Er will einen früheren Rentnersport hip machen
In den USA spielen ihn bereits Millionen, in der Schweiz steckt der Sport in den Kinderschuhen: Pickleball. Der Effretiker Dominik Kuhn setzt alles daran, ihn hierzulande bekannt zu machen.
Dominik Kuhn war noch nie einer, der den einfachen Weg gewählt hat. Für seinen Traum vom Profifussball scheute er weder Umwege noch lange Distanzen: 2017 wechselte Kuhn vom damaligen Promotion-League-Verein Tuggen zu den Amateuren des SC Rheindorf Altach – und nahm dafür zum Training eine Anreise von rund 100 Kilometern aus seinem Heimatort Effretikon in Kauf. Da ist Kuhn bereits 24 Jahre alt.
Der Klub im grenznahen Vorarlberg wird jedoch nicht zum erhofften Sprungbrett. Nach dem Bachelor an der ZHAW in Winterthur zieht Kuhn deshalb für das Masterstudium nach Texas. Dort macht er nicht nur seinen Abschluss, sondern entdeckt auch eine neue Leidenschaft: Pickleball – eine Mischung aus Tennis, Badminton und Tischtennis. In den USA galt der Sport bis dahin vor allem als Freizeitbeschäftigung älterer Menschen.
«Während der Corona-Pandemie hat Pickleball dann einen regelrechten Boom erlebt», sagt Kuhn. Heute spielen gegen 50 Millionen Menschen in den USA. Darunter auch zahlreiche Prominente, wie das Tennis-Traumpaar Steffi Graf und André Agassi. «Es mit ihr zu tun, gibt uns ein verbindendes Erlebnis», sagte der Amerikaner kürzlich über das neue gemeinsame Hobby.
Ein deutliches Wachstum ist zudem in Asien spürbar. Dies konnte Kuhn unlängst persönlich an der Weltausstellung in Osaka miterleben. Im Rahmen des Aktivprogramms des USA-Pavillons, rollte er einen mobilen Pickleball-Platz aus. Für die Besucherinnen und Besucher gab es dadurch die Möglichkeit, den Sport gleich auszuprobieren.

Für Kuhn ist deshalb klar: «Das müsste doch auch bei uns funktionieren.» Das Erfolgsrezept liegt auf der Hand. Pickleball ist vergleichsweise einfach zu erlernen. «Ich kann den Sport auch mit meiner 66-jährigen Mutter spielen», sagt er.
Die Gründe? Der Ball fliegt nur ein Drittel so schnell wie im Tennis und kommt – anders als beim bereits trendigen Padel – ausschliesslich von vorne. Sein Fazit: «Pickleball macht schnell Spass. Um gut zu werden, ist aber natürlich Training nötig.»
Pickleball kurz erklärt
Gespielt wird meist im Doppel, auf einem Feld etwa so gross wie beim Badminton. Der Ball – ähnlich einem Unihockeyball – wird mit einem quasi übergrossen Tischtennisschläger aus Kunststoff oder Plastik geschlagen. Das Netz hängt etwas tiefer als beim Tennis.
Anfang 2023 gründete Kuhn sein Einzelunternehmen Pickleball Corner – zu einem Zeitpunkt, als der Sport hierzulande noch weitgehend unbekannt war. «Rund 100 Leute spielten ihn», erinnert sich Kuhn.
Der Effretiker eröffnet den ersten Pickleball-Onlineshop der Schweiz und bietet sämtliches Zubehör an. Bereits in den USA absolvierte er zudem eine Trainerausbildung, um den Sport auch fachlich fundiert zu vermitteln.
Nach seiner Rückkehr in die Region will Kuhn seine Begeisterung weitertragen. Der 32-Jährige beginnt unermüdlich, Racketzentren und Schulen zu kontaktieren – also Tennis-, Badminton- und Squashanlagen. Er organisiert Schnuppertrainings, beteiligt sich an Pop-up-Events. Seit Februar ist Kuhn mit einem lokalen Partner nun sogar Mitbetreiber einer Pickleball-Halle in Basel. Sie soll nur ein Anfang sein. Er hofft, in Zukunft weitere Hallen eröffnen zu können.
Das zweite berufliche Standbein
Dass Kuhn heute fast vollständig auf die Karte Pickleball setzen kann, verdankt er auch seinem zweiten beruflichen Standbein. Schon seit einigen Jahren betreibt er eine Online-Nachhilfeplattform für die Wirtschaftsstudierenden der ZHAW, auf der er Erklärvideos und Aufgaben anbietet. Zahlreiche Absolventinnen und Absolventen nutzen dieses Angebot jährlich, wobei ein Zugang auch nur für ein Semester gekauft werden kann.
Kuhn sagt offen: «In der Privatwirtschaft könnte ich mit meinem Masterabschluss natürlich mehr verdienen.» Dass er den grössten Teil seiner Zeit dennoch in Pickleball steckt, hat weniger mit Kalkül als mit Überzeugung zu tun. «Die Nachfrage wächst spürbar», bekräftigt er.
Tatsächlich ist einiges passiert. Inzwischen kann der Sport schweizweit an über 50 Orten gespielt werden – darunter auch in Uster, Dübendorf und Wetzikon.
Für Kuhn steht fest: Pickleball wird bleiben. «Da findet jeder etwas für sich», sagt er. Seinen festen Platz wird der Sport künftig in den Racketzentren haben – zwischen Tennisnetzen, Squashwänden und Badmintonfeldern. Davon ist der Pionier überzeugt.
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