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Erfolgreich geworden, weil er einem Ratschlag nicht folgte

Vor 50 Jahren gründete Erwin Brändli sein eigenes Gartenbaugeschäft. Dazu kam es, weil er als Jugendlicher seinem Herzen und nicht den Ratschlägen aus seinem Umfeld folgte. Eine Erfolgsgeschichte aus dem Zürcher Oberland.

Die Firma Brändli Gartenbau AG in Auslikon blickt auf eine 50-jährige Erfolgsgeschichte zurück., Erwin Brändli und sein Nachfolger Nick Egli.

René Kappeler

Erfolgreich geworden, weil er einem Ratschlag nicht folgte

«Als ich mich als Jugendlicher entschloss, eine Gärtnerlehre zu absolvieren, stiess das in meinem Umfeld auf Unverständnis. Als Gärtner wirst du keine Familie durchbringen, sagte man mir.» Doch Erwin Brändli hörte nicht auf die Ratschläge aus seinem Umfeld, sondern auf sein Herz. Und das schlug und schlägt immer noch für den Gärtnerberuf.
Heute, mehr als ein halbes Jahrhundert später, zeigt es sich, sein Entscheid damals war richtig. Dieses Jahr kann er das 50-Jahr-Jubiläum seiner eigenen Firma feiern, der Brändli Gartenbau AG in Auslikon.

Mit 22 an die Gartenbauschule

Nach seinem Entschluss, als Jugendlicher eine Gärtnerlehre zu absolvieren, begann er mit dieser bei der Gärtnerei Weber in Wetzikon. Danach arbeitete er zwei Jahre in Zollikon bei einer Gartenbaufirma. «Nach dieser Zeit in Zollikon, mit 22 Jahren, konnte ich ein Jahr lang in Koppigen die Gartenbauschule Oeschberg besuchen. Normalerweise konnte man die damals erst ab 24 Jahren absolvieren», sagt Brändli. Weil aber in diesem Jahr die Klasse nicht ausgebucht war, wurde bei ihm eine Ausnahme gemacht.
Es folgte ein Volontariat bei der Gartenbaufirma Richard & Stern in Zürich. Der eine Teilhaber war Gartenarchitekt, der andere Gartenbauer. «Das war für mich eine interessante und wegweisende Zeit. Unter anderem durfte ich an spannenden Gestaltungswettbewerben mitmachen.

Überraschung in Altstetten

«Eines Tages, ich komme um 7 Uhr ins Büro, wartet Seniorchef Richard auf mich. Er bittet mich, mit ihm nach Altstätten zu fahren. Ich war natürlich gespannt, warum.» Der Volontär und sein Seniorchef fahren zur Gartenbaufirma Steiner. «Der Herr Steiner erlitt einen Herzinfarkt. Mein Seniorchef führte mich ins Magazin, wo rund zwölf Gärtner standen, vorwiegend Italiener. Ab jetzt, sagte mein Chef, übernimmst du den Laden. Damals war ich 24.»
Ein Jahr später bestand er mit Erfolg die Meisterprüfung. Patron Steiner erholte sich nicht mehr von seinem Herzinfarkt, und Erwin Brändli hätte die Firma übernehmen können. Er schlug aus. «Wissen sie», sagt Brändli, «ich wollte keinen Betrieb in der Stadt. Mich zog es aufs Land.»

Mitarbeitersuche in Neapel

So kam es, dass Erwin Brändli am heutigen Standort zwischen Wetzikon und Oberbalm 1968 in einer Garage seines Elternhauses den Grundstein zu seiner Firma legte. «Stellen sie sich vor», sagt Brändli mit einem Schmunzeln, «damals fuhr ich mit meinem Opel Kapitän von Auslikon nach Neapel auf die Suche nach geeigneten Mitarbeitern. Mit dabei hatte ich zwei Saisonbewilligungen.»
Er stellte in Neapel zwei junge Italiener ein, die ihm von in der Schweiz lebenden Italienern empfohlen worden waren. Schnell ging es aufwärts mit der jungen Firma. 1972 erfolgten erste Erweiterungsbauten. Die Gartenbaufirma beschäftigte 25 bis 30 Leute. «Und heute haben wir eine sensationelle Kundschaft. Neben Generalunternehmen gehören 280 Privatkunden zu unserem treuen Kundenstamm.»

Geplatzter Verkauf

In den letzten zehn Jahren begann die Suche nach einem Nachfolger. Erwin Brändli hat Jahrgang 1943, seine 75 Jahre sieht man ihm übrigens nicht an. Doch jetzt ist für ihn die Zeit gekommen, ins zweite Glied zurückzutreten. Die Suche nach einem Nachfolger gestaltete sich nicht einfach, und Brändli musste diesbezüglich auch Rückschläge hinnehmen. «Glauben sie mir, es wäre einfacher gewesen, die Firma zu verkaufen.» Ein solcher Verkauf war bis zur Vertragsunterzeichnung fortgeschritten.
Kurz vor der Unterzeichnung wollten die Käufer aber einen Paragrafen im Vertrag gestrichen haben. Brändli hielt darin fest, dass alle Mitarbeitenden übernommen werden müssen und bis zwei Jahre nach dem Kauf niemand entlassen werden durfte. «Das passte der Käuferschaft nicht. Sie wollten nur Mitarbeitende bis 30 Jahre und die Lehrlinge weiterbeschäftigen. Das konnte ich nicht akzeptieren und sistierte den Verkauf.»

Nachfolge auf gutem Weg

Jetzt kommt Nick Egli ins Spiel. Er begann 1996 eine Lehre als Gärtner bei Erwin Brändli und arbeitete nach der Lehre weiter in der Firma. Schon bald war Erwin Brändli klar, dass er Nick Egli als Nachfolger heranziehen will. Die Suche nach einem geeigneten Kompagnon, der in das Team der beiden und den Betrieb passt, ist auf gutem Weg. «Ab nächstem Jahr werde ich mich ins zweite Glied zurückziehen», so Brändli, «das heisst, für Gartenbauprojekte stehe ich als Berater zur Verfügung und bin weiterhin Anlaufstelle für die Privatkunden. Ich liebe halt meinen Beruf über alles.» Man spürt diese Begeisterung und Liebe, wenn man Erwin Brändli zuhört. «Ich hatte und habe den Wunsch, dass mein Nachfolger vier grundlegende Sachen mitbringen muss: Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, gutes Fachwissen und einen guten Charakter. Ich kann nur sagen, Nick Egli erfüllt alle vier Kriterien. Das macht mich glücklich und zuversichtlich.»
Erwin Brändli kann auf eine erfolgreiche Zeit zurückblicken, und dies nur deshalb, weil er als Jugendlicher nicht den Ratschlägen aus seinem Umfeld folgte, sondern seinem Herzen.

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