Deshalb zog es diesen Spitzenlangläufer in die Region
Neo-Gossauer
Cyril Fähndrich, der aufsteigende Schweizer Langlauf-Profi, ist von der «Langlauf-Metropole» Davos nach Gossau im Zürcher Oberland gezogen – aus ganz spezifischem Grund.
Der Name Fähndrich lässt die Herzen der Anhänger des Langlaufs in der Schweiz höherschlagen. Die erste Assoziation: Nadine Fähndrich. Sie ist seit Jahren Leaderin im Schweizer Frauen-Langlauf. Siege, Podestplätze, eine WM-Medaille und weitere herausragende Ergebnisse zieren ihr Palmarès.
Doch hier geht es um ihren fast vier Jahre jüngeren Bruder Cyril. Er, der 25-Jährige, ist nach Abschluss der vergangenen Saison von der Schweizer Langlauf-Destination Davos nach Gossau gezogen. Der Grund: die Liebe.
Bei der Freundin Fähndrichs handelt es sich um einen bei den Nordischen bekannten Namen: Stalder, Selina Stalder. Sie ist die Schwester der beiden Biathlon-Brüder Sebastian und Gion Stalder aus Wald. Auch die 23-Jährige profilierte sich einst im Biathlon. Mittlerweile aber hegt sie keine derartigen Ambitionen mehr. Vielmehr arbeitet sie als Geomatikerin in Wetzikon.
Und weil sie plante, von zu Hause auszuziehen und Cyril Fähndrich die Langlauf-WG in Davos verlassen wollte, entschied sich das Paar zum Zusammenziehen – nicht in Davos, sondern in Gossau. Bereits vergangenen April, also Ende der letzten Saison, vollzogen die beiden diesen Schritt.
Diverse Erkundungsfahrten
Gossau statt Davos – ist dieser Umzug nicht mit einem Qualitätsverlust bezüglich Trainingsmöglichkeiten, Schnee und Infrastruktur verbunden? Cyril Fähndrich lacht und sagt: «Für mich spielt der Wohnort bezogen auf den Langlauf in der Nebensaison nicht die vorrangige Entscheidungsgrundlage.» Aufgrund der kurzen Distanz an den Arbeitsort von Selina Stalder überwiegen die Vorteile von Gossau.
Dennoch hat sich Fähndrich einleben müssen. «Ich hatte geeignete Runden zu finden für das Rollski-Training», streicht er eine Hauptanforderung heraus. Vor allem nach Nebenstrassen hielt er Ausschau – Nebenstrassen mit wenig Verkehr und den topografischen Wünschen, Flachpartien und Anstiegen mit verschiedenen Steigungsprozenten, nicht zuletzt für die bedeutenden Intervall-Einheiten.
Fähndrich kostete dieses Suchen und Finden Zeit und Initiative. Aber sie hat sich bezahlt gemacht. «Ich habe tolle Strecken gefunden», sagt er. Und eine wichtige Erfahrung streicht er hervor: die Selbstverantwortung. Fähndrich sagt: «Früher konnte ich mich auf die Eltern, die Trainer und Trainingskollegen des Nationalteams verlassen, jetzt muss ich selber agieren.»
Sich auf die Saison vorbereitet hat Cyril Fähndrich vorwiegend für sich – in den Perioden ausserhalb der Trainingslager und den Kaderzusammenzügen. Er sagt: «Ich habe gut trainiert und fühle mich bereit.» Und gestiegen sind die Ansprüche. Orientierung liefert ihm vor allem die letzte Saison. Da deutete er an, was in ihm steckt. Der dritte Rang im 15-km-Klassisch-Massenstart-Distanz-Rennen der Tour de Ski im Val di Fiemme (dem WM-Standort des kommenden Winters) ragt heraus.
Die Schwester als Trainingspartnerin
Vor diesem Hintergrund ist seine Absicht klar: «In diesem Jahr strebe ich einen weiteren Schritt in Richtung Weltspitze an.» Heisst ausformuliert: «An der WM in Trondheim peile ich die Top Ten in den Einzelrennen an.» Fähndrich weiss, dass es sich dabei um ein ambitiöses Ziel handelt. Gleichzeitig ist er sich auch bewusst, dass «an der Spitze alles sehr eng ist, dass dann auch noch bessere Klassierungen in Reichweite sind».
Spannend in diesem Kontext ist das Gefüge, in dem sich Cyril Fähndrich nach vorne orientiert. Seit der letzten Saison hat er sich dem früheren Nationalcoach Ivan Hudac angeschlossen, mit dem seine Schwester schon seit Jahren zusammenarbeitet und erfolgreich ist. Neu ist nun, dass diese Gruppe von Swiss Ski ausgegliedert ist und für sich trainiert und plant. «Für mich stimmt dieses Setting», sagt Fähndrich. Die Konsequenz, dass das Projekt – vor allem über Sponsoren – selbst finanziert werden muss, nehmen die Fähndrichs in Kauf.
Und was sind die Erkenntnisse des vergangenen Winters und der Zusammenarbeit mit Hudac und seiner Schwester? Cyril Fähndrich schmunzelt: «Wir sind zwar Geschwister, aber identisch ticken wir nicht als Sportler.» Ein Unterschied ist Nadine Fähndrichs Vorliebe für die Sprints. Seine Präferenz aber sind die Distanzrennen. Und auch festgestellt haben sie zusammen mit Trainer Hudac, dass sie unterschiedlich zu steuern sind. Sie steckt hohe Belastungen viel rascher weg als er. Aber, so Cyril Fähndrich: «Dank unserer Kleingruppe stellt dies kein Problem dar, wir alle sind und bleiben flexibel.»