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Bald Baueingaben für lange umstrittenes Schönau-Projekt

Zwölf Jahre nach den ersten Plänen wird es nun konkret: Die Immobilienfirma Hiag erarbeitet die Baupläne für das Schönau-Areal in Wetzikon.

Das ehemalige Spinnereigebäude in der Wetziker Schönau erhält neue Nachbarn: Rund um das Wäldchen rechts werden neue Wohnhäuser entstehen.

Foto: Fabio Meier

Bald Baueingaben für lange umstrittenes Schönau-Projekt

Hiag will in Wetzikon und Seegräben investieren

Lange ist um das Schönau-Areal in Wetzikon gerungen worden. Jetzt erarbeitet die Hiag die Baupläne. Mitfinanziert wird das Vorhaben durch Verkäufe im Aatal.  

Wer sich in der Region nach langwierigen Bauentwicklungsprojekten umschaut, dürfte einige Beispiele finden. Zu den grösseren gehört das Areal der ehemaligen Spinnerei in der Wetziker Schönau. 2012 geriet das Gelände ein erstes Mal in die Schlagzeilen. Anwohner wehrten sich gegen die Pläne für Neubauten auf dem rund 30'000 Quadratmeter grossen Areal.

Solche hatte die Immobilienentwicklerin Hiag präsentiert. Zwei Jahre zuvor hatte das Unternehmen das Land- und Liegenschaftenportefeuille der Streiff AG übernommen – und damit eben auch die Schönau.

Wohnen rund ums Parkwäldchen

Heute – viele Diskussionen, einige Rechtstreitigkeiten, Demonstrationen und Planänderungen später – nähert sich das Grossvorhaben der Ziellinie. «Für die Neubauten sind wir nun in der Projektplanung. Ende Jahr sollten voraussichtlich die Baueingaben für die Baufelder der ersten Etappe erfolgen können», hält Hiag-CEO Marco Feusi fest. Ermöglicht worden ist dieser Schritt durch den öffentlichen Gestaltungsplan, der seit Ende Februar rechtsgültig ist.

Gestaltungsplan für das Areal Schönau in Wetzikon, das der Immobilienentwicklerin Hiag gehört.
In den grau markierten Feldern C, D und E sollen Neubauten erstellt werden. In einer zweiten Etappe ist eine Überbauung auf Feld F vorgesehen.

Was die Neubauten anbelangt, so geht es um die Reihenhäuschen, die nördlich und östlich des erhöhten Parkwäldchens erstellt werden. Ebenso begehrt sein dürften die Wohnungen, die entlang dem Schönauweiher geplant sind. Und hinzu kommen noch zwei grössere Wohnbauten südlich des Parkwäldchens.

Bezug Mitte 2027

«Noch sind wir am Austüfteln», meint der CEO. Entstehen dürften insgesamt rund 90 Wohnungen, teils zur Miete, teils zum Verkauf. «Die ersten könnten bis Mitte 2027 bezugsbereit sein.» Doch auch Umbauten stehen an. Dazu gehört etwa die Sanierung des ehemaligen Bauwollmagazins. Dieses soll eine neue Nutzung erhalten. Im Erdgeschoss könne etwa ein Laden oder ein Restaurant entstehen. Das Obergeschoss eigne sich für Seminarräume oder auch für kulturelle Veranstaltungen.

Ein altes Haus mit Wohnwagen und Autos.
Das ehemalige Baumwollmagazin auf dem Schönau-Areal steht unter Schutz und soll für gewerbliche und kulturelle Nutzungen umgestaltet werden.

Die Hiag rechnet mit einem Investitionsvolumen von rund 45 Millionen Franken für diese erste Bauetappe. Die zweite, die ein halbes Jahr später in Angriff genommen werden soll, kostet nochmals 17 Millionen Franken. Diese beinhaltet einen grossen Neubau an der Weststrasse nahe dem Kulti-Weiher. Dort werden Eigentumswohnungen entstehen.

Das ehemalige Spinnereigebäude ist komplett vermietet, auch an viele kleinere Gewerbebetriebe. «Dieser Mikrokosmos funktioniert wunderbar», schwärmt Feusi. Die Mietverträge dort sollen nochmals etwas verlängert werden. Was das Gebäude aber noch braucht, ist eine umfassende Ertüchtigung der Statik und des Brandschutzes sowie eine energetische Sanierung.

Marco Feusi, CEO der Hiag, und Béatrice Gollong, Leiterin Portfolio/Transaktionen, sitzen an einem Tisch.
Marco Feusi, CEO der Hiag, und Béatrice Gollong, Leiterin Portfolio/Transaktionen, besprechen eines der vielen Projekte.

«Die Überbauung der Schönau ist nicht ganz ohne», findet Feusi. So gebe es im Planungsprozess immer eine Güterabwägung, insbesondere der Nachbarinteressen. Doch hier helfe eine offene, transparente Kommunikation. «Wir kennen uns mittlerweile sehr gut», betont der Hiag-CEO. Diese Firmenphilosophie habe dazu geführt, dass in den letzten zwei, drei Jahren bei den Hiag-Projekten keine Einsprachen mehr erfolgt seien.

 Aataler «Lebkuchenhäuschen» sollen zu Geld gemacht werden

Um die hohen Investitionen mitzufinanzieren, hat die Hiag nicht nur Kapitalerhöhungen vorgenommen und nimmt Fremdkapital auf, sondern verkauft auch Liegenschaften, die nicht ins Kernportfolio passen. Dazu zählen etwa kleinere Häuser, Liegenschaften mit verhältnismässig hohem Investitionsbedarf oder an weniger guten Lagen. Auch gebe es Marktregionen, «die sich aus unserer Sicht weniger gut entwickeln», erklärt Feusi. Schliesslich würden auch die Mittel aus den Verkäufen von Eigentumswohnungsprojekten ebenfalls in die Projektpipeline investiert.

Modell mit dem Immobilienbestand der Hiag in Aathal und einem Teil von Wetzikon im Jahr 2020.
Der Immobilienbestand der Hiag im Aatal und eingangs von Wetzikon (rechts das Floos): 2020 gehörten alle roten Gebäude der Hiag. Die grün angekreuzten Häuser wurden seither verkauft, die gelb angekreuzten werden jetzt veräussert, und die blau markierten Liegenschaften dürften mittelfristig zum Verkauf stehen.

Eine ganze Reihe solcher Liegenschaften hatte und hat die Hiag im Aatal. Nachdem die Firma 2021 bereits die Wohnliegenschaften im Unteraatal verkauft hat, plant die Immobilienentwicklerin, zwei kleinere Mehrfamilienhäuser ausgangs von Aathal zu veräussern, wie Béatrice Gollong, Hiag-Leiterin Portfolio/Transaktionen, erklärt. Über kurz oder lang möchte das Unternehmen alle Liegenschaften entlang der Aretshaldenstrasse verkaufen. Die «Lebkuchenhäuschen», wie sie Feusi bezeichnet.

Fehlende Autobahn führt zu Umdenken

Kein längerfristiges Interesse hat die Hiag laut Gollong auch am Bauernhof, in welchen nach dem Auszug des Landwirts nun Asylbewerber einziehen werden. Bis Ende 2028 ist das Wohnhaus an die Stadt Wetzikon vermietet. «Die Betriebsliegenschaft liegt in der Kernzone, eine solche Nutzung ist dort zonenfremd.» Vorstellbar sei die Entwicklung eines kleineren Mehrfamilienhauses. «Aber dafür sind wir wohl nicht der richtige Eigentümer», meint die Hiag-Managerin.

Noch vor einigen Jahren hatte die Hiag die Idee, dort selbst eine kleine Überbauung zu realisieren. «Doch damals gingen wir noch davon aus, dass die Oberlandautobahn durchs Aatal in absehbarer Zeit kommt», meint Feusi. Diese Hoffnung habe sich aber zerschlagen und damit auch jene auf eine baldige Verkehrsentlastung. «Somit wird das dort wohl noch lange nicht die beste Wohnlage», erklärt Feusi den Meinungsumschwung.   

Um- und vielleicht Neubauten

Doch er schiebt auch gleich nach: «Wir sind total Aatal-Fan, inklusive der geplanten Brücke, die den Ortsteil Sack und Seegräben verbinden soll.» Die Hiag will auch langfristig einen grossen Immobilienbestand im Aatal halten. Sie investiert laufend in ihre Gebäude wie in das ehemalige Betriebsleiterhaus sowie das jüngst für drei Millionen Franken sanierte ehemalige Mädchenheim. Das einstige Spinnereigebäude war 1946 durch die Firma Streiff umgestaltet worden. Es bot 65 ledigen Frauen Platz, die in der Spinnerei ennet der Zürichstrasse arbeiteten.

Während die Grosswohnungen in den Obergeschossen alle vermietet sind, ist das Erdgeschoss, an das sich auch die ehemalige Kantine anschliesst, noch zu haben. Ein weiteres Restaurant soll dort aber nicht mehr angesiedelt werden. Laut Gollong eignen sich die Räume vielmehr für Verkauf oder Gewerbe.

Der Hauptteil des Hiag-Liegenschaftenbestands in Aathal selbst liegt südlich der Zürichstrasse: der ganze Industriekomplex mit den verschiedenen Annexbauten und das riesige, teils unterirdische Lager an der Bahnlinie. Und dann noch das Entwicklungsgebiet Talwis beim Bahnhof.

2021 scheiterte dort das schon weit gediehene Projekt für einen Coop Bau + Hobby. Seither ist die Hiag auf der Suche nach einem neuen Grossmieter. «Wir müssen für ein solches Vorhaben mit gewerblicher Nutzung eine Vorvermietung von über 50 Prozent haben, bevor wir ein konkretes Bauprojekt in Angriff nehmen», erklärt Feusi. Doch nun liegt eine neue Projektidee vor. «Innert eines Jahrs dürfte sich dort nun das Weitere konkretisieren», erklärt die Portfolio-Leiterin.

Floos-Sanierung aufgeschoben

Nicht wie geplant vorangegangen ist es für die Hiag auch beim Fabrikensemble Floos am Westeingang von Wetzikon. Bis Anfang 2023 hätte der dort vorgesehene, mindestens zwölf Millionen Franken teure Umbau abgeschlossen sein sollen. Diesem Vorhaben kamen die in den letzten Jahren gestiegenen Baukosten dazwischen. «Eine Kostensteigerung von 10 bis 15 Prozent stellt die Wirtschaftlichkeit des ganzen Projekts infrage», unterstreicht Feusi.

«Es hat dort weitere Projektoptimierungen gegeben. Wir haben richtig geknetet», sagt der Hiag-CEO. Noch werden auch Mieter für die verschiedenen Gebäude gesucht. «Wir haben den angestrebten Stand aber noch nicht erreicht, um das Vorhaben umsetzen zu können.» Für die Hiag gehört das Floos innerhalb ihres ganzen Projektportfolios zu den kleineren Vorhaben.

Hiag will wachsen

Die Immobilienentwicklerin Hiag besitzt in der Deutsch- und der Westschweiz Immobilien mit einem Total von 2,4 Millionen Quadratmetern Landfläche. Diese verteilt sich auf 41 Areale und 60 Projekte. Die Anlagestrategie ist auf ehemalige Industrieareale, Gewerbe-, Büro- und Logistikimmobilien sowie ausgewählte Wohnliegenschaften in wirtschaftlichen Kernregionen und zukunftsorientierten Wachstumsregionen ausgerichtet. Das Investitionspotenzial aller Bauvorhaben in der Projektpipeline beläuft sich auf rund drei Milliarden Franken.  

2010 übernahm die Hiag den gesamten Bestand der Spinnerei Streiff AG im Wert von rund 100 Millionen Franken und damit auch deren Liegenschaften in Wetzikon und Seegräben.

Verkäufe für 250 Millionen

Laut Hiag-CEO Marco Feusi ist es das erklärte Ziel der Ankeraktionäre, weiter profitabel zu wachsen. «Im Vergleich zu anderen kotierten Immobiliengesellschaften sind wir eine kleine Gesellschaft. Doch wir wollen uns in ein paar Jahren schweizweit im vorderen Mittelfeld behaupten.» Gerade auf dem Kapitalmarkt sei die Grösse entscheidend. Diese gewährleiste Stabilität. Die Hiag bekam ihre Position am Aktienmarkt zu spüren. So büsste sie in den letzten Jahren 25 Prozent an Wert ein, während die grossen Immobilienfirmen sich etwa halten konnten.

2020 und 2021 nahm die Hiag Kapitalerhöhungen vor. Das Interesse war damals laut Feusi sehr gut. «Zurzeit lässt das Marktumfeld aber keine Kapitalerhöhung zu attraktiven Bedingungen zu. Daher müssen wir die grösseren Bauvorhaben aus eigener Geschäftstätigkeit finanzieren», hält Feusi fest. Die Strategie sieht daher auch vor, sich von jenen Objekten zu trennen, die nicht zu den Kernarealen gehören «oder für uns langfristig weniger interessant sind». Seit 2021 wurden in der Folge Liegenschaften im Wert von rund 250 Millionen Franken verkauft. «Mit den Verkäufen verbessern wir unsere durchschnittliche Portfolioqualität», erklärt der CEO.

Hohe Investitionen

Gleichzeitig wurden seit 2020 jährlich rund 50 bis 100 Millionen Franken pro Jahr investiert. Die Finanzierung erfolgte zum grossen Teil über Kapitalerhöhungen sowie mit Verkäufen von Liegenschaften und Eigentumswohnungen. Der Wert des Immobilienportfolios stieg in den letzten vier Jahren von rund 1,6 auf etwa 1,9 Milliarden Franken. Gleichzeitig reduzierte sich die Fremdverschuldung von fast 50 auf rund 40 Prozent. Zudem wurde der Leerstand deutlich gesenkt. Lag dieser vor vier Jahren noch bei 16 Prozent, ist diese Zahl auf 4 Prozent gesunken.

Effizienz und Profitabilität wurden auch erhöht, indem beispielsweise die Bewirtschaftung aller Liegenschaften in die Firma integriert wurde. Die Folge dieser Umlagerung ist eine Erhöhung des Personalbestands um rund zehn Personen. Weitere Stellen sind durch das seit 2020 erfolgte Wachstum des Portfolios und für Nachhaltigkeitsthemen hinzugekommen. Heute zählt die Hiag schweizweit rund 80 Mitarbeiter.  

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