Politik

So bereiten sich Gartencenter und Coiffeure auf die Öffnung vor

Am Montag ist der Besuch im Baumarkt, beim Arzt oder Tätowierer wieder möglich. Wie sich Kunden und Anbieter gegen das Coronavirus schützen, ist den Branchen überlassen. Trotz Konzepten bleiben Fragen offen.

Ab Montag können Gartencenter, Baumärkte und Coiffeure wieder öffnen., Erwin Meier-Honegger vom Gartencenter Meier in Dürnten «befürchtet» einen Ansturm, Coiffeure müssen bei der Arbeit Einweghandschuhe sowie Masken tragen

Symbolbild

So bereiten sich Gartencenter und Coiffeure auf die Öffnung vor

Mit Schutzbrille, Handschuhen und Atemschutzmaske des Typs FFP2 ausgerüstet, startet die junge Zahnärztin in Zürich am Montag wieder, der Terminkalender ist prall gefüllt. Angst vor der Nähe während der Zahnbehandlung scheinen die Patienten nicht zu haben. «Unsere Kunden sind ehrlich, wer Symptome zeigt, wird nicht kommen», sagt sie. Während der Behandlungen ändert sich für sie wenig. Das Ultraschallgerät und die Munddusche sollen nicht benutzt werden. Denn sie würden mögliche Erreger in der Luft verteilen. «Wie das dann in der Praxis funktioniert, müssen wir allerdings noch sehen», sagt sie.

Wie vom Bundesrat beschlossen dürfen am kommenden Montag in der ersten Phase der Lockerung aus dem Lockdown neben Zahnarztpraxen auch alle weiteren ambulant medizinischen Einrichtungen wie Physiotherapeuten und Arztpraxen, Tierarztpraxen sowie personenbezogene Dienstleistungen wie Massage- und Tattoo-Studios und Coiffeure öffnen. Fitnesscenter hingegen bleiben noch geschlossen. Zudem werden Gartencenter, Baumärkte, Blumenläden und Gärtnereien ihre Türen öffnen.

Möglich ist diese Lockerung nur unter Einhaltung der Hygiene- und Schutzmassnahmen, die das Bundesamt für Gesundheit festgelegt hat. Zwar gilt keine allgemeine Maskenpflicht. Für bestimmte Behandlungen sind diese aber vorgeschrieben. So zum Beispiel, wenn ein 2-Meter-Abstand während mehr als 15 Minuten nicht eingehalten werden kann.

Branchen entwickeln eigene Konzepte

Wie in der angepassten Erklärung zur Covid-19-Verordnung des Bundes zu lesen ist, obliegt die Pflicht zur Erarbeitung eines Schutzkonzepts den einzelnen Betreibern der Einrichtungen. Ob die Massnahmen korrekt umgesetzt werden, sei von den zuständigen kantonalen Behörden zu überprüfen.

Der Schweizerische Gewerbe­verband (SGV) hat zudem eine Exit-Strategie für die verschiedenen Branchen verabschiedet und mit ihnen Konzepte zur Öffnung entwickelt. Darin aufgeführt sind Hygienemassnahmen, wie das regelmässige Desinfizieren von Händen und Gegenständen, das Tragen von Masken oder Vorschläge zur Regulierung des Kundenstroms für die Baumärkte und Gartencenter. Diese würden für den 27. April einen Ansturm an Kunden erwarten, gibt Jardin Suisse Auskunft. Einige Mitglieder des Verbands seien deswegen verunsichert.

Abstandsmarkierung und Lautsprecherdurchsagen

Erwin Meier-Honegger vom Gartencenter Meier in Dürnten «befürchtet» einen Ansturm. «Wider alle betriebswirtschaftliche Vernunft» lege er besonders Menschen der Risikogruppen während der Eröffnungstage nahe, zu Hause zu bleiben. Baumärkte wie Jumbo, Migros Do it + Garden oder Coop Bau+Hobby rechnen mit einer grossen Anzahl Kunden und somit Wartezeiten vor den Läden.

Damit der 2-Meter-Abstand von den Kunden eingehalten wird, setzt die Branche auf Einbahnwegführung, Abstandsmarkierungen am Boden und Lautsprecherdurchsagen. Zudem sind Ein- und Ausgangskontrollen Pflicht. Das Gartencenter Meier kalkuliert die Anzahl Kunden pro Tag nach der Anzahl, die im Kassenbereich unter Einhaltung der Vorsichtsmassnahmen bewältigt werden können. Daraus ergebe sich eine Kapazität von knapp 600 Besucherinnen pro Tag.

«Aus Angst, sich anzustecken, werden einige Patienten fernbleiben.»

Osman Besic, Geschäftsführer von Physioswiss

Den gebührenden Abstand unmöglich einhalten können hingegen Coiffeure, Ärztinnen oder Tätowiererinnen. Umso genauer müssen die Schutzkonzepte dieser Branchen sein: Der Verband Schweizerischer Berufstätowierer definiert klar, dass Tätowierer während der Arbeit Schutzmaske des Typs FFP2 tragen müssen. Beim Kunden würden einfache «Chirurgenmasken» ausreichen. Sie würden dem Kunden ausgehändigt.

Bei den Physiotherapeuten werden Patienten ausserhalb der Risikogruppe auch behandelt, wenn sie keine Maske tragen. «Eine Maskenpflicht besteht nicht, wir halten uns an die Vorgaben des Bundes», sagt Osman Besic, Geschäftsführer von Physioswiss. Die Therapeuten würden während der Behandlung Masken tragen. Trotz all der Schutzmassnahmen bleibt die drängende Frage, wie sich die Patienten verhalten werden – nicht alle Terminkalender sind gefüllt. «Aus Angst, sich anzustecken, werden einige Patienten fernbleiben», sagt Besic.

Mit Handschuhen Haare schneiden?

Der Verband Coiffure Suisse schreibt seinen Mitgliedern hingegen eine breite Palette von Schutzmaterial vor: Mitarbeitende müssen Einweghandschuhe sowie Masken tragen und einen wegwerfbaren Umhang benutzen. Auch die Kunden müssen Masken tragen. Zudem ist ein Plexiglas-Gesichtsschutz obligatorisch bei Gesicht-zu-Gesicht-Behandlungen wie einer Bartrasur. «Wie wir mit Handschuhen richtig Haare schneiden sollen, wissen wir noch nicht. Wir werden sehen», sagt eine Coiffeuse. Sie wolle die Kunden nicht verunsichern und daher ihren Namen lieber nicht nennen. Kommt ein Kunde ohne Maske, stelle sie ihm eine gegen Bezahlung zur Verfügung.

Ein weiteres Problem sei die Beschaffung von Desinfektionsmitteln, sagt sie. Bei den Zahnärzten hört man Ähnliches, wie Marco Tackenberg, Sprecher der Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft, sagt: «Eine grosse Herausforderung für die Mitglieder ist die Beschaffung des nötigen Schutzmaterials, insbesondere Schutzmasken und Schutzbekleidung.» (Maren Meyer)

Möchten Sie weiterlesen?

Liebe Leserin, lieber Leser

Nichts ist gratis im Leben, auch nicht Qualitätsjournalismus aus der Region. Wir liefern Ihnen Tag für Tag relevante Informationen aus Ihrer Region, wir wollen Ihnen die vielen Facetten des Alltagslebens zeigen und wir versuchen, Zusammenhänge und gesellschaftliche Probleme zu beleuchten. Sie können unsere Arbeit unterstützen mit einem Kauf unserer Abos. Vielen Dank!

Ihr Michael Kaspar, Chefredaktor

Sie sind bereits Abonnent? Dann melden Sie sich hier an

Digital-Abo

Mit dem Digital-Abo profitieren Sie von vielen Vorteilen und können die Inhalte auf zueriost.ch uneingeschränkt nutzen.

Sind Sie bereits angemeldet und sehen trotzdem nicht den gesamten Artikel?

Dann lösen Sie hier ein aktuelles Abo.

Fehler gefunden?

Jetzt melden.