «Solche Spieler wie Dominik gibt es nicht mehr viele im Fussball», sagt er mit Nachdruck. «Er könnte bei manchem Verein in der Schweiz mit weitaus weniger Aufwand beträchtlich mehr verdienen.» Dies bestätigt auch Kuhn. «Mir ging es noch nie ums Geld. In Altach habe ich die Chance erhalten, einen weiteren Schritt nach vorne zu machen.»
Nach vorne? Sogar in die österreichische Bundesliga? «Das ist sehr schwierig», sagt Berchtold, selbst über viele Jahre Profi und bis letzte Saison noch Assistenztrainer bei den Altacher Profis. «Alleine auf seiner Position stehen ihm dort fünf bis sechs Spieler vor der Nase.» Dennoch könnte sich für Kuhn schon in Bälde eine neue Türe in Altach aufgehen.
Als derzeitiger Tabellendritter würden die Amateure nämlich in die zur neuen Saison hin von 10 auf 16 Mannschaften aufgestockte Erste Liga (zweithöchste Stufe) aufsteigen. Ob der Verein tatsächlich diesen Schritt gehen will, wird er allerdings erst in der Winterpause entscheiden. «Es sieht gut aus», sagt Berchtold.
«Besser als erwartet»
Gut würde es in diesem Fall auch für Kuhn aussehen, wie der Trainer unterstreicht: «Dadurch ergeben sich neue finanzielle Möglichkeiten.» Berchtold traut seinem Spieler diesen nächsten Schritt zu – auch auf der neuen Position. Er hat Kuhn im Sommer so quasi umfunktioniert – nicht zuletzt aufgrund «seiner extremen Laufstärke und seinem Kampfgeist».
Ein Entscheid, der sich sogleich bewährte. «Wir sind viel besser klassiert als erwartet», sagt Berchtold. Es ist auch ein Verdienst von Kuhn. «Wir sind sehr froh, dass wir ihn in unseren Reihen haben.»
