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Das Halbtax gegen die Einsamkeit

Inhaber einer Kulturlegi bezahlen für Schwimmbäder, Kulturevents und Sportveranstaltungen vielerorts nur die Hälfte. Auch in der Region machen immer mehr Gemeinden beim Projekt der Caritas mit - das Angebot unterscheidet sich jedoch stark.

Kulturlegi-Besitzer baden günstiger: Das Strandbad Auslikon ist eine von schweizweit fast 2300 «Angebotspartnern» des Caritas-Projekts. (Symbolbild: Seraina Boner)

Das Halbtax gegen die Einsamkeit

Ein Stehplatzticket für ein Heimspiel des FC Zürich: 10 statt 20 Franken. Ein Kino-Ticket im Qtopia Uster: 7.50 statt 15 Franken. Ein Jahresabo des ZO/AvU: 293.30 statt 419 Franken. Die Inhaber einer Kulturlegi profitieren von satten Rabatten in zahlreichen Bereichen. Allerdings kann sie nur beantragen, wer nachweisen kann, dass er über wenig Geld verfügt.

Vor allem für Sozialhilfebezüger

Die «Kulturlegi» ist ein Projekt des Hilfswerks Caritas. «Durch sie sollen Menschen, die nicht viel Geld haben, trotzdem am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können», sagt Andreas Bruggmann von Caritas Zürich. Das Angebot richtet sich in erster Linie an Bezüger von Sozialhilfe oder AHV-Ergänzungsleistungen. Beantragen sie eine Karte, erhalten sie in allen Einrichtungen einen Rabatt, die am Projekt «Kulturlegi» teilnehmen.

Nicht gültig in Pfäffiker Badi

Entstanden ist das Projekt vor zehn Jahren in der Stadt Zürich. Mittlerweile nehmen im Kanton 29 Gemeinden daran teil. Sie unterstützen die «Kulturlegi» mit einem jährlichen Beitrag von einigen tausend Franken, der sich anhand der Einwohnerzahl und der Sozialhilfequote errechnet. Vor allem aber bieten sie in ihren Einrichtungen Rabatte für Karteninhaber an. Mittlerweile gibt es schweizweit fast 2300 «Angebotspartner», wie die Caritas sie nennt. Dies sind vor allem Schwimmbäder, Bibliotheken, Kultur- und Bildungseinrichtungen.

In fünf Gemeinden der Region

In der Region gibt es Kultur­legi-Angebote in Uster, Dübendorf, Wetzikon, Hinwil, Pfäffikon und Illnau-Effretikon, und es werden immer mehr. Wenn in Uster das neue Hallenbad eröffnet, bezahlen Kulturlegi-Besitzer nur noch den halben Preis. Und auch für die neuen Schulsportkurse, die die Primarschule ab Herbst anbietet, gibt es Ermässigungen. «Es existiert aber kein Grundsatz, dass alle öffentlichen Einrichtungen beim Projekt ‹Kulturlegi› mitmachen müssen», sagt Christian Zwinggi, der Leiter Präsidiales der Stadt Uster. Der Entscheid werde von Fall zu Fall gefällt. Meist, wenn eine neue Einrichtung eröffnet werde oder eine Anpassung der Gebühren erfolge.

Badi Pfäffikon nicht ermässigt

So handhaben es auch die anderen Gemeinden in der Region. Pfäffikon etwa gewährt in der Gemeindebibliothek Rabatte, im Seeschwimmbad aber nicht. «Dort gibt es grundsätzlich keine Ermässigungen, auch nicht für Senioren oder Studenten», sagt Valentina Peter vom Pfäffiker Sozialamt. So fallen denn auch die Zahl und die Art der Angebote von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich aus (siehe Abbildung). In Uster sind sie gross, in Dübendorf vergleichsweise klein.

Alles von allen nutzbar

Auffallend ist weiter, dass kleinere Gemeinden kaum am Projekt teilnehmen. Es gibt aber Ausnahmen, etwa Zell oder Hagenbuch bei Winterthur. Das Baumer Hallenbad aber zum Beispiel bietet für Kulturlegi-Besitzer keine Rabatte an. «Die Öffnungszeiten für die Öffentlichkeit sind ohnehin begrenzt und die Eintrittspreise generell tief», sagt Gemeindeschreiber Andreas Strahm. Seine Gemeinde habe sich bisher schlicht noch nicht mit dem Projekt befasst. «Wir machen aber unsere Sozialhilfebezüger darauf aufmerksam, dass sie eine Kultur­legi beantragen können.» Denn eine Karte besitzen kann jemand unabhängig davon, ob seine Gemeinde eine sogenannte Partnergemeinde ist oder nicht. Und alle Kulturlegi-Inhaber können alle Angebote überall nutzen.

Verkraftbare Ausfälle

Immer mehr bieten auch private Einrichtungen und Vereine Vergünstigungen an. Zum Beispiel Kampfsportschulen, Fitnessclubs, Pfadi- und Cevi-Abteilungen, aber auch Therapiestudios oder Sprachschulen. «Sie werden von uns akquiriert oder melden sich freiwillig», sagt Caritas-Sprecher Bruggmann. Durch die Vergünstigungen könnten die Anbieter zusätzliche Kunden ­generieren, hebt er hervor.

Ausfälle sind «Peanuts»

Die Zahl der Kulturlegi-Nutzer ist allerdings nicht so hoch, als dass sie viel neue Kundschaft bringen würde. Zugleich verursachen die Kulturlegi-Rabatte aber auch keine Löcher in den Kassen. Von «Peanuts» spricht Wetzikons Stadtschreiber Marcel Peter, wenn er gefragt wird, wie viele Einnahmen der Badi Meierwiesen durch die Vergünstigungen entgehen. Und Christian Zwinggi, der Zuständige in Uster, sagt: «Wir können den Kulturveranstaltern ruhigen Gewissens sagen, dass sie die Kulturlegi-Rabatte nicht stark spüren werden.»

Mehr Sport als Kultur

Insgesamt sind im Kanton Zürich 17 000 Personen im Besitz der Karte, die sie jährlich neu beantragen müssen. Der Grossteil davon lebt in Zürich und Winterthur. In Pfäffikon sind es rund 70 Personen, in Wetzikon und Dübendorf 130, in Uster 200 und in Illnau-Effretikon über 300. Insgesamt wurde die Kulturlegi im Kanton Zürich letztes Jahr 250 000 Mal benutzt. Dabei profitierten die Nutzer von Ermässigungen in Höhe von 3,2 Millionen Franken.

«Ich habe das Gefühl, die Sportangebote sind beliebter als die Kulturveranstaltungen», sagt Zwinggi für Uster. Gemäss Valentina Peter vom Sozialamt Pfäffikon nutzen vor allem jüngere Leute die Kulturlegi. Die Gemeinde macht deshalb Bezüger von AHV-Ergänzungsleistungen gar nicht aktiv auf das Angebot aufmerksam, wie sie sagt. Generell stellt Marcel Peter, der Wetziker Stadtschreiber, aber fest: «Die Karten werden häufig erneuert. Das zeigt, dass die Leute sie verwenden.»

Nur ein Fünftel bezieht

Gemäss Andreas Bruggmann von Caritas Zürich steigt die Zahl der Kulturlegi-Inhaber seit Jahren langsam, aber stetig. Vor allem in ländlichen Regionen gelte es, das Angebot bekannter zu machen. Dass nur rund ein Fünftel aller Bezugsberechtigten eine Karte beantragt, ist für Bruggmann kein Problem. «Wichtiger ist, dass die Kulturlegi ihre Wirkung entfaltet. Dass die Leute, die sich am gesellschaftlichen Leben beteiligen wollen, das auch tun können, wenn ihnen wenig Geld zur Verfügung steht.»

 

Folgende Einrichtungen in der Region bieten Vergünstigungen für die Besitzer der Kulturlegi an:

Dübendorf:

  • Basefit
  • Dübendorfer Kammerorchester
  • Katholischer Frauenverein
  • Obere Mühle
  • Ohlala: Sexy, crazy, artistic
  • Musikschule Dübendorf
  • Stadtbibliothek

Illnau-Effretikon:

  • Bibliothek Illnau
  • Bibliothek Effretikon
  • Dance Gallery
  • Eagles Jungscharen
  • Ludothek
  • Sportzentrum Eselriet
  • Städtisches Kulturforum
  • Theaterplatz Effretikon

Pfäffikon:

  • Gemeindebibliothek
  • Heller Massage
  • JoYoga
  • Kultur im Rex
  • Kulturspass Pfäffikon
  • Silvia Vogt, Naturheilmedizin

Uster:

  • Bewachte Velostation
  • Gastrobetrieb al Gusto
  • Anzeiger von Uster
  • Dorfbad
  • Strandbad
  • Fitnessplus
  • Freie Bühne
  • Jugendzentrum Frjz
  • Funkydance Danceschool
  • gRaum
  • Jungwacht Blauring
  • Kino Qtopia
  • Kulturgemeinschaft Uster
  • Now! Training und Therapie
  • Sport und Fun Camp
  • Stadt- und Regionalbibliothek
  • Villa Grunholzer
  • Wingtsun Selbstverteidigung

Wetzikon:

  • Atmen und Bewegen
  • Camera.lit.obscura
  • Coiffeur Buri Jaha
  • Dance-School Lordz
  • Fitnessplus
  • Jazz-Club Zürich-Oberland
  • Klubschule Migros
  • Kultino
  • Kunsteisbahn
  • Musikforum
  • Orthopädie Roger Weber
  • Regionalbibliothek Kirchgasse
  • Scala
  • Openair Schlauer Bauer
  • Schwimmbad Meierwiesen
  • Strandbad Auslikon
  • Zürcher Oberländer

 

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Ihr Michael Kaspar, Chefredaktor

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