«Wir verwenden Stoffe, die sonst von Armani gebraucht werden»
Die Bühnen der Welt gehörten einst ihr: Irina De Giorgi wurde 2011 zur Miss Earth Schweiz gewählt. Am Ende ihres Amtsjahres rief die Pfäffikerin den Benefizanlass «Zeig Herz, lauf mit» ins Leben: Ein Lauf, mit dem Spendengelder für herzkranke Kinder gesammelt wird.
Es gibt jedoch noch eine zweite Welt, in der sich Irina De Giorgi schon länger bewegt. Jene der Textilien und Mode. Ob Leinen, Baumwolle, Seide, Kaschmir oder eine Mischung davon – die 30-Jährige weiss nach einem Handgriff, aus welchen Materialien ein Kleidungsstück gefertigt wurde. Kein Wunder, hat sie doch Schneiderin gelernt und Textilwirtschaft studiert. Vor wenigen Monaten hat De Giorgi ein neues Projekt ins Leben gerufen: Zusammen mit ihrem Partner Marco Christen konfektioniert und verkauft sie Scrunchie-Haargummis. «Geboren in den 80er Jahren, erlebt das Scrunchie Haargummi gerade ein Revival.»
Das Aussergewöhnliche daran sind die Stoffe, aus denen die Haargummis hergestellt werden. Ein Grossteil davon wurde in der Schweiz gewoben und gehört somit «ins Luxussegment der Stoffe», so Irina De Giorgi. «Wir verwenden Stoffe, die sonst von Hermès oder Armani eingesetzt werden. Ökologisch, nachhaltig und sozial – diese Punkte stehen für uns aber an erster Stelle.»
Jobverlust gut genutzt
Haargummis, hergestellt aus nachhaltigen und ökologischen Stoffen – ausschlaggebend, dass es überhaupt dazu gekommen ist, war ein weniger erfreuliches Ereignis im Leben von De Giorgi: Ihr Jobverlust diesen Frühling. Bis dahin hatte sie als Sales Manager im Vertrieb einer Weberei gearbeitet, die unter anderem wegen des Coronavirus geschlossen wurde. «Plötzlich stand ich ohne Job da und wusste nicht, wie weiter.» Ihr Partner habe sie dann motiviert, sich auch privat ein Standbein aufzubauen, um ihr fundiertes textiles Fachwissen anzuwenden. Ziel war es, in einem sehr umkämpften Markt fusszufassen.
«Wir möchten dem Kunden aufzeigen, welche nachhaltigen Alternativen es zu Produkten gibt, die er bereits besitzt.»
Irina De Giorgi
Lange haben die beiden dann an Produktideen herumstudiert – etwas Neues auf den Markt zu bringen, sei aber fast nicht möglich. Es herrsche eine ständige Schlacht zwischen Anbietern und deren Marken. «Wir wollen uns von der Konkurrenz abheben, indem wir eine transparente Wertschöpfungskette, nachhaltige Produktion und die sozialen Aspekte bei der Konfektionierung einhalten.»
Und so entstand der Alternative-Store von Irina De Giorgi und Marco Christen. «Wir möchten dem Kunden aufzeigen, welche nachhaltigen Alternativen es zu Produkten gibt, die er bereits besitzt. Dafür brauchten wir eine Art Visitenkarte.» Ein Mitbringsel, etwas, das schnell und ohne grossen Aufwand hergestellt und verteilt werden könne; zum Beispiel ein Haargummi. «Wir setzten uns in den Sommerferien hin und nähten Scrunchie um Scrunchie», erinnert sich Irina De Giorgi.
Eine unerwartete Nachfrage
Die ersten fertigen Stücke haben sie Freundinnen und Familienmitgliedern verteilt und über Instagram und Facebook vertreiben «Die Resonanz war sehr positiv. Damit hätten wir nie gerechnet.» So hat sich der Haargummi zu mehr als nur einer Visitenkarte entwickelt, die Nachfrage sei ständig gestiegen.
Grund dafür ist für Irina De Giorgi und Marco Christen ganz klar die Herkunft der Haargummis und der Materialien, aus denen sie bestehen. Je länger je mehr würden Konsumenten darauf schauen, woher ihre Textilien stammen oder wie diese produziert werden. In den meisten Fällen sei das aber schwierig, nachzuvollziehen. «Auch wenn ein Qualitätslabel angebracht ist, ist es schwierig zurückzuverfolgen, unter welchen Begebenheiten ein Kleidungsstück produziert wurde.»
«Teilweise sitzen wir mehrere Stunden an einem Wochenende an der Produktion.»
Irina De Giorgi
Bei ihren Scrunchies sei das anders: Die Herstellung der Haargummis und Herkunft der Stoffe sei zu 100 Prozent transparent. Das Material, aus dem die Scrunchies entstehen, konnte Irina De Giorgi ihrem ehemaligen Arbeitgeber abnehmen. Ein Grossteil davon wurde in der Schweiz gewoben, das restliche Material stamme aus sozial fairer und ökologisch nachhaltiger Herstellung.
Konfektioniert werden die Scrunchies im Wohnzimmer von Irina De Giorgi, an verregneten Wochenenden oder nach Feierabend. Mittlerweile hat sie nämlich wieder einen Job gefunden. «Alles unter einen Hut zu kriegen, ist aufwendig – teilweise verbringen wir mehrere Stunden an einem Wochenende mit der Produktion der Haargummis.» Weitere selbstgemachte Produkte verkauft das Paar noch nicht – die Nachfrage nach den Scrunchies nehme aktuell alle Zeit in Anspruch.
Reich würden sie damit jedoch nicht. Das sei aber auch nicht das Ziel. Der Scrunchie soll aufzeigen, dass man zu jedem bereits bestehenden Produkt auch eine fair hergestellte Alternative finden kann. Das ist das langfristige Ziel von De Giorgi und Christen: sich zum Dienstleister im alternativen Textilbereich zu entwickeln. «Hat jemand eine Idee für einen Pullover, kann die Person an uns gelangen und wir zeigen die Alternativen auf, die es zu herkömmlichen Stoffen oder Marken gibt – so soll das Bewusstsein im Modebereich geschärft werden.»
Srunchies aus Pfäffikon
Die Srunchies von Irina De Giorgi und Marco Christen sind auf Anfrage erhältlich. Das Stück kostet neun Franken, zehn Prozent des Erlöses gehen an den Verein «Zeig Herz, lauf mit». Weitere Informationen und Kontaktangaben sind unter www.alternativestore.ch zu finden.