Politik

Linke für Ferien, Bürgerliche dagegen

Städtische Angestellte bekommen in Dübendorf keine zusätzliche Ferienwoche

Stadtrat und Parlament konnten sich am Montag nicht darauf einigen, wie man die Stadt als attraktive Arbeitgeberin positioniert und die Mitarbeiter glücklich macht.

Städtische Angestellte versammelten sich im Mai 2023 für eine Protestaktion vor dem Dübendorfer Stadthaus. (Archiv)

Foto: Thomas Bacher

Städtische Angestellte bekommen in Dübendorf keine zusätzliche Ferienwoche

Stadtrat und Parlament konnten sich am Montag nicht darauf einigen, wie man die Stadt als attraktive Arbeitgeberin positioniert und die Mitarbeiter glücklich macht.

Es begann am 24. Mai 2023: An diesem Tag versammelten sich rund 60 städtische Angestellte vor dem Dübendorfer Stadthaus, um dem Stadtrat eine Petition mit 150 Unterschriften zu überreichen. Damit forderten sie einen automatischen Teuerungsausgleich, eine bessere interne Kommunikation, klare Strukturen und die Bildung einer Personalkommission.

Nachdem mittlerweile diverse Verbesserungen umgesetzt worden waren, folgte am Montag im Parlament der eigentliche Showdown auf politischer Ebene: die Revision der Anstellungs- und Besoldungsverordnung der Stadt Dübendorf – kurz: ABVO.

Diese sollte neu eng an das kantonale Personalgesetz angelehnt werden, wogegen im Saal niemand opponierte. Umstritten war hingegen die zusätzliche Ferienwoche für die Angestellten, die der Stadtrat beantragte: sechs Wochen für alle und ab dem 60. Altersjahr sieben Wochen.

Im Gegenzug wollte der Stadtrat die Dienstaltersgeschenke in Form von Urlaub reduzieren, und zwar um etwa ein Drittel auf das Niveau des Kantons.

«Absolut unangemessen»

Von Anfang an war klar, dass es der Stadtrat nicht leicht haben würde gegen die Mehrheit der Geschäfts- und Rechnungsprüfungskommission (GRPK). Stadtpräsident André Ingold (SVP) versuchte es trotzdem. Das Personal sei das wichtigste Gut einer Firma oder einer Verwaltung: «Und diese Angestellten sind mit mehr Ferien ausgeruhter, motivierter und produktiver», sagte er.

Diese Form der Wertschätzung erhöhe nicht nur die Loyalität und Identifikation mit der Stadt Dübendorf, sondern wirke sich auch positiv auf die mit hohen Mehrkosten verbundene Fluktuation aus. Für die Stadt als Arbeitgeberin seien die Massnahmen ein klarer Wettbewerbsvorteil.

Weiter kritisierte Ingold, dass die GRPK 15 Monate für die Behandlung des Geschäfts gebraucht hatte. «Das ist absolut unangemessen und hat unter den Mitarbeitenden zu grossem Unverständnis und zu Unsicherheit geführt.»

Väterlicher Julian Croci

Applaus für mehr Ferien gab es von links. Leandra Columberg (SP) hielt fest, dass die Stadt Dübendorf trotz den umgesetzten Massnahmen noch keineswegs als «grandiose Arbeitgeberin» gelte und deshalb weitere Verbesserungen nötig seien. Julian Croci (Grüne) meinte väterlich: «Wir können verstehen, dass sechs Wochen Ferien den Bürgerlichen auf den ersten Blick etwas Angst machen.»

Eine grössere Gruppe von Menschen in Arbeitskleidung steht vor einem Gebäude.
Übergabe der Petition für einen vollen Teuerungsausgleich im Mai 2023 vor dem Stadthaus. (Archiv)

Christian Gross (SP) bezeichnete die Dübendorfer Regelung der Dienstaltersgeschenke als grosszügig, doch das sei kein Ersatz für eine zusätzliche Woche Ferien – denn Dienstaltersgeschenke bekomme man erst nach zehn Jahren. «Sehr viele Mitarbeitende, die heute eine Stelle anfangen, wissen überhaupt nicht, was in zehn Jahren ist.»

Angriff auf die Privatwirtschaft?

Die übrigen Fraktionen wollten den Ferienanspruch auf das Niveau des Kantons anpassen, was knapp der Hälfte der stadträtlichen Erhöhung entspricht. Also 27 Tage bis zum 20. Lebensjahr, danach fünf Wochen, mit 50 gibt es wieder 27 Tage, und ab dem 60. Altersjahr sind es dann 32 Tage.

In Sachen Dienstaltersgeschenk votierten sie hingegen für einen Ausbau; neu sollte auch die Lehrzeit angerechnet werden. Insgesamt, so war wiederholt zu hören, würden die Mitarbeiter damit nicht viel schlechter fahren als mit der Regelung des Stadtrats.

Rico Eberle (GLP/GEU) mahnte, dass eine zusätzliche Woche Ferien in den Abteilungen zu grösseren Engpässen und damit zu einer noch höheren Belastung führen könnte, was eine Negativspirale zur Folge haben könne.

Mehrere Personen mit Plakaten sind im Lichthof eines Gebäudes versammelt.
Im September 2023 doppelten die städtischen Angestellten mit einer Protestaktion vor der Sitzung des Gemeinderats im Leepünt-Saal nach. (Archiv)

Lukas Schanz (SVP) wiederum stellte eine zusätzliche Ferienwoche als «direkten Angriff auf die Privatwirtschaft» dar. Auch seien die vermeintlichen Vorteile der Regelung lediglich Behauptungen des Stadtrats. Belohnt werden müssten loyale, langjährige Mitarbeiter – und nicht «Job-Hopper», die ständig die Stelle wechselten.

Falsche Hoffnungen

Es brauche mehr als eine zeitgemässe Anstellungs- und Besoldungsverordnung, sagte Patrick Schärli (Die Mitte/EVP): «Wahre Zufriedenheit entsteht durch eine gute Unternehmenskultur und ein gutes Arbeitsumfeld.»

Roger Gallati (FDP) schliesslich konterte Ingolds anfängliche Kritik: Das Geschäft sei von der GRPK keineswegs verschleppt worden, vielmehr sei die Bearbeitung sehr intensiv und komplex gewesen. Im Gegenzug kritisierte Gallati den Stadtrat dafür, dass dieser an der Ferienregelung festgehalten und damit den Mitarbeitenden falsche Versprechungen gemacht habe, «obwohl klar war, dass eine Mehrheit der Fraktionen dagegen ist».

Am Ende unterlagen die linken Fraktionen erwartungsgemäss deutlich: Die zusätzliche Ferienwoche wurde aus der Verordnung gestrichen, die leicht aufgebesserten Dienstaltersgeschenke blieben drin.

Graffiti-Ärger, Abrechnungen und viele Fragen

Der Gemeinderat behandelte an seiner Sitzung vom Montag folgende Geschäfte:

In einer Fraktionserklärung spurte SP-Mann Roland Wüest schon mal für die Budgetsitzung im Dezember vor. Er kritisierte die vom Stadtrat beantragte Steuersenkung und mahnte an, anstelle von Steuergeschenken für wenige lieber in die Infrastruktur für alle zu investieren.

Die revidierte Anstellungs- und Besoldungsverordnung der Stadt Dübendorf wurde vom Parlament einstimmig bewilligt. Die Geschäfts- und Rechnungsprüfungskommission hatte – erfolgreich – fünf Änderungsanträge eingebracht.

Die Kreditabrechnung für den Doppelkindergarten Stettbach Mitte wurde einstimmig gutgeheissen, ebenso wie die Abrechnung über den Projektierungskredit für den Neubau des Birchlen-Schulhauses.

Der Kredit von jährlich 80'000 Franken für die Entfernung von Graffitis und Tags wurde nicht, wie vom Stadtrat beantragt, unbefristet gesprochen. Der Gemeinderat bewilligte das Geld lediglich für 2026 – zusammen mit dem Auftrag, der Stadtrat solle eine gesamtheitliche Lösung für das Problem vorlegen.

Die zurückgetretenen Gemeinderäte Paul Steiner (SVP), Bruno Eggenberger (Die Mitte/EVP) und Reto Heeb (Die Mitte/EVP) wurden verabschiedet.

Aufgrund der Rücktritte fanden mehrere Wahlen in Kommissionen statt. Tanja Boesch (Die Mitte/EVP) ist neu Präsidentin der Geschäfts- und Rechnungsprüfungskommission (GRPK), als Mitglied der GRPK wurde Sarah Steiner (SVP) gewählt. Und Patrick Schärli (Die Mitte/EVP) sitzt neu in der Kommission für Schulgeschäfte (KSG).

Im Rahmen der Fragestunde wurden 13 Fragen aus dem Parlament beantwortet. (red)

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