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Seit 35 Jahren fasziniert vom Alphorn

Fast täglich ertönt ein Alphorn ob Turbenthal. Und besonders während der aktuellen Zeit, sind die Klänge eine Wohltat. Hinter dem Alphorn steht Ernst Bodenmann.

Ernst Bodenmann ist oberhalb von Turbenthal regelmässig mit seinem Alphorn anzutreffen. Immer dabei sein Hund Lussy., Das Instrument war ein Geschenk zum 50. Geburtstag.

Urs Weisskopf

Seit 35 Jahren fasziniert vom Alphorn

Besonders an sonnigen Abenden freut sich Ernst Bodenmann auf den Klang seiner beiden Alphörner. Immer dabei sein Hund Lussy. Wenn es das Wetter zulässt, übt Bodenmann jeden Tag. Die Nachbarn am Schützenweg in Turbenthal geniessen die Zeit, wenn das Instrument erklingt.

Die Töne des Alphorns trägt der Wind bis ins Dorf. Stolz ist Bodenmann über die Bewilligung eines Bauern, der ihm erlaubt, mit dem Auto eine Privatstrasse im Hutziker Tobel zu benutzen. Dort, manchmal zwischen den Kühen, ist das Bild schweizerischer Idylle fast perfekt.

Alles begann am 50. Geburtstag von Ernst Bodenmann, als seine Frau ihn mit einem besonderen Geschenk überraschte. Das Geschenk hatte die stattliche Länge von 3 Metern und 36 Zentimetern. «Sie hatte bemerkt, dass ich regelmässig still stand, wenn ein Alphorn ertönte», erinnert er sich. «Mich faszinierten die Naturtöne.»

Allerdings musste Bodenmann noch zwei Jahre warten, bis er dieses Geschenk wirklich in den Händen halten konnte. So lange dauerte die Produktion des bestellten Alphorns. Der eigentliche Grund des Geschenks, verriet Theresia Bodenmann, seien Atemschwierigkeiten ihres Mannes gewesen und sie habe gehofft, dass es ihm mit guter Atemtechnik bald besser ginge.

Sie sollte sich nicht irren. Zur Überbrückung probte Ernst Bodenmann mit einem ausgeliehenen Alphorn in Uster. Erst mit 52 Jahren konnte er sein Geschenk in Empfang nehmen – und spielt damit bis zum heutigen Tag.

Das Eidgenössische als Ziel

Obwohl der Gesang, besonders das Jodeln, Bodenmann in verschiedenen Vereinen begleitete, war es kein Vergleich zum Alphorn. Mit Disziplin und Ausdauer wurden die Töne reiner. 1984 war das eidgenössische Jodlerfest in St. Gallen.

«Ich durfte zwar am Wagen mit dem Schloss Uster mitbauen, hatte aber noch keine Möglichkeit, die nötige Qualifikation zu erreichen, um aktiv dabei zu sein», erinnert sich Bodenmann.  Sein erster Auftritt als Solist in Rorschach 1986 misslang ihm gründlich. Die Vorgabe von zwei Minuten und 30 Sekunden verspielte er mit einem zu kurzen Vortrag.

«Ohne Fleiss ist eben doch kein Preis zu gewinnen.»

Ernst Bodenmann, Alphornspieler

Erst an den verschiedenen Unterverbandsfesten in den folgenden Jahren, Solo und Duett, erspielte er oft die Note «Gut» und damit auch das Ticket für die Teilnahme am eidgenössischen Jodlerfest 1987 in Brig. Es gibt nur wenige traditionelle Anlässe in der Schweiz, die das Brauchtum so ausgiebig feiern, wie eidgenössische Feste.

Zugleich bedeutet der friedliche Wettkampf zwischen Akteuren und Jury eine Messlatte für die individuellen Leistungen. Stolz kehrte Bodenmann nach Hause mit dem Wissen, dass «ohne Fleiss eben doch kein Preis zu gewinnen ist». Später, an einem weiteren Jodlerfest in Saas Fee, gelang ihm sogar seine erste Bestnote 1, ein «Sehr gut».

Das Alphorn verbindet

Auch besuchte er mehrere Kurse, unter anderem in Fiesch im Wallis, um seine Fertigkeiten zu vertiefen. Dort lernte er Ende der 90er einen Schweizer kennen, der von Guatemala anreiste. «Wir hatten ungefähr das gleiche Niveau und doch konnte ich ihm einiges beibringen», erzählt Bodenmann. Zum Dank gab es eine unverhoffte Überraschung: Zurück in seinem Heimatland schickte der neue Bekannte eine Einladung mit einem Flugticket.

Und so flog Bodenmann Anfang 2000 mit einem Kollegen nach Guatemala. «Ich war freudig überrascht über diese grosszügige Einladung», sagt er. Zu dritt hätten sie viele Sehenswürdigkeiten gesehen. Schmunzelnd erinnert sich Bodenmann, dass seine Mitbewohner jeweils bereits früh am Morgen durch sein Alphorn aufwachten. «Das war wohl eines der schönsten Erlebnisse dank meines Alphorns.»

«Wenn ich nicht in guter Stimmung bin, dann spürt das auch mein Instrument.»

Auch mit nun 87 Jahren übt Bodenmann täglich, denn er weiss: «Nach Pausen ist es wieder schwieriger, in den Rhythmus zu kommen.» Gerade für die erste Stimme, die er oft spielt, benötige es eine grosse Kondition. Und er weiss auch aus seiner mehr als 35-jährigen Erfahrung, dass das Spielen nur bei guter Verfassung geht.

«Wenn ich nicht in guter Stimmung bin, dann spürt das auch mein Instrument», erklärt er. Immer wieder wird Bodenmann im Duo oder Trio zu verschiedenen Anlässen engagiert. Er ist überzeugt, dass er ohne das Geschenk seiner Frau nicht so alt geworden wäre. (Urs Weisskopf)

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