Politik

Böhse Onkelz: Veranstalter wehrt sich gegen Nazi-Vorurteil

Das Rock the Ring wird erstmals viertägig. Und als erster Headliner tritt die Band Böhse Onkelz auf. Sie wird immer wieder mit der Neonazi-Szene in Verbindung gebracht, obwohl sie sich davon distanziert.

Die Böhsen Onkelz kommen ans Rock the Ring in Hinwil. (Bild: zvg)

Böhse Onkelz: Veranstalter wehrt sich gegen Nazi-Vorurteil

Die Böhsen Onkelz als Headliner am Mittwochabend des Rock the Rings in Hinwil? Das sorgt auf zwei Ebenen für Überraschung. Zum einen, weil das Festival im Betzholzkreisel damit erstmals viertägig wird. Zum anderen, weil die Onkelz immer wieder im Zusammenhang mit Rechtsextremismus genannt werden. Zu Unrecht, wie Fans und Veranstalter betonen.

 

Böhse Onkelz: «Deutschland im Herbst». (Quelle: Youtube)

«Türken raus» – ein früher Song der Böhsen Onkels macht schon im Titel auf die damalige Gesinnung der Rockmusiker aufmerksam. In einem anderen Songtext aus den frühen 1980er-Jahren brüllt Leadsänger Kevin Russell: «Skinheads im Zusammenhalt gegen euch und eure Kanakenwelt».
Das Debütalbum von 1984 veranlasst die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften in Deutschland gar, diverse Songs zu indizieren. So wird «Mädchen» etwa als sexistisch eingestuft und «Frankreich ’84» sowie «Böhse Onkelz» als Verherrlichung von nationalsozialistischem Gedankengut.

Weg vom Rechtsrock

Doch noch im selben Jahrzehnt dreht der Wind. Die Band wendet sich von ihren Wurzeln im Rechtsrock ab und singt etwa im Song «Deutschland im Herbst»: «Ich sehe blinden Hass, blinde Wut, Feige Morde, Kinderblut, Ich sehe braune Scheisse töten». Eine klare Distanzierung von der Neo-Nazi-Szene. Kommt dazu, dass sie an diversen Festivals gegen rechte Gewalt auftritt und sogar Opfer von rechter Gewalt mit Spenden unterstützt. Die Bandmitglieder erklären, sie hätten sich in pubertären Zeiten einem «primitiven Gedankengut» hingegeben. Mit Nationalsozialismus habe man aber nichts zu tun.

Dennoch ist die Band heute noch beliebt in der Neo-Nazi-Szene. Ihre Konzerte ziehen Skinheads und Teile der rechtsextremen Szene an. Allerdings nicht nur – Onkelz-Fans gibt’s durch alle politischen Gesinnungen.

«Nazis gibts auch bei AC/DC-Konzerten»

Auch Rock-the-Ring-Organisator Päde Hofstetter sagt: «Ich war an den letzten Konzerten in Zürich. Da mag es vereinzelt rechtsradikale Besucher gegeben haben. Aber die gibt’s auch bei AC/DC oder anderen Rock-Konzerten. Dort vermutlich noch mehr als bei den Onkelz.»

«Wir können rechtsradikale Besucher nicht wegschicken, so lange sie sich anständig benehmen.»

Päde Hofstetter, Veranstalter

Die deutsche Band habe längst keinen rechtsradikalen Hintergrund mehr. «Im Gegenteil. Sie distanziert sich ja aktiv und setzt sich gegen rechte Gewalt ein. Letztlich ist das einfach eine geile Hardrock-Band», sagt Hofstetter. Dass sie im Juni den einen oder anderen Neonazi ans Rock the Ring ziehen könnte, sei möglich. «Aber das kann auch an den anderen Abenden geschehen. Verhindern lässt es sich nicht – und wir können rechtsradikale Besucher auch nicht wegschicken, so lange sie sich anständig benehmen.» Sicherheitstechnisch sei mal bereit und alert.

Konzert ist ein «Glücksfall»

Dass die Onkelz nach Hinwil kommen, ist für Hofstetter ein Glücksfall. «Ich sah, dass die Band am Freitag und Samstag zweimal in Leipzig vor 100’000 Leuten spielt und fragte an, ob sie als eine Art Warm-Up am Vorabend in Hinwil spielen wolle.» Für die Band sei das zu kurz vor den grossen Gigs in Leipzig gewesen. «Aber sie bot uns an, am Mittwoch in Hinwil aufzutreten.»

Das hatte Folgen. Grunde hat das Rock the Ring eine Bewilligung für vier Abende, nur habe man das bislang noch nie ausgenutzt, so Hofstetter. «Eigentlich reicht die Bewilligung von Donnerstag bis Sonntag.» Er habe bei der Gemeinde deshalb nachgefragt, ob er die Bewilligung für Mittwoch bis Samstag verschieben könne. «Das war kein Problem.»

Doch noch ein harter Abend

In anderen Worten kommt der vierte Abend zustande, weil die Band dafür bereitsteht. «Wir wollten ohnehin einen harten Abend machen, ein bisschen wie letztes Jahr mit Deep Purple.» Nur habe man schlicht keinen geeigneten Headliner gefunden, der dann verfügbar gewesen wäre. «Dank den Onkelz können wir nun doch noch eine Hardrock-Nacht anbieten.» Für Hofstetter ist klar: «Wenn man eine solche Band haben kann, muss man zugreifen.»
Für die kommenden Jahre sei das aber kein Präjudiz. «Den vierten Abend gibt’s nur, wenn er sich wirklich anbietet.» Fix sind lediglich drei Tage. Und das seien künftig immer Donnerstag bis Samstag.

«Den vierten Abend gibts nur, wenn er sich anbietet.»

Päde Hofstetter, Veranstalter

Vor den Onkelz spielt die deutsche Mittelalter-Metal-Band In Extremo. Auf der Bühne stehen auch die Schweizer Darkrockband Stoneman, die US-Alternative-Rocker Nothing More und die in Star-Wars-Kostümen auftretende amerikanische Rockformation Galactic Empire.

 

Das Headliner-Konzert der Böhsen Onkelz findet am Mittwoch, 20. Juni, im Betzholzkreisel statt. Hier gehts zum gesamten Line-Up des Festivals.

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