Usters Tanzschule bangt um ihre Existenz
«Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu belassen und zu hoffen, dass sich etwas ändert»: Der Spruch von Albert Einstein, den das Tänzerpaar Navanita und Khadro Sgambato in seinem Tanzsaal gehängt haben, passt zur Situation der beiden. Seit vier Jahren kämpfen die Betreiber der Ustermer Tanzschule Funkydance Tanz und Fitness mit finanziellen Schwierigkeiten. «Wir waren kurz davor, Konkurs anzumelden», sagt Navanita Sgambato. Diesen Sommer nun beschlossen die beiden, dem «Wahnsinn» ein Ende zu setzen und ihren Betrieb zu verändern.
«Wir gehören nach Uster»
Das Paar besprach die Situation mit seinem Team. Die Mitarbeiter waren es, die die beiden überzeugten, weiter zu kämpfen, sagt die Tanzpädagogin: «Die Kinder eines Ehepaars, das bei uns arbeitet, tanzen seit dem Kindergarten bei uns. Sie sind bei Weitem nicht die einzigen. Wir gehören nach Uster.» Sie hätten neuen Mut gefasst und angefangen, nach Lösungen zu suchen. «Schnell war klar, dass wir uns stärker fokussieren sollten und unsere drei Standorte deshalb auf einen reduzieren werden.»
Als erstes gaben sie den Saal in Effretikon ab, der erst vor drei Jahren hinzugekommen war. Den Standort in Effretikon hatte das Paar gerade wegen den finanziellen Schwierigkeiten dazugemietet. «Die Miete war sehr tief, bereits mit 30 bis 40 Tanzschülern waren die Kosten gedeckt und so dachten wir, dass es unser defizitäres Geschäft in Uster quer finanzieren könnte», so Navanita Sgambato.
Als nächstes ging es darum, einen der zwei Standorte in Uster aufzugeben. Die Liegenschaftsvermieterin SBB nahm den beiden die Entscheidung ab und beschloss, dass sie für das Gebäude an der vorderen Bahnhofseite, an der Bankstrasse, leichter einen Nachmieter findet. Wer der neue Mieter wird, steht noch nicht fest.
Nur noch ein Standort
Die verkleinerte Tanzschule wird seit Anfang August nur noch an der Industriestrasse hinter dem Bahnhof geführt. «Somit haben wir zwar nicht plötzlich mehr Geld, aber tiefere Fixkosten. Zudem ist der Tanzsaal an der Industriestrasse deutlich grösser als an der Bankstrasse, bis zu 30 Schüler können an einer Stunde teilnehmen», sagt Navanita Sgambato. Für die Tanzschüler sollte sich so wenig wie möglich ändern. Sie hätten versucht, den Kursstundenplan möglichst beizubehalten. Neu hinzugekommen ist ein Kinderhüte-Dienst während den Morgenlektionen.
Boom ging plötzlich zurück
Dass die grösste Ustermer Tanzschule überhaupt in Schwierigkeiten ist, mag manche erstaunen. Denn lange Zeit schien das Vorhaben von Erfolg gekrönt. Vor vier Jahren expandierte die Schule: Zuerst mit dem zweiten Raum an der Industriestrasse und ein Jahr später dann mit dem Standort in Effretikon. Zeitgleich kreierten die Sgambatos ein neues Tanzfitnessprogramm namens Fit und Funky. Dieses wollten die beiden weltweit vermarkten – ähnlich wie das Erfolgsprogramm Zumba.
Was also lief schief? «Als wir 2012 den zweiten Raum dazu mieteten, hatten wir 500 Schüler und vieles deutete daraufhin, dass die Zahlen weiter steigen», so Navanita Sgambato. Sie hatte einst mit 30 Schülern angefangen. Innerhalb eines Jahres waren es dann bereits 100 und das Wachstum schien ungebremst weiter zu gehen. Bis vor vier Jahren – just dem Zeitpunkt, als das Tanzpaar mit dem zweiten Raum ein grosses Risiko einging.
Der Rückgang habe mit verschiedenen Dingen zu tun, sagt Khadro Sgambato: «Der Zumba-Boom flachte etwas ab. Zudem gab es mit dem Tanzwerk in Zürich und dem neuen Activ Fitness-Studio in Uster plötzlich mehr Billiganbieter auf dem Markt, mit denen wir preislich nicht mithalten konnten.» Einige Schüler hätten sie auch an Youtube verloren, diese trainierten neu zu Hause vor dem Computer.
Weltweit bekannt
Es ging aber nicht nur bergab bei den Sgambatos. Ihr Tanzfitnessprogramm Fit und Funky sei mittlerweile bereits in Deutschland, Österreich, Polen, Frankreich Italien und Brasilien bekannt – und Tanzlehrer aus Spanien und Holland hätten sie ebenfalls eingeladen, das Programm an ihren Tanzschulen zu unterrichten. Nur dank den Einnahmen von Fit und Funky sowie der Ausbildung von Jazz- und Hip Hop-Lehrer seien sie finanziell in den letzten Jahren über die Runden gekommen. So wie es aussehe, werde dieser Bereich weiter wachsen. «Wenn wir unsere Tanzschule damit nicht mehr quer finanzieren müssen, werden wir mit dem Programm ein eigenes Unternehmen gründen», sagt Navanita Sgambato.
Das Paar steht nicht nur auf schöne Sprüche, sondern versucht diese auch zu leben: «Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern, die anderen Windmühlen», steht im Brief an die Kunden der Tanzschule, indem sie über die Neuerungen informiert werden.
Am Sonntag, 18. September lädt die Funkydance Tanzschule in Uster zum Tag der offenen Tür an der Industriestrasse 5 ein. Mehr Informationen auf www.funkydance.ch