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Sie will noch lange spielen

Diese Wetzikerin ist ein Tischtennis-Evergreen

Für Elmira Antonyan ist nach dem Gewinn des EM-Titels in der Altersklasse Ü70 noch lange nicht Schluss.

In ihrer Wohnung steht ein Tischtennistisch: Elmira Antonyan will auch mit 70 noch besser werden.

Foto: Werner Reimann

Diese Wetzikerin ist ein Tischtennis-Evergreen

Für Elmira Antonyan ist nach dem Gewinn des EM-Titels in der Altersklasse Ü70 noch lange nicht Schluss.

In einem Alter, in dem andere Sportlerinnen schon lange zum Rosenzüchten übergegangen sind oder sich einen Hund zum Spazieren angeschafft haben, mischt die 70-jährige Wetziker Tischtennisspielerin Elmira Antonyan noch immer an der internationalen Spitze mit. «Wenn ich etwas mache, dann will ich mein Bestes geben», sagt sie. «Ich habe den Ehrgeiz weiterhin im Blut.»

Begonnen hat alles mit 9½ Jahren im armenischen Jeriwan – beim Klavierlehrer. Denn da stand auch ein Tischtennistisch. Und wenn Klein Elmira noch auf ihre Klavierstunde warten musste, spielte sie halt mit anderen Wartenden ein wenig Tischtennis.

Bald darauf stand dann auch vor dem elterlichen Haus ein Spieltisch, wo sich oft das ganze Quartier bis Mitternacht traf. Als Elmira Antonyans Vater merkte, dass seine Tochter Freude an diesem Sport bekommen hatte, nahm er sie mit in den Klub, wo er selbst schon Mitglied war. Nach sechs Monaten gewann sie ihr erstes klubinternes Turnier und bekam als Preis eine Tafel Schokolade.

Schnell stieg nun Elmira Antonyan in der Hierarchie der grossen Sowjetunion auf, zu der Armenien damals noch gehörte. Nach rund drei Jahren nahm sie erstmals an einer Juniorinnen-EM teil und wurde auf Anhieb Dritte im Einzel. Im folgenden Jahr (1969) liess sie sich gar als Europameisterin feiern. Zweifellos war sie ein grosses Talent. «Aber Talent allein reicht nicht. Es braucht dazu auch den Willen», hat sie an sich selbst erlebt.

WM-Medaillen und EM-Titel

Von 1970 bis 1977 war sie Mitglied des sowjetischen Elite-Nationalteams und trainierte täglich 2½ Stunden, in Trainingslagern sogar das Doppelte. Als ihr grösster Erfolg schaute dabei 1975 an der WM in Kalkutta je eine Silbermedaille im Mixed und eine bronzene im Doppel heraus. Diese Erfolge stuft sie höher ein als die beiden EM-Titel im Teamwettkampf 1974 und 1976, weil da eben auch die stärksten Vertreterinnen aus Asien mit dabei waren.

Im Jahr nach ihrer zweiten erfolgreichen EM bestritt sie ungeahnt ihren letzten Wettkampf mit dem Nationalteam. Sie war im vierten Monat schwanger und wurde später als Mutter schlicht nicht mehr aufgeboten, obwohl sie sich weiterhin topfit fühlte und gerne weitergemacht hätte. Auf Klubebene spielte sie aber weiter und wirkte zudem als Trainerin.

Dann der nächste Schicksalsschlag: Kurz nachdem sich das sozialistische Sowjetreich aufzulösen begonnen hatte, verstarb 1991 Elmira Antonyans Ehemann mit erst 42 Jahren, und sie stand plötzlich mit ihren zwei Kindern allein da. Gut, hatte sie sich in ihrem Sport ein internationales Beziehungsnetz aufgebaut. So landete sie im Südtirol und arbeitete dort gleichzeitig als Trainerin und spielte in der obersten Landes-Liga mit.

Die Liebe machts …

Elf Jahre darauf nahm ihr Leben erneut eine Wende. Bei den Senioren-Weltmeisterschaften in Luzern begegnete sie 2002 dem Wetziker Arthur Brunner, der im OK mitwirkte. Die beiden wurden ein Paar, und der armenische Tischtennis-Evergreen zog nach Wetzikon um. Natürlich setzte sie auch hier ihre sportliche Karriere fort. Erst bei den Young Stars Zürich in der Nationalliga A, dann zwischenzeitlich in Uster, wo sie mithalf, den Klub in die höchste Spielklasse zu bringen.

Eine Frau hält zwei Medaillen hoch.
Elmira Antonyan zeigt ihre beiden neusten Medaillen.

Heute trägt der «Elderly Star» wieder die Farben der Zürcher Young Stars und ist daneben auch dem TTC Wetzikon treu geblieben. Doch wer meint, sie lehne sich jetzt locker zurück und gehe bloss noch spielen, der täuscht sich. Sie trainiert immer noch, gelegentlich auch daheim, wo in einem grossen Zimmer ein Tischtennistisch steht. Hier kann sie in Ruhe Aufschläge üben.

«Ich lerne immer noch hinzu», kommentiert sie. «Das Spiel ist schneller geworden, ein guter Aufschlag wird immer wichtiger.» Oft schaut sie sich deshalb auf Youtube entsprechende Szenen an, besonders von chinesischen Athleten, die in dieser Sache führend sind.

Weiter in der Erfolgsspur

Dass sich der Aufwand lohnt, hat Emira Antonyan erst kürzlich wieder erlebt: An der Senioren-EM im serbischen Novi Sad hat sie in der Klasse Ü70 nebst einer Bronzemedaille im Doppel den Titel im Einzel wie schon einmal 2022 in ihrer damaligen Altersklasse geholt. Bei ihrem immer noch spürbaren Ehrgeiz kann es nicht überraschen, dass damit nicht fertig sein kann. «Ich möchte weiterspielen, so lange ich gehen und stehen kann», gesteht die stolze Europameisterin.

Im nächsten Jahr stehen in Südkorea die Senioren-Weltmeisterschaften an. Und in zwei Jahren möchte sie natürlich ihren aktuellen EM-Titel verteidigen. Für künftige Herausforderungen ist also gesorgt. Und sie hat ja schliesslich auch schon an einem internationalen Turnier einen 100-jährigen Russen erlebt, der zusammen mit seiner Enkelin auftrat …


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