Darum will Grüningen die Steuern um fünf Prozentpunkte erhöhen
Gemeindepräsident erklärt
15 Jahre lag der Steuerfuss in Grüningen bei 113 Prozent. Ab 2025 sollen die Einwohner der Gemeinde fünf Prozentpunkte mehr zahlen. Das sind die Gründe.
«Die Steuerkraft in Grüningen stagniert», erklärt Gemeindepräsident Carlo Wiedmer (SVP). Das liegt eher an einem geringen Bevölkerungswachstum in der Gemeinde, während die Teuerung aber steigt.
Auch die Wirtschaft scheint nicht sonderlich zu wachsen, wodurch dort steigende Steuereinnahmen ausbleiben. Die Gemeinde muss aber trotzdem die Teuerung bei den Löhnen ausgleichen und ist mit neuen Investitionen oder stetig steigenden Kosten bei der Pflegefinanzierung, der Schule oder dem Asylwesen konfrontiert.
«Die Ertragsseite kann mit der Aufwandseite nicht mehr mithalten – das liegt unter anderem an nicht geplanten Investitionen wie beispielsweise der Aufstockung des Schulhauses. Dies belastet unsere Erfolgsrechnung mit Zinsen und zusätzlichen Abschreibungen», so Wiedmer.
Eine unabdingbare Erhöhung
Um diese finanziellen Herausforderungen zu tragen, die Werterhaltung der Infrastrukturen garantieren und das bisherige Leistungsangebot weiterhin halten zu können, sollen die Grüninger Einwohner ab 2025 fünf Prozentpunkte mehr Steuern bezahlen. Das beschloss man im Rahmen einer langfristigen Finanzplanung.
«Das mag auf den ersten Blick nach viel klingen», so Wiedmer. «Die Erhöhung ist aber unabdingbar, um weiterhin liquide zu sein und anstehende Investitionen zu tätigen, ohne uns weiter zu verschulden.»
Die Grüningerinnen und Grüninger haben ein durchschnittliches steuerbares Einkommen von 66’700 Franken und zahlten damit bis anhin 2976 Franken. Neu ab nächstem Jahr wäre die Steuer bei gleichbleibendem Einkommen bei 3108 Franken und damit 132 Franken höher. Bei einem steuerbaren Einkommen von 150’000 Franken pro Jahr würden sich die Steuern von 13’134 auf 13’715 und damit um 581 Franken erhöhen.
Die Zürcher Steuern des Jahrs 2024 im Vergleich
Wer am Zürichsee wohnt, gibt bekanntlich viel Geld für Miete aus – spart dafür aber an den Steuern. Mit einem Steuerfuss von 72 Prozent ist Kilchberg die steuergünstigste Gemeinde im Kanton Zürich, dicht gefolgt von Küsnacht mit 73 Prozent sowie Herrliberg und Rüschlikon mit 75 Prozent.
Wer im Oberland wohnt, zahlt in Maur mit 85 Prozent und Greifensee mit 94 Prozent am wenigsten.
In den regionalen Städten bezahlen die Einwohner über 100 Prozent: In Illnau-Effretikon liegt der Steuerfuss bei 110 Prozent, in Uster bei 112 und in Wetzikon bei 119 Prozent – ebenso viel zahlt man in der Stadt Zürich.
Am tiefsten greift man in Wila und Wildberg in die Tasche: Wila hat, wie Winterthur, einen Steuerfuss von 125 Prozent, Wildberg schlägt mit 127 Prozent zu Buche. Damit ist die Tösstaler Gemeinde die drittteuerste im Kanton Zürich; mehr bezahlt man nur in Bachs mit 128 Prozent und Maschwanden mit 130 Prozent.
Notwendige Investitionen
Mit den zusätzlichen fünf Prozentpunkte an Steuern will die Gemeinde einem etwaigen finanziellen Defizit entgegenwirken. Aktuell hat Grüningen eine Nettoschuld von rund 9 Millionen. Wiedmer schätzt, dass dieser Betrag bis 2027 auf rund 10,5 Millionen steigen wird – wegen weiterer notwendiger Investitionen wie z.B. die Sanierung des Werkhofs oder des Gemeindehauses.
«Mit den zusätzlichen Steuereinnahmen können wir ab 2030 die Schulden abbauen und dennoch nötige Gelder für beispielsweise Strassen- oder Gebäudesanierungen investieren. Mit unserer Gemeindegrösse sind jährliche Investitionen in die Werterhaltung unserer Infrastruktur von 2,5 bis 3 Millionen Franken nötig.»
Die geplante Umfahrung und die Calatrava Brücke sind davon nicht betroffen – denn diese ist ein kantonales Projekt. Für die Aufwertung des Stedtli ist aber die Gemeinde verantwortlich.
Langfristig wolle man die Finanzen der Gemeinde auf ein Niveau bringen, auf dem jede Investition mit mindestens 75 Prozent Eigenkapital finanziert werden kann. Das erspare der Gemeinde Darlehen mit hohen Zinsen und helfe dabei, die Gemeinde finanziell stabil zu halten.
«Die beste Lösung»
Eine Alternative zur Steuererhöhung gebe es durchaus – diese würde aber andere Konsequenzen nach sich ziehen. «Dann müssten wir nötige Instandhaltungen hintanstellen oder unser Leistungsangebot, wie beispielsweise für Jugendliche, ältere Personen oder im Bereich Tourismus, streichen», erklärt Wiedmer.
Das wolle man seitens Gemeinde aber nicht – auch die Aufwertung des Stedtli, welche mit der Umfahrung anstehe, wolle man weiter vorantreiben. «Das kostet halt alles Geld.»
Ob das Grüninger Stimmvolk dieser Entscheidung zustimmt, wird sich an der Gemeindeversammlung vom 3. Dezember zeigen. Dann nämlich wird entschieden, ob der neue Steuersatz von 118 Prozent angenommen wird. «Sollte dies nicht der Fall sein, müssen wir woanders sparen. Aus unserer Sicht ist die Steuererhöhung aber für alle die beste Lösung», beteuert der Gemeindepräsident.
Info-Veranstaltung
Am 12. November findet im Kirchgemeindesaal in Grüningen ab 19 Uhr eine Informationsveranstaltung zur finanziellen Entwicklung und dem neuen Steuersatz statt. Auch die Revision des Gestaltungsplans der Verkehrsbetriebe Zürichsee und Oberland (VZO) wird beleuchtet.
Abgestimmt wird über den neuen Steuersatz an der Gemeindeversammlung am 3. Dezember um 20 Uhr im Kirchgemeindesaal.