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Godi Schmid muss seine Garage in Schwerzenbach räumen

Er ist in der Region einer der letzten unabhängigen Garagisten ohne grossen Autokonzern im Rücken. Doch jetzt muss der Schwerzenbacher Godi Schmid einen neuen Standort finden. Ein scheinbar unmögliches Unterfangen.

Godi Schmid hat auch immer ein paar Occasionen auf dem Platz, die er verkauft., Wenn Schmids Frau Jeanne Streicheleinheiten verteilt, lässt sich auch Geissbock Peter (links) nicht zweimal bitten. , Die Suche nach einem Gnadenhof für die Tiere gestaltet sich schwierig.

Seraina Boner

Godi Schmid muss seine Garage in Schwerzenbach räumen

Ein wenig aus der Zeit gefallen scheint es schon, das niedrige, langgezogene Garagengebäude an der Ecke Bahnstrasse/Wiesenstrasse. Seit Mitte der 60er-Jahre steht es da, daneben eine Wiese mit Schafen, Ziegen und ein paar Bäumen. Rundherum hat sich Schwerzenbach in den letzten Jahren verdichtet und erneuert.

«Das sind meine Rasenmäher», sagt Gottfried Schmid, den alle nur Godi nennen, und nickt zu den Tieren hinüber. Geissbock Peter steht stoisch da und starrt mit seinen trüben Augen ins Nichts. Er ist ein wahrer Methusalem, 27 Jahre alt, und damit so lange da wie Schmid.

Auch das Restaurant muss weg

Immerhin kann auf dem gut 4500 Quadratmeter grossen Grundstück ein grösseres Industrie- und Gewerbehaus realisiert werden – von der Ausnützung her vergleichbar mit dem benachbarten Gebäude von Meier Tobler.

Richtig interessant für Investoren wäre es geworden, wenn die Schwerzenbacher die neue Bau- und Zonenordnung genehmigt hätten, denn dann wäre eine stark verdichtete Überbauung mit einer Mischnutzung Gewerbe/Wohnen möglich gewesen. Doch die Gemeindeversammlung hatte die Vorlage im März zurück an den Absender geschickt.

Weichen muss auch das kleine Restaurant Ranch gleich an der Strasse neben dem Hauptgebäude, das Schmid verpachtet hat. Hier werden die Tore schon Ende September geschlossen, danach findet eine Liquidation des Inventars statt.

Oft zu teuer – viel zu teuer

Schmid ist nicht der Typ, der rumjammert. Doch dass er hier weg muss, belastet ihn. Schliesslich war das über all die Jahre nicht nur sein Arbeitsort. Hier lebt er auch, zusammen mit seiner Frau Jeanne, in einer Wohnung gleich neben der Werkstatt.

Und auch wenn er nach langer Suche mittlerweile eine neue Wohnung in Schwerzenbach gefunden hat, wo auch die zwei Hunde willkommen sind: Die Sorge wegen des Verlusts der Werkstatt bleibt. «Es scheint nicht möglich, geeignete Räume für eine kleine Autogarage zu finden», sagt Schmid, der täglich die Angebote auf den verschiedenen Immobilienplattformen prüft und auch schon mal persönlich beim Besitzer eines geeigneten Objekts anklopft.

«In den grossen Garagen hingegen ist man als Kunde nur eine Nummer.»

Godi Schmid, Garagist

Entweder sind die Räume zu klein, zu teuer (meistens viel zu teuer), zu niedrig für die Montage eines Fahrzeuglifts – oder sie sind schlicht zu weit weg von Schwerzenbach und Schmids Kunden. Auch die eine oder andere bestehende Garage hat er sich schon angeschaut. Doch da hätte er die gesamte Ausstattung für Zehntausende Franken übernehmen sollen. Schwierig, wenn sich die eigenen Maschinen und Werkzeuge auf dem Markt nur mit grossem Verlust verkaufen lassen.

Jeanne Schmid verteilt Streicheleinheiten, drei Ziegen "bedrängen" sie. Links der 27-jährige Geissbock Peter.

Ein Grund, wieso Schmid trotz seiner 65 Jahre nicht aufhören will, ist der Umgang mit seinen Kunden, den er nicht missen möchte. «Es gibt darunter auch einige, die sind nicht mehr so gut zu Fuss. Da hole ich das Auto ab und bringe es wieder, darauf sind sie angewiesen», sagt Schmid. Das gehöre zum persönlichen Service. «In den grossen Garagen hingegen ist man als Kunde nur eine Nummer.»

Ein weiterer Grund ist sein Mitarbeiter, dem er in den knapp zehn Jahren bis zu dessen Pensionierung einen sicheren Arbeitsplatz bieten möchte. Zudem: Wie soll einer einfach aufhören, dessen Leben sich schon immer um Autos gedreht hat?

Bevor er in Schwerzenbach anfing, reparierte Schmid Autos in Hegnau, ebenso in Baltenswil, und auf dem Volkiland-Parkplatz betrieb er einen Occasionshandel. Was er in seiner Freizeit macht? Wenn er nicht gerade am Tontaubenschiessen ist, schraubt er an seinen zwei Amischlitten herum: einen 67er Pontiac Firebird und einen 65er Cadillac Sixty in Pink, den er früher für Hochzeitsfahrten vermietet hat. Beide sind im 1a-Zustand.

Wohin mit den Tieren?

Nicht nur eine neue Werkstatt zu finden ist schwierig, auch die Suche nach einem neuen Zuhause für seine Tiere läuft derzeit alles andere als rund. «Ich habe schon mehrere Gnadenhöfe kontaktiert, doch die ideale Lösung war noch nicht dabei», bedauert Schmid.

Und nicht zu vergessen: Da ist auch noch «Zwiebeli», die schwarz-weisse Katze, die denkt, dass sie an der Bahnstrasse 22 wohnt, obwohl sie eigentlich einen anderen Besitzer hat. Dass sie den Schmids überall hin nachläuft, wollen sie jetzt ausnützen und mit ihr bis zur neuen Wohnung spazieren. «Vielleicht findet sie uns dann wieder, wenn wir hier weg sind.»

Drei Ziegen und zwei Schafe weiden auf der Wiese gleich neben der Werkstatt.

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