Yoga schon für Vierjährige
«Yoga für Kinder ist mehr als nur ein Trend», sagt Isabella Gartmann. «Ich kann mir gut vorstellen, dass Yoga dereinst in den Schulen als Ergänzung zum Turnunterricht praktiziert wird, weil es sowohl das Körpergefühl als auch die Wahrnehmung schult.»
Seit einem knappen Jahr betreibt die 38-Jährige ein Yoga-Studio im Dachstock eines Mehrfamilienhauses in Fehraltorf. Hier bietet sie Yoga-Kurse an; seit sechs Monaten auch solche für Kinder ab vier Jahren. «Der erste Kinder-Kurs ist gut angelaufen, bereits machen jede Woche fünf Kinder mit» sagt sie. Schon vor dem Kindergarten mit Yoga anzufangen, sei keineswegs zu früh, ist Gartmann überzeugt. «Im Kinder-Yoga lernen die 4- bis 8-Jährigen, mit ihrem Körper und ihren Gefühlen umzugehen. Die Yoga-Positionen helfen, die Flexibilität und das Bewusstsein zu fördern.»
Spezielle Kinderübungen
Yoga-Übungen für Kinder seien anders aufgebaut, als solche für Erwachsene, sagt Gartmann. Kinder machen beispielsweise einen Kopfstand nicht gleich, da ihr Körper noch nicht voll ausgewachsen ist. Ebenso werden Atemübungen seltener eingesetzt, da das Atmungssystem der Mädchen und Jungen noch nicht wie jenes von Erwachsenen funktioniert.
Jede der wöchentlichen Yogalektionen plant Isabella Gartmann detailliert, verrät aber lachend: «Manchmal kommt es ganz anders.» Kinder seien eben Kinder: «Sie sind intuitiver als Erwachsene und reagieren spontan auf ihre Gefühle oder Eindrücke und düsen manchmal lieber im Raum herum, als still für sich auf der Matte zu meditieren.» Diesen Freiraum wolle sie ihnen lassen. «Kinder müssen heute schon im Kindergartenalter in einem sehr genormten Alltag klarkommen.»
Mit Druck erreiche man gar nichts, sagt Gartmann. Doch die Lektionen sollen auch lehrreich sein – ein Spagat, der von ihr viel Fingerspitzengefühl verlangt. «Die Kinder vertrauen mir und schenken mir Zuneigung, gleichzeitig muss ich streng sein. Diese Doppelrolle ist nicht immer einfach.»
Yoga positiv erleben
Gartmann ist seit sechs Jahren ausgebildete Yogalehrerin und hat sich vor zwei Jahren zur Yogalehrerin für Kinder weitergebildet. Inspiriert hatte sie ihr heute 5-jähriger Sohn, der schon früh mit ihr Yoga machen wollte. «Ich merke: Wenn die Eltern Yoga kennen, ist das Verständnis grösser.» Bei Eltern, die keinen Bezug dazu haben, werde sie dagegen oft mit Klischees konfrontiert.
«Manche Instruktoren setzen in Yogakursen für Kinder auf Kreativität, wie etwa Mandala ausmalen. Das mache ich nicht. Ich vermittle körperliches Yoga.» Sie selber sei ein «Bewegungsmensch», sagt Gartmann. Bevor sie zum Yoga kam, war sie über zehn Jahre Bodypump-Instruktorin – ein schnelles, kraftaufbauendes Hanteltraining – und nahm an verschiedenen Halbmarathons teil. Weil ihr damaliger Job in der Telekommunikationsbranche sehr hektisch war, begann sie schliesslich mit Yoga. «Ich suchte und fand einen Ausgleich.» Durch Atemtechniken und Meditation komme sie zur Ruhe.
Stress besser aushalten
«Auch als Mutter merke ich, wie es mir hilft, zu wissen: Wenn ich drei, viermal tief durchatme, finde ich Energie», sagt Gartmann. Genau das will sie auch den Kindern mitgeben. «Auch wenn sie heute vielleicht noch nicht voll begreifen, warum es hilft, die Augen kurz zu schliessen – als Erwachsene erinnern sie sich daran und kennen bereits eine Technik, um Stress besser auszuhalten.»
Isabella Gartmann kann sich gut vorstellen, bei entsprechender Nachfrage weitere Kinder-Yoga-Gruppen aufzumachen. Auch für 8- bis 12-Jährige Kinder. «Es braucht zwei bis drei Jahre, bis ein neues Angebot läuft – diese Zeit gebe ich mir und hoffe, dass das Kinder-Yoga weiterhin so guten Anklang findet.»