Bubikon will sein Gleis nicht hergeben
Ein ziemlicher Volksaufmarsch füllte gestern Abend die Turnhalle Geissberg in Wolfhausen. Der Grund dafür war nicht
 das Budget sondern die Stammgleis-Initiative, um die heftig gestritten wurde. Kurz vor halb Zwölf war es dann klar: Der Gemeinderat unterlag mit seinem Antrag, die Initiative abzulehnen.
Alles wartete gestern Abend gespannt auf Traktandum Nummer 6. Bald zeigte es sich, dass die meisten Stimmberechtigten vor allem wegen dieses einen Themas – dem Stammgleis, respektive dessen Erhalt – in die Geissberg-Turnhalle gekommen sind.
Schon der Beginn der Versammlung war etwas aufmüpfig, allerdings scheiterte der Antrag, dieses sechste Traktandum zuerst zu behandeln. Gemeindepräsidentin Andrea Keller (parteilos) konnte die Versammlung wie geplant durchführen. Aber gegen halb Zehn Uhr war es dann endlich soweit und die Diskussion konnte beginnen.
Zunächst wurde aber erneut gestritten, nämlich darüber, ob Thomas Marder, CEO der Firma Schulthess, etwas zu diesem Traktandum sagen dürfe. Er durfte.
Und er sagte, dass die Firma, die seit 1917 in Wolfhausen ansässig ist, viel, sehr viel Steuern zahle in der Gemeinde und sie das Gleis auf ihrem Grundstück störe. So war diese Sache einmal klar. Auch wenn es offenbar keine «geheimen Landverkaufs-Verhandlungen» gegeben habe zwischen der Gemeinde und Schulthess.
«Nur wir haben eine solche Verbindung zwischen unseren beiden Dörfern»
Markus Brunner, Initiant
Schulthess will Gleis kürzen
Im Namen der Initianten hatte zuvor Markus Brunner diese Verhandlungen ins Spiel gebracht. Die Firma Schulthess besitzt rund 50000 Quadratmeter Land mitten in Wolfhausen. Auf diesem Land gebe es schliesslich genug Platz für einen Ausbau. Früher habe man auch vom Gleisanschluss profitiert.
In der Initiative gehe es nicht um einen Weicheneinbau oder irgend etwas, Es gehe nur darum, die Gleise zu schützen. Und deshalb müsste das Gleis wieder in den Richtplan aufgenommen werden. «Nur wir haben eine solche Verbindung zwischen unseren zwei Dörfern», sagte Brunner.
Es gehe nicht um eine grosse Sache, betone Thomas Marder. Aber man wolle das Gleis um rund 200 Meter kürzen, damit man eine bessere Verbindung zwischen den Firmengebäuden erstellen könne. Seine Ausführungen kamen in der Halle aber irgendwie nicht so gut an.
In der Folge gab es zahlreiche Wortmeldungen, die betonten, dass die Gleise auf dem Schulthess-Grundstück nicht ein echtes Problem sein können. Wolfhausen und Bubikon wollte das Gleis nicht hergeben.
Nun wird also das Stammgleis wieder in den Richtplan aufgenommen, womit ein Verkauf oder eine Überbauung dieser Gleise nicht mehr möglich ist.
Auch wenn vielleicht der Eindruck bleibt, es sei gestern Abend nur um das Stammgleis gegangen. Zeitmässig stimmt das zwar, aber es ging auch noch um das Budget für das kommende Jahr, auch ein Thema, das die Gemeinde seit einiger Zeit begleitet.
Sparbemühungen dürftig
Finanzvorstand Thomas Illi (EVP) erläuterte die Zahlen. Für das Budget 2022 bleibt bei rund 45,5 Millionen Franken Aufwand ein Defizit von rund 1,5 Millionen Franken. Dieses ausserordentlich hohe Defizit ist auf einen Einmaleffekt im Finanzausgleich zurückzuführen.
Aufgrund der höheren eigenen Steuerkraft im letzten Jahr und der gleichzeitig sinkenden kantonalen Steuerkraft reduziert sich der Ressourcenzuschuss aus dem Finanzausgleich erheblich. Die Nettoinvestitionen im Jahr 2022 werden mit 6,7, Millionen Franken veranschlagt. Darin sind verschiedene Strassensanierungen enthalten sowie eine halbe Million für das Abwasserpumpwerk Schwarz in Rüti.
Trotz diesem nicht gerade erfreulichen Budget hofft man bei der Gemeinde auf eine Rechnung mit schwarzen Zahlen, möglicherweise sogar ein sehr guter Abschluss. Das wäre der vierte positive Abschluss hintereinander. Trotzdem ist die Rechnungsprüfungskommission (RPK) nicht zufrieden, wie deren Präsident Erich Henzelmann sagte.
Man erachte die Spar-Anstrengungen als ungenügend und hoffe, dass sich die Verwaltung nach den diversen Personalwechseln in der letzten Zeit wieder stärker um einen ausgeglichenen Finanzhaushalt bemüht. Die weiteren Geschäfte wurden kommentarlos genehmigt, darunter auch eine Erhöhung des Beitrages an die Ritterhausgesellschaft.
Eine Nostalgie-Strecke
Die Initiative, über die gestern abgestimmt wurde, wollte, dass die Bahngeleise zwischen dem alten Bahnhof Wolfhausen und dem Bahnhof Bubikon wieder in den Richtplan aufgenommen werden. Nur so könnten sie bewahrt und erhalten werden. Die Bahnstrecke wurde 1901 eröffnet und Teil der Uerikon-Bubikon-Bauma-Bahn. Seit 1948 fahren keine Züge mehr auf dieser Strecke. 2014 wurde die Anschlussweiche im Bahnhof Bubikon entfernt, seither gibt es keine Anbindung ans SBB-Netz mehr. Es werden aber Mehrmals pro Jahr Publikumsfahrten zwischen dem Ritterhaus Bubikon und dem alten Bahnhof Wolfhausen durchgeführt. (mk)
