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Politik

Der Schuleklat kostet Pfäffikon über 120’000 Franken

Personelle Konsequenzen schliesst die Schulpflege weiterhin aus. Der ganze Konflikt kommt die Gemeinde derweil teuer zu stehen.

Ein Lehrer geriet im Schulhaus Obermatt ins Kreuzfeuer einiger Eltern. Der Vorfall warf hohe Wellen – nun hat die Schulpflege sich erstmals ausführlich geäussert.

Foto: Christian Merz/Simon Grässle

Der Schuleklat kostet Pfäffikon über 120’000 Franken

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Um einen Konflikt mit Eltern zu lösen, trennte sich die Schule Pfäffikon von einem Lehrer: Erstmals schilderte die Schulpflege an der Gemeindeversammlung ausführlich die Ereignisse im Schulhaus Obermatt.

An der Gemeindeversammlung am Montagabend hat die Pfäffiker Schulpflege erstmals ausführlich Stellung zu den Ereignissen im Schulhaus Obermatt bezogen.

Anlass dazu waren zwei Anfragen, eine davon eingereicht von den Ortsparteien SVP, SP und GLP. «Dadurch sind wir erstmals rechtlich legitimiert, vertiefter Auskunft zu geben», sagte Roger Klos (SVP), Vizepräsident der Schulpflege. Die Beantwortung der Anfragen dauerte über eine Stunde und basierte auf dem provisorischen Zwischenbericht der laufenden Untersuchung.

Die Behörde war im Vorfeld mit dem Vorwurf konfrontiert worden, nur zögerlich zu informieren. Klos begründete dies unter anderem mit der Stillschweigevereinbarung mit dem ehemaligen Lehrer. Diesem warf er vor, sich nicht an die abgemachten Konditionen gehalten zu haben.

Die Vorfälle

Die Schulpflege bestätigte grösstenteils, was wir bereits im April publik gemacht hatten. Im Schulhaus Obermatt war ein schwuler Primarlehrer ins Kreuzfeuer einiger wertkonservativer Eltern geraten. Diese nahmen im November 2023 ihre Kinder aus dem Sexualkundeunterricht. Sie verwiesen dabei unter anderem auf angebliche Unterrichtsinhalte zu homosexuellen Befriedigungstaktiken.

«Die Darstellung der Eltern bewahrheitete sich aufgrund der Nachforschungen der Schulleitung aber nicht», stellte Roger Klos klar. Die Schulleiterin habe dies den Eltern schriftlich mitgeteilt und sie aufgefordert, ihre Kinder in den Unterricht zu schicken.

Die Reaktion

Den Eltern war das offenbar nicht genug. «In der Folge kam es mehrfach zu tumultartigen Vorfällen mit
diesen Eltern im und vor dem Schulhaus», erläuterte der Vizepräsident. Die Schule habe daraufhin einen Brief an alle Eltern der Klasse versandt und darauf verwiesen, dass der Unterricht dem obligatorischen Lehrplan entspreche.

«Daraufhin meldeten sich auch Eltern, die den Sexualkundeunterricht der Lehrperson unterstützten», betonte Klos. Zu diesem Zeitpunkt rieten der Statthalter und die beauftragte Anwaltskanzlei Rudin Cantieni Rechtsanwälte von einer Anzeige gegen die kritischen Eltern wegen Verletzung der Schulpflicht ab. Man solle den Dialog suchen – doch dieses Vorhaben scheiterte.

«Die Eltern verweigerten nach wie vor die Teilnahme ihrer Kinder am Sexualkundeunterricht, gelangten an die Schulpflege, drohten mit Anzeigen und Medienberichterstattung und lehnten den weiteren Schulbesuch ihrer Kinder bei der Lehrperson auch in den übrigen Fächern ab», hielt Klos fest. Offenbar habe es schon früher Herausforderungen in der Kommunikation mit den besagten Eltern gegeben.

Die Lösung

Nach einer geplanten Weiterbildung im Januar wurde der Lehrer krankgeschrieben und war gemäss der Schule über keinen Kommunikationskanal zu erreichen. «Aus der Sicht des Leiters Bildung und der Schulleitung war die Situation zu diesem Zeitpunkt völlig verfahren, und eine Lösung im Dialog schien unmöglich», meinte Klos. Die beiden Führungspersonen erwarteten eine weitere Eskalation, die den Schulfrieden gefährdet hätte.

Sie wollten eine rasche Lösung finden und diese kommunizieren. Ihre Lösung: eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit der Lehrperson – oder notfalls eine Kündigung.

Die Fehler

Matthias Weckemann, der Leiter Bildung, liess sich dazu beraten. Das Volksschulamt hatte dabei offenbar empfohlen, das Arbeitsverhältnis mit dem Lehrer in gegenseitigem Einvernehmen aufzulösen. Die Kanzlei Rudin Cantieni Rechtsanwälte hingegen riet von einer Kündigung ab und warnte davor, die Trennung voreilig zu kommunizieren.

Weckemann zog eine Kommunikationsagentur bei – diese erstellte einen Kommunikationsplan. Im Zuge dessen informierte die Schulleiterin den Lehrer am 12. Februar über die geplante Auflösung des Arbeitsverhältnisses und informierte anschliessend umgehend die Lehrerschaft. «Eine E-Mail zur Mitteilung dieser Absichtserklärung ist nicht passend», hielt Klos fest.

Zudem hätte die Lehrperson vorher von der Schulpflege angehört werden müssen. «Dieses Vorgehen war – wie schon verschiedentlich eingestanden – falsch und wurde umgehend durch eine einvernehmliche Auflösungsvereinbarung korrigiert.»

Die Folgen

Obwohl die Schulpflege die Fehler von Matthias Weckemann und der Schulleiterin anerkennt, steht sie weiterhin zu ihren zwei Angestellten – und zeigt sich verständnisvoll: «Die Schulpflege erachtete die Beweggründe des Leiters Bildung und der Schulleitung als nachvollziehbar», steht in der Antwort. Sie wollten eine öffentliche Eskalation verhindern.

Ihre Fehler in einer Drucksituation seien nicht schwer genug, um personelle Konsequenzen zu ziehen. Zudem wies Klos den Vorwurf zurück, die Schule habe einen schwulen Lehrer diskriminiert.

Stattdessen wolle man die Lehren aus der Sache ziehen: Die Schulpflege will genaue Handlungsanweisungen für komplexe Situationen schaffen. Zudem sollen alle Mitarbeitenden befähigt werden, mit anspruchsvollen Forderungen aus der Elternschaft umzugehen.

Im Juli soll der Schlussbericht der laufenden Untersuchung vorliegen. Der Bezirksrat wird sich im Rahmen einer Aufsichtsbeschwerde ebenfalls mit den Vorfällen befassen.

Die Rolle der Schulpflege

Während der Leiter Bildung und die Schulleiterin keine personellen Konsequenzen fürchten müssen, hat Schulpräsident Hanspeter Hugentobler (EVP) seinerseits die Konsequenzen gezogen. Er ist vorletzte Woche zurückgetreten, offiziell aus gesundheitlichen Gründen.

Laut der verlesenen Antwort wusste er von den Forderungen der Elterngruppen und empfahl, sich beraten zu lassen. Seine Behörde war aber offenbar nur beschränkt in die Problembewältigung involviert. «Die Schulpflege wurde laufend informiert, nicht jedoch über die konkrete Massnahme, welche die Schulleitung und der Leiter Bildung tätigten», führte Klos aus.

Die Schulpflege stellte nun klar, dass sie früher und verbindlicher hätte einbezogen werden müssen. Der Schulpräsident überwachte dann aber die Verhandlungen über eine Auflösungsvereinbarung.

Die Kosten

Der Eklat im Schulhaus Obermatt hat die Gemeinde bisher gut 120’000 Franken gekostet. Die Hälfte davon fiel seit der ersten Berichterstattung im April an – und zwar für die Beratung in der Kommunikation und die juristische Begleitung.

Die Gemeindeversammlung

Die Schulpflege las den gut 250 anwesenden Stimmberechtigten die Antworten vor – zu einer Diskussion im Plenum kam es jedoch nicht. Es wurde kein Antrag dazu gestellt.

Jedoch nutzte Thomas Wolewinski, Co-Präsident der GLP, die Möglichkeit zur Stellungnahme – auch im Namen der SP und der SVP. Er dankte zwar für die Information, beurteilte den Entscheid, sich vom Lehrer zu trennen, aber kritisch.

Zum Schluss musste der Lehrer über die Klinge springen. Man hätte aber dem Verhalten der Eltern einen Riegel vorschieben müssen. «Sonst ermutigt man nur andere: ‹Man muss nur genug lange reinhauen, dann geht er schon oder wird rausgeschmissen.›»

Nach der Versammlung wollte niemand öffentlich Stellung nehmen. Die meisten Personen zeigten sich über die Vorfälle schockiert – und kritisierten die Eltern und die Schulführung zugleich. Letztere hätte sich nicht vom Lehrer trennen dürfen.

Keine Diskussion gab es nicht nur zur Antwort der Schulpflege. Ohne Gegenstimme genehmigten die Anwesenden die Jahresrechnung 2023, die mit einem Plus von knapp 1,2 Millionen Franken schliesst. Auch die Bauabrechnung für den Umbau und die Sanierung des Klassentrakts im Schulhaus Pfaffberg wurde einstimmig genehmigt. (bes)

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