Steigende Hypotheken – Schwankung oder Trendwende?
In den letzten Jahren konnten die Käufer von Häusern und Wohnungen von einer Schönwetterlage profitieren: Anhaltend tiefe Hypothekarzinsen erleichterten ihnen die Finanzierung des Eigenheims.
Dementsprechend verzeichnete das Geschäft mit Hypotheken in der Schweiz ein deutliches Wachstum. Die Pandemie fachte die erhöhte Nachfrage zusätzlich an.
Anstieg auch in der Region
Aber jetzt hat eine gegenläufige Tendenz den Immobilienmarkt erfasst: Die Hypothekarzinsen auf langjährige Kredite steigen wieder. Zu diesem Ergebnis kommt die Zeitung «Finanz und Wirtschaft» nach einer aktuellen Umfrage bei 13 Banken.
Demnach ist der Hypothekarzins zuletzt innerhalb eines Monats durchschnittlich um rund 0.25 Prozentpunkte gestiegen. Für zehnjährige Hypotheken belaufe sich der Zins inzwischen auf bis zu 1.6 Prozent.
Die Bank Avera mit Hauptsitz in Wetzikon gehört nicht zu den untersuchten Banken. Aber auch die grösste Regionalbank im Kanton Zürich hat die Zinsen ihrer Hypotheken zuletzt leicht angehoben, wie Sprecherin Aline Rey auf Nachfrage von Züriost mitteilt. Bei einer Laufzeit von zehn Jahren beträgt der Zinssatz aktuell 1,55 Prozent, wie der Webseite der Bank am Dienstag zu entnehmen ist. Dabei handelt es sich um einen unverbindlichen Richtsatz.
Rey betont, dass die Offerten individuell erstellt werden und meist attraktiver ausfallen als die publizierten Richtsätze.
«Die aktuellen Zinsen befinden sich nach wie vor auf einem historischen Tiefstniveau.»
Aline Rey, Sprecherin Bank Avera
Die Sprecherin begründet den Anstieg mit der jüngsten Verteuerung des Zinsniveaus für längere Laufzeiten am Kapitalmarkt. «Die Hypothekarzinsen sind stark an die Zinsentwicklung am Kapitalmarkt gekoppelt, da dieser die Kosten für die Refinanzierung und Absicherung der Zinsänderungsrisiken im Hypothekargeschäft der Banken beeinflusst.»
Ihr zufolge ist es normal, dass die Zinssätze für Festhypotheken entlang den Entwicklungen am Kapitalmarkt schwanken. «Die aktuellen Zinsen befinden sich nach wie vor auf einem historischen Tiefstniveau.»
Vorerst kein Ausbruch nach oben
Diese Einschätzung teilt Lars Studer, Vorsitzender der Bankleitung der Raiffeisenbank Zürcher Oberland mit Hauptsitz in Uster. Auch seine Bank hat die Zinssätze für Festhypotheken mit einer Laufzeit ab vier Jahren gegenüber dem Vormonat erhöht – bei Laufzeiten ab acht Jahren um bis zu 0,3 Prozent. Bei einer zehnjährigen Laufzeit beträgt sie zurzeit um die 1,6 Prozent.
Studer ist überzeugt: «Der jüngst beobachtete Anstieg der Schweizer Langfristzinsen sollte erst einmal begrenzt bleiben.» Ihm zufolge dürften auch die langfristigen Hypothekarzinsen nach einem moderaten Anstieg von den rekordtiefen Niveaus nicht nach oben ausbrechen.
Dass demnächst Hypotheken von drei und mehr Prozent drohen, hält auch Aline Rey von der Bank Avera für unwahrscheinlich. Sie verweist auf das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), das der Schweiz im 2022 ein gutes Wirtschaftswachstum und eine leicht erhöhte Teuerung vorhersagt. Zwar vermelde das Seco auch gestiegene Inflationsrisiken, aber ausgehend von einem sehr tiefen Niveau. «Wir rechnen deshalb kurzfristig nicht mit einem starken Anstieg der Kapitalmarktzinsen.»
Allerdings seien in einem längerfristigen Betrachtungshorizont Hypothekarzinsen von drei bis fünf Prozent nichts Aussergewöhnliches.
Inflation und Gegenmassnahmen
Punkto Preisstabilität sieht Rey die Zentralbanken in der Pflicht. Eine hohe Inflation zwinge diese zur Ergreifung von Gegenmassnahmen – etwa zur Erhöhung der Leitzinsen. Weltweit sei die Inflation im vergangenen Jahr spürbar angestiegen. Die Preissteigerungen führt die Sprecherin jedoch teilweise auf Sondereffekte zurück: «Nach starken Rückgängen im 2020 haben sich diverse Preise wieder normalisiert, was rechnerisch zu hohen Inflationsraten führte.»
Bei anderen Preistreibern wie den pandemiebedingten Störungen in den Lieferketten geht Rey von einem vorübergehenden Phänomen aus. Entscheidend für die Geldpolitik der Zentralbanken sei, ob man mittelfristig mit einer erhöhten Geldentwertung rechnen müsse. Rey ist optimistisch: «Das Seco beurteilt die Inflationsrisiken in der Schweiz als moderat, auch weil der internationale Preisdruck durch den starken Franken begrenzt wird.»
Weiter attraktive Konditionen
Lars Studer von der Raiffeisenbank Zürcher Oberland hält zudem fest, dass die Inflationssorgen in Europa weitaus weniger stark ausgeprägt seien als in den USA. «Nicht zuletzt wegen der vergleichsweise moderaten Lohndynamik.» Die Schweizerische Nationalbank gehe mittelfristig unverändert von einer Inflationsrate spürbar unter der Zwei-Prozent-Marke aus.
«Wir erwarten in der Schweiz weiter attraktive Finanzierungskonditionen für Hypotheken.»
Lars Studer, Vorsitzender der Bankleitung der Raiffeisenbank Zürcher Oberland
Ein erster Zinsschritt bleibe in der Schweiz damit nach wie vor weit entfernt. «Wir erwarten in der Schweiz entsprechend ein bis auf weiteres tiefes Zinsniveau und damit weiter attraktive Finanzierungskonditionen für Hypotheken.»
Was die jüngste Verteuerung der Hypotheken für Käufer von Wohneigentum bedeutet, erfahren Sie hier.