Abo

Politik

Dieser Ustermer reiste ohne Geld durch die Schweiz

Der Journalist Matthias Rusch reiste eine Woche lang durch das Land – mit leerem Portemonnaie. Seine Erfahrungen werden nächste Woche im Schweizer Fernsehen ausgestrahlt. Vorab sprachen wir mit ihm über seine ungewöhnliche Reise.

Ausgerüstet mit einem Rucksack, einem Handy und einer Go Pro zog Journalist Matthias Rusch durch die Schweiz.

Foto: Matthias Rusch

Dieser Ustermer reiste ohne Geld durch die Schweiz

Auf welcher Route waren Sie unterwegs?
Matthias Rusch: Gestartet bin ich am nördlichsten Punkt in der Schweiz, in Bargen im Kanton Schaffhausen. Ich reiste fünf Tage lang quer durch die Schweiz und landete zum Schluss in Chiasso. In dieser Woche habe bewusst Orte angesteuert, die einen Bezug zu Geld haben – also arme oder reiche Gemeinden besucht oder Leute, die viel oder wenig Geld haben.

Fanden Sie immer einen Schlafplatz?
Ja, obwohl es nicht immer ganz einfach war. Manchmal ging es ganz unkompliziert, manchmal war es schwierig. Beispielsweise beim Schwerverkehrszentrum Erstfeld. Obwohl ich mir vorgestellt hatte, dass es dort einfach werden würde, gestaltete sich die Suche nach einem Chauffeur, der mich aufnahm, sehr kompliziert. Manche konnten kein Deutsch, andere waren misstrauisch, wollten nicht gefilmt werden oder hatten keinen Platz. Schlussendlich habe ich mit Schlafsack und Mätteli im leeren Laderaum eines Lastwagens übernachtet.

Haben Sie sich als Journalist zu erkennen geben?
Meistens nicht als Erstes. Ich habe mich vorgestellt, gesagt, dass ich ein Experiment mache – ohne Geld und Proviant durch die Schweiz reise. Dann hab ich gefragt, ob es okay ist, wenn ich filme. Manchmal scheiterte es dann auch an dieser Stelle. Statt einer grossen Kamera hatte ich nur mein Handy und eine Go Pro.

Wie kamen Sie vorwärts?
Ich wanderte täglich drei bis vier Stunden, ausserdem machte ich Autostopp. Man hatte mich vorher gewarnt, dass dies sehr schwierig sei. Aber das hat sich nicht bewahrheitet, sondern als sehr unproblematisch herausgestellt.

Mann sitzend auf Ladefläche eines Lastwagens.

Gab es etwas, was Sie unbedingt erleben wollten?
In Küsnacht wollte ich in einer Villa übernachten  und dachte, das werde sicher sehr schwierig. Doch mein Plan ging tatsächlich auf. Ich traf am Bahnhof zufälligerweise auf Eltern, die gerade ihre Kinder vom Pfingstlager abholten und diese waren sehr unkompliziert. So konnte ich eine Nacht in einer 7.5-Zimmer-Villa logieren.

Gibt es etwas, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Einmal machte ich an der Goldküste Autostopp. Es hielt ein schicker Mercedes mit einem Mann am Steuer. Filmen lassen wollte er sich nicht. Es war ein russischer Millionär, der eine Villa in Männedorf hat. Schlussendlich gab er mir dann Geld für ein Zugbillet.  

Mann mit Wanderausrüstung steht neben einer Holzfigur und einem Schild.

Was hat Sie positiv überrascht?
Die Schweizer Gastfreundschaft. Wenn man sich traut, Leute anzusprechen, sind die meisten bereit, zu helfen. Sogar Menschen, die selbst kaum etwas haben. Im Tessin beispielsweise konnte ich bei einer gelernten Schneiderin übernachten, die von der Sozialhilfe lebt. Obwohl sie jeden Rappen umdrehen muss, hat sie mich aufgenommen und sogar bekocht. Das fand ich sehr berührend.

Was haben Sie gemacht, um sich Kost und Logis zu verdienen?
In einer Bäckerei in Flüelen habe ich Geschirr gespült und gewischt, in einem Grotto im Tessin Kartoffeln für Rösti gerüstet. Bei der Familie an der Goldküste habe ich Geschirr abgetrocknet, einem Landwirt geholfen, ein Regal aufzustellen. Die meisten hatten aber Hemmungen, mich zu fest einzuspannen. Ich merkte, dass die Leute durchaus bereit sind, zu helfen, aber selbst nicht zu viel Hilfe in Anspruch nehmen wollen.

 

Was ziehen Sie für ein Fazit?
Reisen ohne Geld ist definitiv anstrengender als mit. Gleichzeitig erlebt man viel mehr, man kommt in Kontakt mit spannenden Menschen, die man sonst wohl kaum treffen würde. Es war eine unvergessliche Reise.

Die Sommerserie von Matthias Rusch wird vom 4. bis am 8. Juli jeweils um 19 Uhr in der Sendung « Schweiz aktuell » im Schweizer Fernsehen ausgestrahlt.

Abo

Möchten Sie weiterlesen?

Liebe Leserin, lieber Leser

Nichts ist gratis im Leben, auch nicht Qualitätsjournalismus aus der Region. Wir liefern Ihnen Tag für Tag relevante Informationen aus Ihrer Region, wir wollen Ihnen die vielen Facetten des Alltagslebens zeigen und wir versuchen, Zusammenhänge und gesellschaftliche Probleme zu beleuchten. Sie können unsere Arbeit unterstützen mit einem Kauf unserer Abos. Vielen Dank!

Ihr Michael Kaspar, Chefredaktor

Sie sind bereits Abonnent? Dann melden Sie sich hier an

Digital-Abo

Mit dem Digital-Abo profitieren Sie von vielen Vorteilen und können die Inhalte auf zueriost.ch uneingeschränkt nutzen.

Sind Sie bereits angemeldet und sehen trotzdem nicht den gesamten Artikel?

Dann lösen Sie hier ein aktuelles Abo.

Fehler gefunden?

Jetzt melden.