Kardamon gegen Migräne, Orangen für die gute Laune
Ätherische Öle sind für mich wie Manolo Blahniks für Carrie Bradshaw aus der Kult-Serie «Sex and the City». Sehe ich Fläschchen mit Lavendel, Orange, und Co.in einem Laden aufgereiht, werde ich schwach – auch wenn das Produkt deutlich weniger sexy (und weniger teuer) ist als Marken-High-Heels. Mich beeindrucken die Fläschchen aber ohnehin wegen ihres Inhalts. So tupfe ich Teebaumöl auf Pickel, helle meine Laune mit Orange oder Mandarine auf und bade vor dem Schlafengehen in einer Mischung aus Milch und Lavendelöl.

Ätherische Öle nicht unbedingt sexy, aber mit einer enormen Wirkung. (Bilder: Eva Künzle)
Ich bin mir sicher, dass ich mit meinem Wissen nur an der Oberfläche kratze und treffe mich mit Marcel Kocaman, um mehr über die Heilkraft der Öle zu erfahren. Der Kurde hat vor über 20 Jahren das Pfäffiker Unternehmen Damascena gegründet, das Produkte in Bio-Qualität liefert. Kocaman hat ursprünglich Jura studiert, vor allem um seinen Eltern einen Gefallen zu tun, wie er sagt. Bei einem Besuch in Europa kam er in Kontakt mit ätherischen Düften und beschloss, die Anwaltskarriere an den Haken zu hängen. Als erstes handelte er mit Rosenblättern aus Bulgarien, weitere Sorten kamen hinzu und heute verkauft Kocaman über 200 verschiedene Aromaöl-Fläschchen. Einer seiner grössten Kunden sei der Spital Uster, der die Öle zum Beispiel bei Schwangeren als Unterstützung gegen die Schmerzen während der Geburt einsetze.

Schon als Kind war Marcel Kocaman von den Heilkräften der Pflanzen begeistert.
Ungefähr vier Monate im Jahr ist Kocaman unterwegs, um an seine Inhaltsstoffe zu kommen. Denn nur wenige Pflanzen für ätherische Öle stammen aus der Schweiz. Lavendel besorgt Kocaman in Frankreich, Zitrusöle in Italien, Rosen in Bulgarien. Bei seinen Reisen hat der Kurde stets eine Hausapotheke aus ätherischen Ölen dabei – westliche Medikamente benötige er äusserst selten. Pfefferminz sei ein Öl, das er immer dabei habe, und das er gerade während seiner letzten Indien-Reise benutzen musste: «Ich hatte eine ziemlich üble Magenverstimmung. Da habe ich täglich einen Tropfen Pfefferminzöl mit Honig zu mir genommen. Wenige Tage später war es deutlich besser.»
Kocaman hat noch mehr Tipps auf Lager:
- Bei Erkältungen: Damascena hat zurzeit ein Erkältungsbalsam aus Weihrauch, Zirbelkiefer und Eukalyptus im Angebot, der auf den Brustbereich sowie Schläfen, Stirn und Nacken aufgetragen wird. Weihrauch sei stark entzündungshemmend: «Als im zweiten Weltkrieg die Medikamente ausgingen, nahmen die Ärzte puren Weihrauch aus Indien und drückten ihn in die Wunde», so Kocaman. Bei verstopfter Nase könne man einen Topf mit Wasser aufkochen und einige Tropfen Thymian, Oregano und Pfefferminze hinzufügen. Die neuseeländische Blüte Manuka unterstützte ebenfalls bei aufkommenden Erkältungskrankheiten.
- Bei Entzündungen/Infektionen: Bei trockener, kalter Luft leiden einige des Öfteren unter Herpes. Die Heilung werde gefördert, wenn man einige Tropfen Teebaumöl oder Manuka auf die Stellen streicht, etwa mit einem Wattestäbchen.
- Bei Schmerzen: Das Öl Nummer 1 bei Migräneanfällen sei Kardamon, sagt Kocaman. Man soll einen Tropfen zwischen den Hautflächen verreiben, daran riechen und den Rest dann hinter den Ohren verstreichen. Auch Pfefferminz- und Thymianöl würden gegen Kopfschmerzen helfen. Weisstanne, eines der wenigen Schweizer Ölen, sei extrem wirkungsvoll bei Rückenschmerzen. «Ein französischer Arzt, den ich in der Ausbildung zum Aromatherapeuten kennen gelernt habe, hat das Öl den Patienten direkt auf den Rücken getropft und dann einen Föhn genommen, damit der Wirkstoff mit der Wärme schneller aufgenommen wird. Die Wirkung tritt unmittelbar ein, das habe ich bei einem Experiment selber gespürt.»
- Bei Ängsten/Sorgen/Unruhe: Lavendel ist wohl das bekannteste beruhigende Öl bei Unruhe (bei Verbrennungen helfe es auch, man könne es direkt auf die Wunde auftragen, so Kocaman). Sandelholz gebe einen guten Boden und Orange nehme Ängste.
- Bei schlechter Laune: Zitrusfrüchte wie Zitrone, Lemongrass oder auch Mandarine sollen stimmungsaufhellend und aktivierend wirken. Bei langen Autofahrten könnten wenige Tropfen Bergamotte helfen, die Konzentration zu fördern.
Trotz meines Vorsatzes, nichts zu kaufen, konnte ich der Versuchung nicht widerstehen, einige der Öle zu erwerben. Der Weihrauch-Honig Brustbalsam kommt ebenfalls mit in den Einkaufskorb. Im Auto trage ich ihn auf meine erkältungseplagte Nase auf und fühle mich sogleich besser.

Die Öle können entweder verdünnt auf die Haut,auf einen Stein oder eine Duftlampe aufgetragen, oder verdünnt mit Honig, Zucker oder Tee eingenommen sowie in der Luft verdampft werden.