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Politik

Steuern in Hinwil sollen um 10 Prozentpunkte steigen

Im letzten Jahr scheiterte eine geplante Steuererhöhung der Schulgemeinde noch. Jetzt will sie die Steuern noch deutlicher anheben.

Die Schulanlage Breite ist in die Jahre gekommen: Hier stehen für die Schule Hinwil bald grössere Investitionen an. (Archiv)

Foto: Seraina Boner

Steuern in Hinwil sollen um 10 Prozentpunkte steigen

«Unpopuläre Massnahme»

Im letzten Jahr scheiterte eine geplante Steuererhöhung der Schulgemeinde noch. Jetzt will sie aber die Steuern noch deutlicher anheben.

Um gleich 10 Prozentpunkte will die Schulpflege Hinwil den Steuerfuss auf das kommende Jahr hin anheben. Das ist ein happiger Anstieg von 66 auf 76 Prozent. Als «unpopuläre Massnahme» bezeichnet die Schule den Schritt gleich selbst. Dennoch sei er unumgänglich. «Wir müssen das Haushaltsgleichgewicht einhalten», erklärt Schulpräsident Thomas Ludescher (parteilos).

Insgesamt würde der Steuerfuss in Hinwil neu 122 Prozent betragen. Trotz einem Minus von 3,2 Millionen Franken will die Politische Gemeinde ihren Steuerfuss bei 46 Prozent belassen.

Politische Gemeinde erwartet Minus

Die Politische Gemeinde Hinwil will ihren Steuerfuss auch im kommenden Jahr bei 46 Prozent belassen. Dies, obwohl sie bei einem Aufwand von knapp 60,5 Millionen Franken mit einem Minus von gut 3,2 Millionen rechnet. Begründet wird der Entscheid mit einer soliden Eigenkapitalbasis von 50,5 Millionen Franken (Stand: Dezember 2023).

Mit Mehrausgaben rechnet die Politische Gemeinde unter anderem in den Bereichen Soziales (1,7 Millionen Franken), Strassen und Gemeindeplatz (538’000 Franken) und Verwaltung (286’000 Franken). Zudem sind geringere Steuereinnahmen budgetiert.

Die grössten Investitionen erwartet die Gemeinde wegen verschiedener Infrastrukturprojekte. Am stärksten schlagen hier der Ausbau von Strassen (knapp 5 Millionen) und die Sanierung von Wasserleitungen (4,45 Millionen) zu Buche. Ebenfalls geplant sind die Sanierung der Badi (1 Million) sowie der Bau eines Energiespeichers für die Ara (2 Millionen).

Die Budgetgemeindeversammlung findet am 11. Dezember im «Hirschen»-Saal statt.

So weit die neue Ausgangslage. Es bleibt die Frage, wie es zu dieser drastischen Ankündigung kommen konnte. Antworten liefert ein Blick zurück. Auf das Rechnungsjahr 2020 wurde, auch wegen der damaligen guten Situation, vom Souverän der Steuerfuss von 68 auf 66 Steuerpunkte gesenkt. «Wir haben dadurch in den letzten fünf Jahren, inklusive Budget 2024 und 2025, zirka 3 Millionen Franken weniger eingenommen», erklärt Ludescher.

Auch deshalb wollte die Schule bereits letztes Jahr den Steuerfuss wieder um 2 Prozentpunkte anheben.

Aufgebrauchte Reserven – grosse Investitionen

Doch das Vorhaben scheiterte. Die Stimmberechtigten lehnten die Steuererhöhung auf Antrag der Rechnungsprüfungskommission (RPK) ab. Die Schulpflege glich das Haushaltsgleichgewicht damals durch die Auflösung von finanzpolitischen Reserven in Höhe von 2 Millionen Franken aus.

Diese Reserven seien nun aufgebraucht, erklärt der Schulpräsident. Um die Vorgaben des Kantons zu erfüllen, brauche es darum jetzt die beantragte Steuererhöhung, die etwa 2,8 Millionen Franken ausmache.

Das kantonale Gemeindegesetz schreibt vor, dass der Gemeindesteuerfuss so festzusetzen ist, dass die Erfolgsrechnung des Budgets mittelfristig ausgeglichen ist. So soll das Risiko einer Gemeindeinsolvenz verringert werden.

Hier kommen die Investitionen der vergangenen Jahre ins Spiel. Die Schule musste Schulden aufnehmen. Verantwortlich dafür waren gleich mehrere Bauprojekte. Besonders teuer war etwa der Neubau der Dreifachturnhalle Hüssenbüel. Rund 28 Millionen Franken hat das Projekt gekostet – für Politische und Schulgemeinde zusammen. Die Bauabrechnung liegt derweil noch nicht vor.

Aber auch das Lernschwimmbecken Breite, die Aufstockung des Schulhauses Meiliwiese oder der Bau einer neuen Kindertagesstätte und eines Kindergartens belasteten das Budget. In den nächsten Jahren seien zudem grössere Investitionen für eine Sanierung mehrerer Gebäude auf der Sekundarschulanlage Breite nötig. Gemäss einer ersten Machbarkeitsstudie geht die Schulpflege Stand heute von rund 21 Millionen aus. Aber auch wenn im Gebiet Fadwis zusätzlicher Wohnraum entsteht, wird neuer Schulraum benötigt. «Die Schule Meiliwiese auf der anderen Seite der Gleise gelangt mit ihrem Schulraum an die Kapazitätsgrenze», erklärt Ludescher.

Zwar schloss die Schule das letzte Jahr mit einem Plus von knapp 1,1 Millionen ab. Für das laufende Jahr rechnet sie aber bereits mit einem Minus von 1,5 Millionen – es war bereits ein Minus von 2,1 Millionen budgetiert worden. 2025 soll der Fehlbetrag nach den neuesten Berechnungen 2,2 Millionen Franken betragen. Dies bei einem Aufwand von 33,3 Millionen.

Wichtig ist es Ludescher, festzuhalten, dass die Ausgaben im Budget des kommenden Jahrs gedeckelt werden konnten. «Wir konnten im Vergleich zum Vorjahr, sprich dem Budget 2024, Einsparungen in Höhe von 4,5 Prozent vornehmen.»

Schmerzhafte Sparmassnahmen

Während also die Ausgaben im Budget 2025 im Vergleich zur Rechnung 2023 stabil geblieben seien, sei es auf der Ertragsseite zu einem Einbruch gekommen, sagt der 58-Jährige. Bisherige Annahmen seien zu optimistisch gewesen. Die Schule rechnet vor allem mit geringeren Steuereinnahmen. Die geplante Steuererhöhung soll diese Entwicklung abfedern. Denn die Schule Hinwil verfügt im Gegensatz zu Schulen in Einheitsgemeinden ausser über Steuererträge und Mittel aus dem finanzpolitischen Ausgleich über keine weiteren Einnahmequellen.

Als weitere Massnahme will die Schulpflege deshalb in verschiedenen Bereichen Kosten einsparen. So wird etwa der Bewegungstag gestrichen, Beiträge an die Schneesportlager entfallen, und die Berichterstattung über Schulanlässe im Gemeindemagazin wird eingestellt.

Zu einem grossen Teil handelt es sich bei den Kosten im Bildungsbereich allerdings um sogenannte gebundene Ausgaben, wovon sich mit 70 bis 95 Prozent der meiste Teil auf Personalkosten beläuft. Wachsende Schülerzahlen und höhere Anforderungen durch Sonderschulangebote würden alle Schulen betreffen, so die Schulpflege. Der Spielraum für Budgetanpassungen ist in diesem Bereich klein.

Die Schule erwartet, dass es ohne Steuererhöhung zu weiteren Sparmassnahmen kommen würde, die zu einem spürbaren Leistungsabbau im laufenden Schulbetrieb führen würden. Ein Szenario, das die Schulpflege verhindern möchte.

Mögliche Abstimmung über Notbudget

Überhaupt, welche Szenarien gibt es, falls das Volk die Steuerfusserhöhung wieder ablehnen sollte? «Falls die Schulgemeindeversammlung unser Budget zurückweist, müssten wir mit einem Notbudget operieren, in dem nur gebundene Ausgaben getätigt werden dürfen», erklärt Ludescher. Im kommenden März müsste dann erneut an einer einzuberufenden Schulgemeindeversammlung über das Budget abgestimmt werden. Das Datum dafür stünde bereits fest, es wäre der 19. März. Bei einer neuerlichen Ablehnung würde der Regierungsrat Budget und Steuerfuss festlegen.

Allerdings bestünde auch die Option, dass das Volk im Dezember einzelne Änderungsanträge zu gewissen Budgetposten anbringen könnte. «Vielleicht möchte ja die Bevölkerung, dass die Schneesportlager weiter unterstützt werden.» Aber auch, dass weitere Posten gekürzt würden, sei möglich. Nur hält Ludescher fest: «Für die Einhaltung des Haushaltsgleichgewichts ist die Erhöhung des Steuerfusses um 10 Prozentpunkte zwingend.»

Überraschte Rechnungsprüfungskommission

Überrascht über die Höhe der geplanten Steuerfusserhöhung zeigt sich auf Anfrage RPK-Präsident Oswald Achermann (Die Mitte). Seine Behörde hatte im letzten Jahr eine Steuerfusserhöhung abgelehnt.

Zur jetzigen Ankündigung sagt Achermann: «Ich gehe nicht davon aus, dass diese Steuererhöhung mehrheitsfähig ist.» Klar sei, dass die Schulgemeinde ihren Finanzhaushalt wieder ins Gleichgewicht bringen müsse. «Der jetzige Antrag ist aber jenseits von Gut und Böse.» Die Schule müsse einen anderen Weg finden.

Über eine Abstimmungsempfehlung entscheidet die RPK aber erst zu einem späteren Zeitpunkt. In der Zwischenzeit werden Gespräche mit der Schule stattfinden. Gerade Familien wären von der Steuererhöhung betroffen, gibt Achermann zu bedenken. Und der RPK-Präsident macht sich auch Sorgen um die Attraktivität der Gemeinde. Hinwil würde mit einem Steuerfuss von 122 Prozent auf einen Schlag zu den teuersten Gemeinden im Kanton gehören.

Hinwil neu unter den teuersten Steuergemeinden

Mit dem bisherigen Steuerfuss von 112 Prozent befindet sich Hinwil im kantonalen Mittelfeld. Durch die geplante Steuererhöhung auf 122 Prozent würde die Gemeinde zu den Spitzenreitern im Kanton aufschliessen. Sie liesse sogar bekannte Steuerhochburgen wie die Stadt Zürich (119 Prozent) hinter sich.

In nur acht Gemeinden müssen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler noch tiefer ins Portemonnaie greifen. Mit 130 Prozent den aktuell höchsten Steuerfuss hat die Gemeinde Maschwanden, gefolgt von Bachs mit 128 Prozent und Wildberg mit 127 Prozent. Allerdings gibt es im Bezirk Hinwil mit Fischenthal und Wald zwei Nachbargemeinden Hinwils, deren Steuerfuss ebenfalls bei 122 Prozent liegt.

Die steuergünstigste Gemeinde im Kanton ist derzeit Kilchberg mit einem Steuerfuss von 72 Prozent. In der Region kommt die Bevölkerung in Maur mit einem Steuerfuss von 85 Prozent am günstigsten davon.

Zum Showdown um die Steuererhöhung wird es am Mittwoch, 11. Dezember, kommen. Dann ist die Schulgemeindeversammlung anberaumt. Bereits am Montag, 18. November, plant die Schulgemeinde eine öffentliche Informationsveranstaltung im Mehrzweckgebäude Eisweiher.

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