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Wirtschaft

«Neue Spinnerei» in Aathal muss aufgeben

Steigende Kosten, einbrechende Erträge. Die «Neue Spinnerei» in Aathal geht in Konkurs. Und am Ende stösst dem Besitzer etwas besonders sauer auf.

Am Sonntag war das Lokal noch gut besucht, am Montag schloss Besitzer Hansueli Wagner für immer: Blick in die «Neue Spinnerei» in Aathal. (Archiv)

Foto: PD

«Neue Spinnerei» in Aathal muss aufgeben

Konkurs einer Traditionsbeiz

Das Zürcher Oberland verliert ein beliebtes Restaurant. Die «Neue Spinnerei» in Aathal schliesst ihre Türen. Per sofort.

Elf Jahre war die «Neue Spinnerei» in Aathal ein beliebter Treffpunkt in der Region. Eine Bar samt Lounge mit 50 Plätzen und ein Restaurant mit bis zu 180 Plätzen waren in den denkmalgeschützten Hallen der früheren Spinnerei Streiff AG untergebracht.

Und im Sommer lud ein lauschiger Garten mit weiteren 150 Plätzen zum Verweilen, wo man nichts mehr vom Verkehr vor dem imposanten Gebäude hörte, sondern nur noch das leise Plätschern des Aabachs.

Doch damit ist nun Schluss. Besitzer Hansueli Wagner schliesst die «Neue Spinnerei» per sofort. «Die hohen Personalkosten und die hohen Miet- und Betriebskosten machen einen rentablen Betrieb nicht mehr möglich», begründet der 60-jährige Gastronom.

Noch am Sonntag war seine Beiz während des beliebten Sonntagsbrunchs gut besucht. Am Montagvormittag stellte Wagner seine 18 Mitarbeitenden (verteilt auf elf Vollzeitstellen) vor vollendete Tatsachen. Einen Teil der Septemberlöhne habe er noch bezahlen können, so Wagner. Über alles Weitere hat das Konkursamt zu bestimmen.

Dem Konkurs vorausgegangen waren gescheiterte Verhandlungen mit der Vermieterin Hiag Immobilien AG über eine Mietzinsreduktion. Diese war bereit, die Miete für das Lokal zu senken. «Aber nicht in dem Rahmen, den es gebraucht hätte, um kostendeckend zu wirtschaften», sagt Hansueli Wagner. Dies verunmögliche eine gesetzlich notwendige Sanierung der Aktiengesellschaft und eine zumindest kostendeckende Weiterführung des Restaurants.

Er habe in den letzten elf Jahren einen Millionenbetrag in das Lokal investiert. «Diesen riesigen Betrag kann ich nun abschreiben. Und neues Kapital möchte ich nicht mehr in die Firma investieren, ohne dass andere Beteiligte auch ihren Teil zum Gelingen beitragen.»

Zukünftiges restaurant im Aathal
2013 hatte er noch gut Lachen: Hansueli Wagner während der Umbauarbeiten im zukünftigen Restaunt im Aathal.

Die Vermieterin Hiag drückt in einer Stellungnahme ihr Bedauern über die Schliessung aus: «Der Restaurantbetrieb hat viele Jahre für die Belebung des Areals gesorgt. Wir danken der Betreiberin und den engagierten Mitarbeitenden für ihren langjährigen Einsatz.» Man sei bemüht, möglichst rasch den Gastronomiebetrieb mit einem anderen Betreiber wieder aufzunehmen.

Die Hiag habe den Mietzins in den letzten Jahren bereits einmal substanziell gesenkt sowie Mieten gestundet und «in grösserem Umfang» darauf verzichtet, schreibt die Arealentwicklerin und Besitzerin der Liegenschaft. In der Tat sei ihm die Hiag während der Corona-bedingten Schliessungen wiederholt entgegengekommen, sagt Wagner.

Umsätze über Mittag haben sich halbiert

Letztlich ist es eine Kombination von widrigen Umständen und ungünstigen Entwicklungen, die der «Neuen Spinnerei» nun den Garaus machten.

So seien die Umsätze am Mittag in den letzten Jahren eingebrochen, sagt Wagner: «Die dezentrale Lage des Restaurants setzen eine Anfahrt mit dem Auto und dadurch eine längere Mittagspause voraus. Die Frequenzen am Mittag haben sich in den letzten Jahren halbiert.» Homeoffice und flexiblere Arbeitszeiten verstärkten diesen Trend.

Auch hat sich das Ausgehverhalten der Leute verändert. Die Umsätze von Montag bis Mittwoch seien deutlich gesunken, so Wagner: «Gut liefen Donnerstag-, Freitag- und Samstagabend sowie der Sonntagsbrunch. Aber das reicht nicht.»

Steigende Kosten für Personal, Strom, Wasser

Auf der anderen Seite stiegen die Kosten: Strom und Wasser wurden teurer, aber auch die Lohnkosten. «Seit der Corona-Pandemie ist das Angebot an qualifizierten Mitarbeitenden in der Gastronomie, vor allem in der Küche, nochmals drastisch gesunken. Als Folge dieses Fachkräftemangels sind die Lohnkosten drastisch gestiegen», erklärt Wagner. Das möge an sehr gut frequentierten Lagen oder mit kleinen Betrieben noch aufgehen, nicht aber in einem Betrieb wie der «Neuen Spinnerei».

Aussenansicht des Restaurants Neue Spinnerei in Aathal.
Bis 2004 wurde hier noch Garn gesponnen. Die «Neue Spinnerei» in Aathal ist auch ein Zeugnis der Industrialisierung des Zürcher Oberlands. (Archiv)

Auch das GZO Spital Wetzikon schuldet der «Neuen Spinnerei» Geld

Und dann erzählt Hansueli Wagner noch eine Geschichte, die dem GZO Spital Wetzikon nicht wirklich schmeichelt. Im März dieses Jahrs hatte die GZO AG im «Shed15» ein Brustkrebs-Symposium durchgeführt. Das «Shed15» ist ein Eventlokal, das ebenfalls in der früheren Spinnerei in Aathal untergebracht ist.

Für das Catering wurde die «Neue Spinnerei» engagiert. «Die Rechnung über knapp 10’000 Franken hat das GZO nie bezahlt», sagt Hansueli Wagner. Das Spital befindet sich in Nachlassstundung und geniesst daher Gläubigerschutz.

Doch das sei noch nicht die Pointe, so Wagner kopfschüttelnd: «Das Spital hat die Räumlichkeiten für 2025 bereits wieder gemietet und uns wegen des Caterings angefragt.» Dieser Redaktion liegt eine E-Mail vor, in der das GZO Spital anbietet, «aufgrund der momentanen Situation» eine Vorauszahlung zu leisten. Wagner: «Kleine KMU-Betriebe müssen schliessen, ein Spital Wetzikon darf hingegen weiterhin unter dem Deckmantel der Nachlassstundung Steuergelder verschleudern.»

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