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Politik

18 Abstimmungen, und eine bremst die Zentrumsplanung in Pfäffikon aus

Teilrevision Ja, Umzonung Nein: Das Volk schickte die Pläne für das Areal Tumbelen Nord zurück an den Gemeinderat.

Das Gebiet Tumbelen Nord – ein Areal mit Potenzial. Bis dieses ausgeschöpft werden kann, wird es noch eine Weile dauern.

Foto: Simon Grässle

18 Abstimmungen, und eine bremst die Zentrumsplanung in Pfäffikon aus

Misstrauen gegenüber Gemeinderat

Vier Stunden verharrten die rund 400 Stimmberechtigten am Montagabend im Chesselhuus. Die Pfäffiker Gemeindeversammlung zur Teilrevision der BZO sorgte für zahlreiche Diskussionen.

Wie geht es mit dem Zentrum in Pfäffikon weiter? Wird es auf dem Areal Tumbelen Nord der Firma Huber+Suhner in Zukunft günstige Wohnungen geben? Neue Gewerbeflächen? Viele Fragen, eine kurze Antwort: Nein. Denn an der Gemeindeversammlung vom Montag beerdigte das Volk die Pläne des Gemeinderats vorerst. Es schickte die geplante Umzonung des Gebiets in eine Zentrumszone mit Gestaltungsplanpflicht zurück an die Regierung.

Was wurde entschieden?

Die Teilrevision der Bau- und Zonenordnung (BZO) war das einzige Geschäft an diesem Abend und lockte rund 400 Personen ins Chesselhuus. Die Teilrevision wurde nach unzähligen Diskussionen und Änderungsanträgen mit wenigen Gegenstimmen genehmigt. Entscheidend ist aber, was in dieser nicht mehr steht.

So wurden alle Artikel, die sich mit dem Gebiet Tumbelen Nord beschäftigen, aus dem Planungsdokument entfernt. Die anwesenden Stimmbürgerinnen und Stimmbürger folgten damit einem Antrag der SVP mit 186 Ja- zu 167 Nein-Stimmen.

«Es sind nach wie vor zu viele Fragen offen», hatte SVP-Vertreter Stefan Krebs betont und einen Mitwirkungsprozess gefordert. Auch dass die Verantwortlichen der Huber+Suhner sich aufgrund der geplanten Quote von 10 Prozent günstiger Wohnungen negativ über die Pläne des Gemeinderats geäussert hatten, sei ein schlechtes Zeichen. Die SVP wollte einen «Basar» an diesem Abend um die Einzelheiten vermeiden und die Umzonung zuerst in einem öffentlichen Mitwirkungsprozess behandeln.

Ebenfalls entfernt wurden diverse Absätze zur sogenannten Grünflächenziffer. Sie hätte definieren sollen, welcher minimale Anteil eines Grundstücks als Grünfläche ausgeführt sein muss.  

Nach der Abstimmung über den Rückweisungsantrag der SVP zum Gebiet Tumbelen Nord ging der Regen der Anträge erst richtig los. Den Zweihänder packte der ehemalige Gemeindepräsident Hans Heinrich Raths (SVP) aus. Als Vorstandsmitglied des Hauseigentümerverbandes liess er eine wahre Lawine an Änderungsanträgen über den Gemeinderat einbrechen, darunter die komplette Streichung der neu geplanten Grünflächenziffer. «Denn mit dem neuen Paragraphen 238a des kantonalen Planungs- und Baugesetz sind bereits sehr einschränkende Regelungen vorhanden.»

Dieser Paragraph beinhaltet unter anderem, dass «Gebäudeumschwung in angemessenem Umfang als ökologisch wertvolle Grünfläche zu erhalten oder herzurichten» sei. Eine zusätzliche Grünflächenziffer würde einerseits eine Überregulierung darstellen und andererseits die angestrebte Verdichtung verhindern.

Änderungsanträge der Grünen (darunter Verbot von Schotter- und Steingärten sowie Neophyten), der FDP (darunter Reduktion der geplanten Grünflächenziffer und Streichung des Verbotes von Verkaufsflächen über 500 Quadratmetern), der GLP (darunter die Anpassung der Begrünung auf Dächern mit Solaranlagen) sowie von Privatpersonen (darunter welche Bäume als Ersatzpflanzung erlaubt sind) liessen die Liste der anstehenden Abstimmungen immer länger werden.

Während einer kurzen Pause um 23 Uhr bemühte sich der Gemeinderat darum, die fast 20 Änderungsanträge so auszuformulieren, damit im Anschluss der Abstimmungsmarathon starten konnte.

Die Anträge von Hans-Heinrich Raths, darunter die Streichung der Grünflächenziffer sowohl in den Zentrums-, Wohn- als auch Industrie- und Gewerbezonen wurden dabei klar angenommen. Auch der Antrag von Peter Hüssy zu einer Streichung in der Regelung zum Baumbestand hatte die Versammlung überzeugt. Die restlichen Anträge aus der Versammlung hatten hingegen keine Chance und wurden versenkt. Kurz vor Mitternacht wurde die Teilrevision der BZO mit den entsprechenden Änderungen genehmigt. (lcm)

Was bedeutet der Entscheid für das Zentrum?

Das Gebiet Tumbelen Nord wird also weiterhin eine Industrie- und Gewerbezone bleiben. Wie Bauvorstand Lukas Steudler (FDP) einen Tag nach der Versammlung erklärt, muss mit Huber+Suhner das Gespräch über das mögliche weitere Vorgehen gesucht werden. Zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form dies geschehen wird, sei derzeit noch offen.

Die gleiche Vorlage noch einmal vor die Versammlung zu bringen, sei keine Option. «Wie eine neue Vorlage aussieht beziehungsweise was sie alles umfasst und wie die Bevölkerung mit einbezogen werden kann, muss nun definiert werden. Ich hoffe, Huber+Suhner ist bereit, noch einmal mitzumachen», sagt Steudler. «So ein Prozess kann aber gut zwei Jahre dauern.»

Blick auf das Tumbelen Gebiet.
Links der Tumbelenstrasse das Wohn- und Gewerbegebiet Tumbelen Süd, rechts das Gebiet Tumbelen Nord.

Auf Anfrage teilt die Medienstelle von Huber+Suhner mit, dass man den Entscheid zur Kenntnis nehme und bedauere, dass sich dadurch die weiteren Schritte verzögern. Man werde nun dem politischen Prozess den mehrfach gewünschten Raum geben und sich konstruktiv einbringen.

«Gleichzeitig wünschen wir, dass dieser zielgerichtet und zügig abläuft, und geben zu bedenken, dass sich jede zusätzliche Auflage – wie beispielsweise die Verringerung der Baumassenziffer – negativ auf die wirtschaftliche Attraktivität für uns als Besitzer wie auch für die Gemeinde in Form einer reduzierten Mehrwertabgabe und tieferer Grundstücksgewinnsteuern niederschlägt.»

Welche Schlüsse zieht der Gemeinderat?

Bei Lukas Steudler bleibt derweil die Sorge über das Misstrauen, das dem Gemeinderat entgegengebracht wird, zurück – obwohl alle Mitglieder der Exekutive vor zwei Jahren in ihrem Amt bestätigt worden waren und das Gremium ein breites politisches Spektrum abdeckt. «Diese Stimmung dient der konstruktiven Demokratie und der Entwicklung von Pfäffikon nicht.»

Abgesehen von Schulprojekten scheinen es grössere Bauvorhaben in Pfäffikon tatsächlich schwierig zu haben. Die Umzonung des Areals Tumbelen Nord ist nach der Neugestaltung des Bushofs eine weitere grosse Vorlage des Gemeinderats, die von der Bevölkerung zurück an den Absender geschickt wurde.

«Wir planen die Vorlagen sauber und professionell», betont Lukas Steudler. Wenn sich die Stimmbürger zu fest in Details verrennen, bleibe aber oft der Blick auf das grosse Ganze auf der Strecke. Dies habe man auch bei der Diskussion um die Grünflächenziffer gesehen. «Dazu kommt, dass die Gemeindeversammlung am Montag die Bevölkerung schlecht repräsentierte und fast nur noch aus älteren Herren bestand.»

Es sei kein Geheimnis, dass sich Pfäffikon seiner Meinung nach mit der Frage eines Parlaments befassen sollte: «Ein Abend wie heute zeigt, dass unser Milizsystem mit der Gemeindeversammlung an seine Grenzen kommt.»

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