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Wirtschaft

Negishi, Nooch und Outback Lodge

Der Aufstieg der Volketswiler Gastrofamilie Wiesner

Sie starteten mit einem Sandwichladen, heute gehören sie zu den grössten Restaurantketten der Schweiz. In einem Buch verrät die Familie Wiesner ihre wichtigsten Weisheiten.

Daniel, Fredy, Anita und Manuel Wiesner (von links) führen momentan 28 Restaurants in der Schweiz. Ihre Geschichte haben sie nun als Buch veröffentlicht.

Foto: privat

Der Aufstieg der Volketswiler Gastrofamilie Wiesner

«Negishi», «Nooch» und «Outback Lodge»

Sie starteten mit einem Sandwichladen im Seefeld, heute gehören sie zu den grössten Restaurantketten der Schweiz. In einem neuen Buch verrät die Familie Wiesner ihre wichtigsten Weisheiten und grössten Fehler.

Zwei Millionen Sushi-Rollen pro Jahr, die gestapelt so hoch wie 500 Eiffeltürme wären. 660’300 Frühlingsrollen, aneinandergereiht reichten sie von Bern nach Zürich. Und 73 Tonnen Lachsfilet, so schwer wie 30’000 Ziegelsteine.

Die Familie Wiesner aus Volketswil startete 1991 mit einem Sandwichladen im Zürcher Seefeld. Heute gehört ihre Firma mit Restaurants wie «Negishi», «Nooch» und «Outback Lodge» zu den grössten Ketten der Schweiz. Viele haben wahrscheinlich, ohne es zu wissen, schon einmal in einem Wiesner-Betrieb gegessen.

Wie das Gastrobusiness im Detail funktioniert – darüber sprechen nur wenige offen. Die Wiesners tun es gerne und oft. Manuel Wiesner sagte kürzlich etwa, dass er sich 18’600 Franken im Monat auszahlt, fünfmal mehr als die Person, die in den Restaurants Geschirr spült. Mit dem Buch «Butter bis zum Rand» gibt die Familie nun einen ausführlichen Einblick in den Aufstieg ihres Unternehmens, der Familie Wiesner Gastronomie AG (FWG).

Klar, es ist eine Festschrift geworden, in der sich die Wiesners selber abfeiern. Und nicht selten fühlt man sich als Leser wie in einem Youtube-Video, das nichtssagende Tipps für Möchtegernunternehmer präsentiert. Zum Beispiel: «Eine Idee muss mehrfach verbessert werden, erst dann entsteht echte Innovation.»

Aber «Butter bis zum Rand» geht darüber hinaus. Etwa in den Momenten, in denen die Brüder Manuel und Daniel Wiesner, die das Unternehmen seit 2020 führen, darüber sprechen, weshalb sie regelmässig gemeinsam zu einem Coach gehen. Oder wenn Patron Fredy Wiesner mit seinem ikonischen Schnauz darüber spricht, wie er seine Frau Anita kennenlernte, und das Buch zur Familiensaga wird.

Sandwichs mit Russischem Salat und Salami

Alles beginnt mit der Liebe. Fredy Wiesner setzt für den Globus Gastrokonzepte um. Anita arbeitet ebenfalls im Warenhaus. Sie gefällt ihm, doch sie ist vergeben. «Bis dahin hatte ich bei Frauenbekanntschaften stets nach einer Weile die schnellen Turnschuhe angezogen und bin verschwunden», wird er im Buch zitiert. «Der Fredy hatte immer diesen Glanz in den Augen», sagt sie. Nach dem gemeinsamen Globus-Skiweekend trennt sie sich von ihrem damaligen Partner, mietet eine Wohnung in Fredys Nähe, schläft aber höchstens dreimal da. «Es war die grosse Liebe», heisst es im Buch.

Im Seefeld eröffnen die beiden Anfang der 1990er Jahre mit Geschäftspartnern einen Sandwichladen. Manuel Wiesner erzählt, wie er sich daran erinnert, dass seine Mutter oft morgens um sechs Uhr die Brötchen geschmiert habe. Sie habe ihm und seinem Bruder gesagt: «Buben, die Butter immer bis ganz an den Rand streichen, gell.»

Die Sandwichs waren nach Opern benannt. Das «Traviata» war etwa mit Russischem Salat und Salami gefüllt. Die NZZ testete es damals und schrieb: «Wir waren immerhin dankbar, dass sie zwischen den Brothälften nicht auch noch Minestrone und ein wenig Tiramisù verstaut hatten.» Später verkauften sie am Zürcher Hauptbahnhof unter anderem Brezel und Frozen Joghurt, welches sie als Erste in die Schweiz importierten.

Der Stand der Familie Wiesner am Hauptbahnhof Zürich.
Der Stand der Familie Wiesner am Hauptbahnhof Zürich.

Kein Alkohol und Akupunktur

Der Durchbruch kam mit der «Outback Lodge» am Bahnhof Zürich-Stadelhofen. Fredy Wiesner erzählt im Buch, er habe damals die Australien-Sehnsucht der Menschen in der Schweiz gespürt.

Für das Interieur im Kolonialstil investierte er 1997 eine Million Franken. Die Werbung habe sich auf A3-Blätter an den Fensterscheiben und auf einen Anruf bei Radio 24 begnügt, mit der Bitte, doch auf die Eröffnung hinzuweisen. «Der Sturm der Leute riss einfach nicht ab», sagt Wiesner. Alle hätten das Straussensteak, das Kängurufleisch und die Krokodilstreifen probieren wollen.

So sah die «Outback Lodge» am Bahnhof Zürich-Stadelhofen früher aus.
So sah die «Outback Lodge» am Bahnhof Zürich-Stadelhofen früher aus.

Die Story der FWG – die Familie erzählt sie als Wandel von einer patriarchisch geführten Unternehmung zu einer Firma, die durch die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden funktioniert. Betont wird die mentale Gesundheit. «Der Generationenwechsel war schwierig», sagt Anita Wiesner. Ein Mediator habe geholfen.

Die Söhne schreiben im Buch, dass sie regelmässig zusammen zwei Stunden ins Coaching gehen. «Wir haben viele Coachs verbrannt», sagt Manuel, der fast keinen Alkohol trinkt. «Wir alle sollten öfter zum Psychologen gehen», sagt Daniel, der meditiert und zur Akupunktur geht.

Die Brüder Daniel (links) und Manuel Wiesner führen heute die Firma.
Die Brüder Daniel (links) und Manuel Wiesner führen heute die Firma.

Restaurants werden auf dem Reissbrett entworfen

Den grössten Erfolg hat die Familie Wiesner mit den Restaurantketten Negishi und Nooch, die asiatische Küche anbieten. Bei einer Reise entdeckten sie Sushi und schweizerten es ein. Mexikanisch, koreanisch, panasiatisch – es gibt fast kein Essen, das die Wiesners noch nie angeboten haben. Von den eröffneten 82 Restaurants haben sie 54 wieder geschlossen.

Daniel Wiesner erzählt, wie er zwei Wochen mit dem Rucksack durch Südkorea reiste, an Konzerte, in Klubs und Restaurants ging, alles fotografierte und sich dann mit einem Gin Tonic in Zürich hinsetzte und das Konzept der Erlebnis-Restaurantkette Miss Miu entwarf.

Das Restaurant Miss Miu in der Europaallee ist südkoreanisch inspiriert.
Das Restaurant Miss Miu in der Europaallee ist südkoreanisch inspiriert.

Nicht funktioniert hat etwa die Burger-Kette The Butcher der Familie Wiesner. Sie hatten mal zehn Filialen, schlossen diese aber und mussten Mitarbeitende entlassen. Es ist jener Teil der Festschrift, in dem die Wiesners tatsächlich einige Fehler zugeben, ohne diese nicht gleich wieder als Stärke umzumünzen. Ein «Vielleicht» darf am Satzanfang trotzdem nicht fehlen: «Vielleicht wurden wir übermütig und expandierten viel zu schnell.»

Der Fehler der Familie Wiesner mit der Burger-Kette

Die wichtigsten Weisheiten der Wiesners, damit ein Restaurant funktioniert:

Es muss mindestens 80 Plätze haben, besser 120.

Es braucht 50 Prozent Auslastung.

Das klassische Menü mit Vorspeisen zwischen 8 und 15 Franken und Hauptspeisen zwischen 22 und 38 Franken bewährt sich.

Alkohol bringt hohe Margen.

Delivery bringt fast keinen Gewinn, macht aber die Marke bekannt.

Die Bedienung am Abend dauert im besten Fall nur zwischen 60 und 90 Minuten, «um eine hohe Tischumschlagrate zu erreichen». Trotzdem dürfen sich die Gäste nicht gestresst fühlen.

Steve Schneider, «Butter bis zum Rand. Backstage bei der Familie Wiesner Gastronomie», Weber-Verlag, 257 Seiten.

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