Wie der EHC Dübendorf sich neun Jahre in der Nationalliga B hielt
Oberländer Sportmomente (7)
Trotz Löchern in der Kasse und Knatsch im Klub: Die NLB-Jahre des EHC Dübendorf waren denkwürdig – nicht zuletzt auch, weil die Glattaler einige bemerkenswerte Spieler hervorbrachten.
Bald 41 Jahre ist es her – und aus heutiger Optik wirkt es unvorstellbar: der EHC Dübendorf an der Schwelle zur Nationalliga A. Im Winter 1983/1984 sind die Glattaler tatsächlich ein Aufstiegskandidat. Und zwar ein ziemlich ernsthafter. Das Team zieht als Sieger der NLB-Ostgruppe in die Finalrunde ein. Doch dort hält der Dübendorfer Höhenflug nicht an.
Drei Runden lang bleiben die Dübendorfer in der Aufstiegspoule ungeschlagen und quasi auf Aufstiegskurs. Dann kommt Ambri in den Chreis, wo 4000 Zuschauer eine 4:7-Niederlage sehen. Die «Neue Zürcher Zeitung» schreibt danach, die Niederlage sei «gewiss kein Unglück» und könne eine positive Wirkung haben. «Die Euphorie ist nun gedämpft, der Mannschaft sind ihre Mängel und ihre Grenzen vor Augen geführt worden.»
Der spätere Aufsteiger EHC Chur zieht in der Tabelle an den Glattalern vorbei, die Dübendorfer selber beenden die Finalrunde auf dem zweiten Rang mit sechs Punkten Rückstand (ein Sieg war damals noch zwei Punkte wert). Hinter sich liessen sie unter anderem Ambri und den SC Bern.
Neun Jahre, zehn Trainer, drei Präsidenten
Es war die beste Saison der Vereinsgeschichte – und der einsame sportliche Höhepunkt der Dübendorfer NLB-Jahre. Die wiederum sind ein einmaliges Highlight der Vereinsgeschichte. Neun Jahre lang hielt sich der EHCD in der zweithöchsten nationalen Liga auf. Aus heutiger Optik liegt der Schluss nahe, dass die Dübendorfer damals schon auf Kontinuität setzten und die NLB-Jahre auf einem gezielten Aufbau beruhten. 
Doch wer das denkt, der irrt. 
Der EHCD war lange alles andere als ein Verein, der personelle Wechsel und Unruhen nur vom Hörensagen kennt. In den neun Jahren in der zweithöchsten Liga nahmen zehn verschiedene Personen den Trainerposten ein, manche davon mehrfach, manche auch nur für ganz wenige Spiele. Präsidenten waren es während derselben Zeitspanne übrigens lediglich drei – doch die standen allesamt nicht selten in der Kritik, mussten bisweilen wilde Generalversammlungen leiten und Sparprogramme durchziehen.
Mit Kontinuität hatte der Aufstieg in die NLB aber dann doch irgendwie zu tun. «Der EHC Dübendorf beginnt langfristig zu denken», steht in einer 1999 erschienenen Chronik des Klubs als Titel über den Abschnitten zur Saison 1976/1977. Mit Kurt Peter hatte man da erstmals überhaupt einen Trainer gleich für drei Saisons verpflichtet – und das sollte sich lohnen.

Auf Anhieb erreichte der EHCD 1977 erstmals die Aufstiegsspiele zur NLB, scheiterte aber noch an Rapperswil-Jona. Eine Saison später gelang dann der Coup: Im ersten Finalspiel gegen GC siegte der EHCD nach einem 0:4-Rückstand nach einer halben Stunde noch 7:4, das zweite gewann er vor heimischem Publikum im noch offenen Chreis (die Halle wurde erst 1982 gebaut) 5:4 – das Abenteuer NLB wurde Tatsache.
Eine Saison kostete bis zu einer Million
Es war ein Abenteuer, das einige denkwürdige Spiele, viele Anekdoten und vor allem das eine oder andere finanzielle Debakel hinterliess. Die Klubchronisten schreiben nach der Debütsaison vom erfreulichen neunten Tabellenrang und einem «gar nicht erfreulichen» Loch von 150’000 Franken in der Klubkasse. 1982 veröffentlichte der «Sport», wie es um die Finanzen der NLB-Klubs steht. Der EHCD ist mit 200’000 Franken Schulden bei einem Budget von etwas über 800’000 Franken vertreten – und damit weder bei den Musterknaben noch bei den schwarzen Schafen der Liga.
Die Verluste waren zwar längst nicht in jeder Saison derart hoch, zweimal schaffte man es gar, einen kleinen Gewinn zu schreiben und dennoch in der Liga zu verbleiben. Doch es gab eben auch zwei Saisons, in denen der Verlust je rund 200’000 Franken betrug. Und die Jahresrechnungen wurden immer höher. In der Aufstiegssaison 1977/1978 waren es noch keine 200’000 Franken, in der Saison 1983/1984 mit dem 2. Rang in der Aufstiegspoule stiegen die Kosten auf knapp eine Million Franken an.
Kostentreiber unter anderem: die Spielerlöhne – vor allem, seit ab der Saison 1980/1981 ein zweiter Ausländer eingesetzt werden durfte. Die NZZ fand, der Verband habe damit den Klubs «ein Kuckucksei ins Nest gelegt» – und der EHCD probierte zu erreichen, dass wieder nur ein Ausländer erlaubt ist. Vergeblich, wie sich später herausstellen sollte. Die Mehrheit der Klubs sprach sich für zwei Ausländer aus.
Der Möchtegern-Gretzky
Der EHCD spielte das Spiel mit – und das durchaus erfolgreich. Den Dübendorfern gelangen Transfers, die für Furore sorgten und sogar eine historische Komponente hatten: Als der ZSC 1985 den Kanadier Rob Plumb vom EHCD verpflichtete, war es das erste Mal, dass sich ein NLA-Klub bei der Ausländersuche in der NLB bediente. Vier Saisons lang hatte der Kanadier in Dübendorf gespielt, als EHCD-Spieler mit dem Team Canada den Spengler Cup gewonnen – und er kam in 155 Partien für Dübendorf auf den Schnitt von 2,16 Skorerpunkten pro Partie.
Besser war nur noch einer – sein Sturmpartner und guter Freund Kelly Glowa. Der spielte zwar nur zwei Saisons im EHCD, kam dabei aber auf 2,90 Punkte pro Spiel. Der «Sport» bezeichnete ihn 1983 als den «jüngsten, kleinsten und leichtesten» Söldner in der Schweiz. 19 war er da, 1,72 Meter gross – und er erlaubte sich etwas, das in den Augen vieler an Gotteslästerung grenzte: Glowa spielte in Dübendorf mit der Rückennummer 99, der Nummer von Wayne Gretzky. In die NHL schaffte es Glowa nie – aber Dübendorf war für ihn ein Sprungbrett in die NLA. Bei Sierre, Martigny und Langnau avancierte er zum besten Skorer der Nationalliga.
Die Kehrseite der Talentschmiede
Bekannt war der EHCD in der NLB-Zeit aber nicht in erster Linie für seine Ausländer, sondern für die Nachwuchsarbeit. Christian Weber, Andreas «Zesi» Zehnder, Adrian «Wegge» Hotz sind nur einige wenige Namen, die den Weg von Dübendorf aus ins Profigeschäft gefunden haben – oft via ZSC, auch wenn die beiden Klubs zu dieser Zeit noch längst nicht wie heute zusammenarbeiteten, sondern Derby-Rivalen waren.
Kehrseite der Medaille war, dass der EHCD seine besten Spieler regelmässig an die Konkurrenz verlor. Mit der Kontinuität wurde es so schwierig – der Klub operierte mit vergleichsweise kleinem Budget und junger Mannschaft. Er produzierte so zwar Profis – fand sich aber selber bald in der Amateurliga wieder. Drei Punkte fehlten in der Abstiegssaison 1986/1987 am Ende zum Ligaerhalt.
Oberländer Sportmomente
Denkwürdiges, Erheiterndes und Historisches aus dem Oberländer Sportgeschehen: In loser Reihenfolge blicken wir zurück auf besondere Sportmomente. Bisher erschienen:
(1) Der grösste Triumph: Wie die Silberpfeile Sauber-Geschichte schrieben
(2) Oliver Zaugg: Wie der Edelhelfer aus Pfäffikon die Radwelt verblüffte
(3) Sensation im Cup: Wie der EHC Dübendorf den Schweizer Meister übertölpelte
(4) Der einzige Meistertitel: Wie die Frauen des FC Schwerzenbach ihren grossen Coup landeten
(5) Die Radquer-WM in Wetzikon: Als ausgerechnet an der Heim-WM die Titelserie von Albert Zweifel endete
(6) Das Schoch-Duell: Wie zwei Tösstaler Brüder Olympia-Gold unter sich ausmachten
