Eklat um schwulen Lehrer – Schulpräsident von Pfäffikon tritt zurück
Nach offenem Brief
Seit ein homosexueller Lehrer aus dem Amt gedrängt wurde, brodelt es in Pfäffikon. Jetzt kommt es vor der Gemeindeversammlung zum Showdown.
Im Februar musste ein schwuler Primarlehrer das Schulhaus Obermatt in Pfäffikon verlassen. Er war ins Kreuzfeuer von wertkonservativen Eltern geraten, die ihn unter anderem mit Vorwürfen zu seinem Sexualkundeunterricht der 5. Klasse konfrontierten. Obwohl laut der Schule die Anschuldigungen gegen ihn haltlos waren, verlor er den Rückhalt seiner Vorgesetzten. Er stimmte einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses – mit Abfindung – zu.
Im April haben wir den Fall publik gemacht. Die Pfäffiker Schulpflege hat im Anschluss Fehler zugegeben. So hat die Schule unter anderem das rechtliche Gehör des Lehrers verletzt. Die Schulpflege will die Vorgänge nun mit externer Hilfe aufarbeiten und im Juli einen Bericht veröffentlichen.
Personelle Konsequenzen hat die Schulpflege bisher nicht in Betracht gezogen. «Das wäre eine populistische Lösung, bei der vermutlich schnell Ruhe eingekehrt wäre», fand der inzwischen zurückgetretene Schulpräsident Hanspeter Hugentobler (EVP) noch vergangene Woche. Man wolle aber aus den Vorfällen lernen.
Am Donnerstagnachmittag hat der Eklat an der Schule Pfäffikon einen weiteren Höhepunkt erreicht: Schulpräsident Hanspeter Hugentobler (EVP) tritt per sofort aus der Schulpflege zurück.
«Zur grossen Aufgabenlast des Schulpräsidiums kam der komplexe Schulkonflikt mit Rücktrittsforderungen und medialer Kampagne dazu, der über Monate andauerte und meine Kräfte überstieg», schreibt er in einer Mitteilung. Er ist für das Amt ab sofort krankgeschrieben.
Hugentobler nimmt damit nach 22 Jahren in der Schulpflege, davon 16 als Präsident, den Hut. Die Nachricht seines Rücktritts kommt nur wenige Stunden, nachdem ein offener Brief an die Schulführung publik wurde.
Verfasst haben diesen drei Elternpaare, deren Kinder den Unterricht des ehemaligen Lehrers in Pfäffikon besuchten. In ihrem Schreiben forderten sie den Rücktritt von Hugentobler, des Leiters Bildung Matthias Weckemann und der Schulleiterin des Schulhauses Obermatt. «Dies ist nicht populistisch, sondern bitter nötig, um den Weg für eine zukunftsfähige Schule freizumachen», schreiben die Eltern.

In ihrem Brief prangern sie zudem die Geschehnisse der vergangenen Monate an, darunter beispielsweise die widersprüchliche Kommunikation und die entstandenen Kosten.
Neben den sechs Initianten haben 88 weitere Personen den offenen Brief mitunterzeichnet. Zudem haben die Eltern das Schreiben auf der Website wir-bilden-die-zukunft.ch veröffentlicht, wo alle Pfäffikerinnen und Pfäffiker das Schreiben ebenfalls signieren können.
Wie unabhängig ist die Untersuchung?
«Für uns ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, mit dieser Forderung an die Öffentlichkeit zu treten», sagen die Initianten des Briefs auf Anfrage. In den letzten sechs Monaten habe es die Schule versäumt, transparent zu informieren. «Zudem hat sie die Chance verpasst, die Vorfälle seriös aufzuarbeiten. Die laufende Untersuchung ist äusserst fragwürdig, weil sie nicht unabhängig ist.»
Dabei beziehen sich die Eltern auf die angekündigte Aufarbeitung der Schule. Geleitet wird diese nämlich von Schulpflegemitglied Guido Santner (Grüne) und extern begleitet durch eine Rechtsanwältin der Zürcher Anwaltskanzlei Rudin Cantieni Rechtsanwälte.
Die Kanzlei soll die Schule bereits bei der Auflösung des Arbeitsverhältnisses beraten haben. Die sechs Eltern sehen darin einen Interessenkonflikt. «Ein externer Dienstleister beurteilt seine eigene Dienstleistung, überwacht von einem Untergebenen, der die Arbeit seines eigenen Chefs beurteilt», schreiben sie im offenen Brief.
Roger Klos (SVP), Vizepräsident der Schulpflege, bestreitet, hält dagegen. Es sei zwar korrekt, dass man die Kanzlei im Vorfeld bereits verschiedentlich beigezogen habe. «Rudin Cantieni hat aber explizit nicht zum gewählten Vorgehen geraten», betont er. «Die kritische Distanz ist damit gewährleistet.»
Weiter wird im Brief kritisiert, dass die Lehrpersonen an der Informationsveranstaltung für alle Mitarbeitenden am 6. Mai einen «Maulkorb» erhalten hätten. «Glauben Sie allen Ernstes, dass unter diesen Umständen neues, dringend notwendiges Vertrauen entstehen kann?», fragen die Eltern rhetorisch.
Auch diesen Vorwurf weist Klos «in aller Form» zurück. «Das ist falsch.»
Kurz vor Gemeindeversammlung
Der offene Brief und der Rücktritt von Hanspeter Hugentobler zeigen: Trotz der angekündigten Aufarbeitung ist das Thema noch nicht vom Tisch. Und mit dem Rücktritt des Schulpräsidenten haben die Verfasser zumindest ein Teilziel erreicht.
Die Schulpflege hingegen bedauert den Rücktritt des langjährigen Präsidenten, wie Roger Klos betont. «Es kommen damit viele Herausforderungen auf die Schule zu.»
In Bezug auf den Leiter Bildung und die Schulleiterin bleibt die Haltung der Schulpflege unverändert. Sie sieht weiterhin von personellen Konsequenzen ab, da diese nicht der Fehlerkultur der Schule entsprechen würden.
Der Zeitpunkt der Publikation des offenen Briefs scheint nicht zufällig gewählt, schliesslich steht am 10. Juni eine Gemeindeversammlung an. Dort werden die Vorgänge im Schulhaus Obermatt ebenfalls eine Rolle spielen.
Wie Gemeindeschreiber Daniel Beckmann bestätigt, sind bei der Gemeindeverwaltung bereits zwei Anfragen zur Thematik «Schule» eingegangen. Eine davon haben die Ortsparteien von SVP, GLP und SP eingereicht.
Die Antworten werden an der Gemeindeversammlung verlesen. Wünscht sich eine Mehrheit der Anwesenden eine Diskussion, können sich danach alle zum Thema äussern.