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Der Grill als Küchen-Ersatz

An einem Grillseminar in Uster sollen die Teilnehmer «vielfältig grillieren» lernen. Neben Pasta und Dessert auf dem Grill, gibt es auch eine ordentliche Portion Werbung. Darüber aufregen mag sich allerdings niemand.

Unter Anleitung von Djuro Savanovic (vorne) lernen die Teilnehmer des Grillseminars einen Braten zu grillieren. (Fabio Meier)

Der Grill als Küchen-Ersatz

Wer von euch massiert täglich seine Frau?», fragt Grillmeister Djuro Savanovic in die Runde. Die Anwesenden tauschen verdutzt Blicke aus. Niemand meldet sich. «Wer einmal pro Woche?» Nach einer Weile hebt ein Anwesender schüchtern seine Hand, andere grinsen. «Sehr gut, dann knetest du den Teig für den Streuselkuchen», sagt Savanovic.

Ein Streuselkuchen? An einem Grillseminar? «Ja, wir wollen den Leuten zeigen, wie man vielfältig grillieren kann», sagt Adrian von Meiss, Geschäftsführer der carry n cash AG. Zu dieser gehört das Geschäft grilljack.ch, das vor allem im online Grill-Handel tätig ist und neu auch mit Grillkursen auf sich aufmerksam machen will.

143 Franken haben die 20 Besucher für die Teilnahme am Grillseminar bezahlt. Das Geschäft griljack.ch existiert erst seit gut einem Jahr, der Kurs geht an diesem Abend zum ersten Mal über die Bühne. Es sei aber das Ziel, den Anlass zu institutionalisieren und fortan jeden Sommer drei bis viermal abzuhalten, sagt von Meiss. «Vielleicht auch mal an einem anderen Ort, das hier ist ja wirklich kein typischer Grillplatz.» Tatsächlich findet das Grillseminar im Hof des Ausbildungszentrums Zürcher Oberland (AZO) in Uster statt – mitten in der Gewerbezone.

Schleichwerbung mit Augenzwinkern

Grilliert wird zweimal mit Holzkohle, zweimal mit Gas. Die Geräte und das Zubehör stammen allesamt von der Marke Weber – eine Tatsache, die Grillmeister Savanovic (auch er ein Weber-Angestellter) bei jeder Gelegenheit betont.

Über die nicht unbedingt diskret vorgetragene Schleichwerbung regt sich allerdings niemand auf. Zu schlitzohrig und selbstironisch webt Savanovic die Produktplatzierung jeweils in seine Beiträge über das Grillieren ein.

Auch Organisator von Meiss ist ein guter Verkäufer. Das lässt sich unter anderem aus der Tatsache ableiten, dass er ein guter Gastgeber ist, der die Seminar-Teilnehmer bei Laune zu halten weiss. Immer wieder versorgt er die Anwesenden mit Bier, während sie gebannt den Referaten von Savanovic lauschen.

Nach einem Crash-Kurs über das Anzünden von Gas- und Holzkohlegrill schreiten die Seminar-Teilnehmer selbst zur Tat. Sie bereiten die Vorspeise zu (Toasts mit Camenbert und geräuchertem Lachs), rüsten das Gemüse für den «Primo» (Penne mit Tomaten, Peperoni, Zwiebeln und Oliven), marinieren die Hauptspeisen (Schweinehalsbraten und ganze Poulets) und kneten den Teig für den Streuselkuchen. Selbstverständlich landet anschliessend nicht nur das Fleisch auf dem Grill sondern auch Vorspeise, Pasta und Dessert.

Sicherungskästen an den Wänden, Wein auf dem Tisch

Die vorgekochte Pasta brutzelt auf dem Grill in einer Pfanne vor sich hin. Eine Teilnehmerin bemerkt nicht zu Unrecht, dass sie die Teigwaren genauso gut auf dem Herd in der Küche zubereiten könnte. «Das stimmt. Aber wenn du draussen einen Grill hast, muss du überhaupt nichts zubereiten – das will dann nämlich dein Mann übernehmen», entgegnet Savanovic. Keine weiteren Fragen.

Die Pasta verspeisen die Kursbesucher im Eingangsbereich des AZO-Gebäudes. An den Wänden sind mehrere Sicherungskästen befestigt, das Licht ist grell. Die Tische aber sind weiss gedeckt, es wird Wein serviert. Die Teilnehmer Fredy und Regula Lienhard ziehen ein zufriedenes Zwischenfazit: «Die Atmosphäre hier ist locker und entspannt, man kommt schnell mit anderen Leuten in Kontakt», sagt er. Auf den Kurs aufmerksam wurden die Lienhards, als sie im Internet auf der Suche nach einem neuen Grill auf das Geschäft grilljack.ch stiessen und dort einen Grill kauften.

Zwischen den Gängen gibt’s Grillzubehör

Nachdem der erste Hunger gestillt ist werden die Teilnehmer wieder nach draussen gebeten. Unter Mithilfe Savanovics legt einer von ihnen drei Steaks auf den Grill. Auch dazu gibt es wieder reichlich Hintergrundinfos –zum Beispiel über die Grilldauer von Spare Ribs. «Diese beträgt mindestens 1,5 bis 2 Stunden. Kürzer Grillierte serviert man höchstens ungebetenen Gästen», sagt Savanovic.

Als sich die Fertigstellung der Hauptspeisen etwas hinzieht, besuchen einige der Teilnehmer auf Anregung der Organisatoren den grilljack.ch-Shop im 5. Stock des Gebäudes. Nicht wenige kehren mit Grill-Zubehör unter dem Arm zurück. «Wir wollten ein zusätzliches Teil für unseren Grill kaufen. Dann stellten wir fest, dass dieses alleine nicht zu unserem Grill passt und mussten noch etwas dazu kaufen», sagt Fredy Lienhard.

Wieder vor den Grills versammelt, öffnet Savanovic die Deckel und präsentiert den Anwesenden den Braten und die Poulets – gerade zum richtigen Zeitpunkt, als der Braten goldbraun und die Poulets knusprig sind. Der Grillmeister delegiert einige Teilnehmer ans Buffet ab, wo diese die Speisen in Stücke schneiden und die – natürlich ebenfalls auf dem Grill zubereiteten – Beilagen schöpfen. Danach geht es wieder an die gedeckten Tische in der Gewerbehalle, wo unter deutlich vernehmbaren Begeisterungslauten das Essen eingenommen wird. Nachdem mit dem grillierten Dessert auch noch die Lust nach Süssem gestillt wurde, ist der gemeine Seminarteilnehmer wunschlos glücklich. Das einzige was er jetzt allenfalls noch vertragen könnte, ist ein neuer Grill.

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