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Politik

Wird Schwerzenbach zum neuen Dübendorf?

Die Einwohnerzahl von Schwerzenbach wird in den kommenden Jahren stark wachsen. Die Gemeinde will deshalb mit Hochhäusern Platz schaffen. Das passt nicht allen.

Zahlreiche Gebiete von Schwerzenbach werden aufgezont, wie das Industriegebiet Ifang.

Archivbild: Christian Brändli

Wird Schwerzenbach zum neuen Dübendorf?

Die Gemeinde Schwerzenbach soll in den kommenden Jahren rasant wachsen. Dafür braucht es mehr Platz und dieser wird mit einer neuen Bau- und Zonenordnung geschaffen. Mit den Plänen des Gemeinderats – eine Verdichtung gegen Innen, vor allem rund um den Bahnhof – sind aber nicht alle einverstanden.

So zum Beispiel Ernst Winkler, der in Schwerzenbach mehrere Liegenschaften und grössere Baulandreserven besitzt und von der neuen Bau- und Zonenordnung profitieren würde. Er sieht den Dorfcharakter in Gefahr. «Wir könnten unser Schwerzenbach, wie wir es kennen, verlieren.»

2000 mehr Einwohner

Warum die Revision notwendig ist, zeigt die Hochrechnung des Kantons Zürich. Dieser prognostiziert bis 2050 rund 2000 mehr Einwohner in Schwerzenbach.

Der Gemeinderat will das Bevölkerungswachstum mit einer Verdichtung stemmen. Er plant die Schaffung von Wohnraum entlang des Chimlibachs und im Zimikerried durch die Aufzonung entlang der Bahnlinie und im Zentrum nördlich und südlich des Bahnhofs.

Durch die Revision der Bau- und Zonenordnung soll in den genannten Gebieten künftig der Bau von bis zu siebenstöckigen Gebäuden möglich sein. Mit einem entsprechenden Gestaltungsplan könnte aber auch höher gebaut werden.

Erläuterung der Grafik

Im Süden des Bahnhofs sollen fünf- und sechsgeschossige Bauten (18-22 Meter) möglich sein. Nördlich des Bahnhofs sollen neu Gebäude mit bis zu sieben Stockwerken entstehen. Aus der Industriezone Zimikerried an der Guntenbachstrasse soll ebenfalls eine Wohnzone gemacht werden. Hier könnten gar siebengeschossige Gebäude entstehen, wobei nicht so dicht gebaut werden kann wie um den Bahnhof. Geplant sind siebengeschossige Bauten als Lärmriegel hauptsächlich entlang der Bahnlinie. Gegen Süden würde niedriger gebaut. Auf der Fläche «Langä Blätz» kann dreigeschossig gebaut werden.

Die Hochhaus-Problematik

Diese Pläne sind Ernst Winkler ein Dorn im Auge. Besonders störend für ihn: «Es ist in keinem Artikel eine Maximalhöhe für Hochhäuser definiert, und Hochhäuser würden gemäss Planungsbericht der Umgestaltung im Bahnhofsgebiet entsprechen.»

Dieses «quantitative Wachstum» zerstöre die Wohnqualität für die Schwerzenbacher und bringe keinerlei Vorteile: «Nur höhere Steuern, weil wir für die zusätzliche Infrastruktur mehr bezahlen müssen», sagt Winkler.

Weiter gibt ihm zu bedenken, dass durch den Zuwachs Mehrverkehr auf den Schwerzenbacher Dorfstrassen entstehen wird. »Der Gemeinderat geht davon aus, dass künftig mehr Einwohner auf den öffentlichen Verkehr umsteigen werden. Doch das ist Wunschdenken.» Schon heute gebe es regelmässig Stau in Schwerzenbach, sagt Winkler. Zudem sei der ÖV in den Stosszeiten bereits an der Kapazitätsgrenze.

Alles nicht so schlimm?

Gemeindepräsident Thomas Weber (parteilos) relativiert: «Die Strassen können den Bevölkerungszuwachs aushalten. Gemäss dem kommunalen Verkehrsrichtplan, den die Schwerzenbacher im Sommer guthiessen, soll vor allem der Anteil des Fuss- und Veloverkehrs, sowie der öffentliche Verkehr zunehmen.»

«Wenn höher gebaut werden will, muss die Gemeindeversammlung darüber entscheiden.»

Thomas Weber (parteilos), Gemeindepräsident

Dass mehr Menschen zu Mehrkosten in der Infrastruktur führen, für Schulhäuser zum Beispiel, sei für ihn logisch, sagt Weber. Im Umkehrschluss hätte der Zuwachs aber auch positive Aspekte.  «Mit mehr Einwohnern haben wir auch mehr Steuereinnahmen.»

Den angesprochenen Gedanken von Winkler, dass Hochhäuser den Dorfcharakter zerstören würden, findet Weber als zu kurz gedacht. «Die Leute machen das Dorf aus und nicht die Gebäude.»

Zudem könne der Gemeinderat nur Gestaltungspläne für Bauten bis zu sieben Stockwerken genehmigen. «Wenn höher gebaut werden will, muss die Gemeindeversammlung darüber entscheiden.»

Ein siebenstöckiges Haus habe eine Höhe von etwa 25 Metern, sagt Weber. Dass der Bahnhof zugestellt werde, wie es von Winkler befürchtet werde, findet er nicht. «Im Raum um den Bahnhof gibt es nur drei bis vier Stellen, an denen Hochhäuser entstehen könnten, vorausgesetzt, dass die Gemeindeversammlung den jeweiligen Gestaltungsplänen zustimmt.»

Gespaltene Meinung

Auch die Arbeitsgruppe Wohnliches Schwerzenbach (AWS) setzte sich mit der Bau- und Zonenordnung intensiv auseinander. Die Gruppe setzt sich, wie es der Name sagt, für ein «qualitatives Miteinander» im Dorf ein. In der Frage zur Auswirkung von Hochhäusern sei die Gruppe nicht einig, wie Thomas Aepli sagt.

Aepli ist überzeugt, dass Hochhäuser das Dorfleben nicht stärken würden. Bewohner von Hochhäusern würden tendenziell Anonymität geniessen und weniger am Gemeinschaftsleben teilnehmen, sagt er.

Tarnumhang der Partizipation

Weiter kritisiert die AWS, dass die Gemeinde etliche Vorstösse und eingereichte Vorschläge nicht gewürdigt habe. «Partizipation ist schön und gut, aber unsere Anregungen haben im fixen Planungsprozess und in der BZO kaum Niederschlag gefunden.»

Trotz den unterschiedlichen Meinungen sind sich die Beteiligten bewusst, dass eine Verdichtung stattfinden wird. Schlussendlich hat der Stimmbürger am 30. März das letzte Wort.

Der Gemeinderat wird am 16. März die überarbeitete Version der Bau- und Zonenordnung dem Volk präsentieren.

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