Pläne liegen bereit: Warum die Entwicklung von Uster viel Zeit braucht
Ein Papierberg mit Folgen
Viel diskutiert, geplant und beschlossen: Und trotzdem ist der Richtplan in Uster, der die Entwicklung der Stadt massgebend beeinflusst, noch nicht festgesetzt. Woran liegt es?
Uster wächst und soll auch wachsen. Bis 2035 dürften in der Stadt gut 42’000 Menschen leben und 21’000 Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Das Stadtbild wird sich in den kommenden Jahren gezwungenermassen verändern.
Doch wie stellt man dabei sicher, dass es weiterhin genügend Erholungsräume gibt? Wo in der Stadt soll überhaupt verdichtet gebaut werden? Und wer entscheidet, ob nun die Auto- oder eben doch die Velofahrer mehr Platz erhalten? Nicht zu vergessen all die Schulen und Sportanlagen, die mit dem Wachstum der Bevölkerung Schritt halten müssen.
Ein veralteter Plan
Fragen rund um die künftige Entwicklung des Stadtgebiets beantwortet die Politik unter anderem im Richtplan. Dabei werden die wichtigsten Aspekte zu den Themenfeldern Siedlung, Landschaft, Mobilität, öffentliche Bauten und Anlagen definiert. Der Richtplan orientiert sich dabei an einem Zeithorizont von 20 Jahren.
Der aktuelle Richtplan in Uster stammt jedoch aus dem Jahr 1986. In den letzten 39 Jahren veränderte sich die Stadt teilweise stark, weshalb sich die Politiker in der drittgrössten Stadt im Kanton zurzeit intensiv mit dem Überarbeiten des Richtplans befassen.
So konkret ist der Plan schon
Der Weg bis zum fertigen Richtplan ist lang, wie sich in Uster zeigt. Die Vorarbeit begann schon 2016 mit dem Ausarbeiten des Stadtentwicklungskonzepts (Stek). Der Stadtrat legte dabei erste Prioritäten für die zukünftige Entwicklung fest und präsentierte das Konzept im Jahr 2019.
So soll sich Uster beispielsweise mit seinen Nachbargemeinden gemeinsam weiterentwickeln, stadtnahe Erholungsräume sollen ausgebaut, der Fuss- und Veloverkehr gefördert und der öffentliche Verkehr gestärkt werden. Diese Leitsätze waren aber nicht verbindlich, dienten dafür als Grundlage für die Revision des Richtplans.
Mit der Verabschiedung des Stek leitete der Stadtrat zugleich die Überarbeitung des Richtplans ein. 2021 stand der erste Entwurf. Nachdem sich die stadtinternen Ämter und der Kanton mit der Version befasst hatten, konnten sich die Bevölkerung, Vereine, Organisationen und Parteien ab November 2022 zu den Plänen äussern. Parallel dazu prüfte der Kanton wieder den Entwurf.
Innert 60 Tagen gingen bei der Stadt bis Anfang 2023 rund 200 Rückmeldungen mit über 2700 Anträgen aus der Bevölkerung ein. Alle Einwendungen wurden geprüft sowie über allfällige Anpassungen entschieden.
Im Mai 2024 übergab der Stadtrat das Geschäft dann dem Gemeinderat. Seither prüft die vorberatende Kommission für Planung und Bau – bestehend aus neun Mitgliedern des Parlaments – den überarbeiteten Richtplan.
Lesemarathon statt Richtplanentscheid
Geht es nach dem ursprünglichen Zeitplan, müsste der Richtplan bereits festgesetzt sein. Doch das Projekt verzögerte sich mehrfach.
Das Bearbeiten der Masse an Anträgen während der Mitwirkungsphase beanspruchte mehr Zeit als ursprünglich erwartet. «Wir waren etwas von der Menge überrascht», sagt die zuständige Stadtplanerin Rita Newnam. Jedoch hätten sich viele Anträge inhaltlich überschnitten.
Auch für die Kommission für Planung und Bau bedeutete das Geschäft einen grossen Aufwand. Denn das Dossier umfasst mittlerweile gut 1400 Seiten an trockener Lektüre.
«Die Mitglieder mussten sich über die Sommerferien einlesen. Dann haben wir an sechs Samstagen und zusätzlichen Abenden Sitzungen abgehalten», erklärt Kommissionspräsident Markus Ehrensperger (SVP). Dabei sei es eine Herausforderung gewesen, sich nicht zu sehr in den Details zu verstricken. «Wir mussten uns mehrfach an die Flughöhe des Richtplans erinnern.»
Insgesamt besprach die Kommission gut 250 Anträge, über die allesamt debattiert und abgestimmt wurde. Umfassende Fragen führten zudem zu Mehraufwänden seitens Verwaltung. Berücksichtige man den Umfang der behandelten Anträge, werde die Kommission gemäss Ehrensperger das Geschäft gar in Rekordzeit abschliessen können.
Bei 40 Prozent – also rund hundert Anträgen – herrscht aber noch Uneinigkeit. Über diese wird der Gemeinderat voraussichtlich im September entscheiden müssen.
Wo ist man sich noch uneinig?
Da der Beschluss der Kommission noch unter Verschluss ist, kann deren Präsident zu den Anträgen inhaltlich noch nichts Konkretes sagen. «Man kann sich die Themen aber wohl aus den üblichen Haltungen der Parteien erschliessen.» Der Gemeinderat wird sich demnach besonders mit Anträgen aus den Themengebieten Verkehr und Siedlung befassen müssen.
So bereiten sich die Parlamentarier auf die Sitzung vor
Die Gemeinderäte stehen auf alle Fälle vor einer Mammutaufgabe. Sie müssen sich durch den Aktenberg arbeiten und sich mit den vielen Anträgen auseinandersetzen. Wie gedenken die Politikerinnen und Politiker, sich mit dieser grossen Lektüre ernsthaft zu befassen?
«Da sind wieder die Mitglieder der Kommission stark gefragt», sagt Ehrensperger. Sie hätten sich umfassend mit den Anträgen befasst und dürften bei der Meinungsbildung in der Fraktion eine entscheidende Rolle spielen.
Wie geht es jetzt weiter?
Im Juli findet in der Kommission für Planung und Bau noch eine Schlussabstimmung statt. Konkret geht es darum, ob man dem Parlament den überarbeiteten Richtplan zur Annahme empfiehlt. Letzteres wird die Vorlage voraussichtlich im September behandeln. Der Rat stimmt über alle Anträge wie auch über den Richtplan als Ganzes ab.
Der aktuelle Richtplanentwurf dürfte sich also noch verändern. Dies, obwohl sich die Parteien bereits bei der Erarbeitung des Stadtentwicklungskonzepts in der ersten Phase wie auch mit Anträgen beim Entwurf des Richtplans einbringen konnten.
«Das gehört dazu. Wir bringen uns mit unseren fachlichen Inputs ein, letztlich entscheidet aber die Politik», sagt die Stadtplanerin. Sie ist zuversichtlich, dass der Richtplan noch dieses Jahr vom Parlament festgesetzt wird. Der Kanton überprüft dann den Richtplan als letzte Instanz auf Unstimmigkeiten.
Damit ist der Stadtentwicklungsmarathon aber noch nicht abgeschlossen. Denn, danach beginnt erst die Überarbeitung der sogenannten Bau- und Zonenordnung. Diese regelt, wo und wie konkret gebaut werden darf. Erst wenn diese Ordnung rechtskräftig ist, gibt es auch verbindliche Bauvorgaben für Grundstückeigentümer.