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«Hoi Dabu, kennst du mich noch?»

Dabu Fantastic stecken mitten im Promo-Stress für ihr neues Album «Schlaf Us». Trotzdem hatten sie Zeit für einen Besuch in Mönchaltorf, dem einstigen Zuhause von Sänger David «Dabu» Bucher. Auf einem Rundgang gab er Einblick in seine Jugendjahre.

Dabu Fantastic nahmen sich Zeit für einen Spaziergang durch Mönchaltorf., Treffpunkt war die Dorfmetzg Bleicher. Zu den Inhabern hat Dabu eine besondere Beziehung., Erste Station war die Schule Rietwis. Hier hat Dabu die obligatorische Schulzeit absolviert., Auf dem Weg durchs Dorf spienzelte Dabu auch mal über einen Gartenzaun., Im Wohnquartiert «Im Heugarten» wuchs der Sänger mit seinen Schwestern auf., Dort befindet sich heute noch sein alter Bandraum mit der «sagenumwobenen» Regie-Scheibe., Am Ende des Rundgangs machten Dabu und Arts in der Metzgerei Bleicher noch Fotos mit Fans.

Christian Merz

«Hoi Dabu, kennst du mich noch?»

Ich habe mich mit David «Dabu» Bucher und Andreas «Arts» Christen von Dabu Fantastic vor der Metzgerei Bleicher verabredet. Kein üblicher Ort für ein Treffen, wie mir scheint. Was zieht die Mundart-Stars in die Dorfmetzg im beschaulichen Mönchaltorf? Zur Familie, die die Metzg führt, hat Dabu Bucher ein besonderes Verhältnis. «Mein Bezug zu Mönchaltorf ist nicht mehr ultra gross», sagt er. «Aber ich pflege einen regen Kontakt mit Bleichers. Es ist eine sehr sympathische Familie und ich finde es toll, dass es noch eine Dorfmetzg gibt. Das ist wichtig für so ein Dorf.»

Die Beziehung zu Bleichers hatte mit dem Lied «Miin Ort», das von Mönchaltorf handelt, ihren Anfang genommen. Dort singt Bucher: «I dem Dorf woni herchume hät de Metzger foif Chind.» Ein paar von ihnen werden wir später noch treffen.

«Ich bin im Moment Vegetarier»

Auf den Song folgte 2018 ein Mini-Konzert auf dem Ladenvorplatz, und Metzger Erich Bleicher ehrte den Sänger kurzerhand mit einer eigenen Wurst. Der Dabu Fantastic Grillschüblig. 

«So eine Widmung macht es konkret, dass man zum Dorf gehört», sagt Dabu. «Gibt’s die bei der nächsten Grillparty?», will ich wissen. «Wohl nicht. Ich bin im Moment Vegetarier – aus ökologischen Gründen. Aber sie ist wirklich gut.»
 

Nun machen wir uns auf zu einem kurzen Spaziergang durch Mönchaltorf. Erste Station ist die Schulanlage Rietwis. Hier hat der Sänger die ganze obligatorische Schulzeit absolviert. «In der Sek habe ich lustige Sachen erlebt», erinnert er sich. Er sei einer von den Schülern gewesen, die immer auf die letzte Sekunde zum Unterricht erschienen seien. «Mit der Zeit wusste man, welche Lehrer immer etwas zu spät kamen. Da konnte man das easy einberechnen.»

CO2 und der Chemieunterricht

An den Chemieunterricht hat Dabu eine besondere Erinnerung: Da sei ihm der Name für eine seiner vielen Bands in den Sinn gekommen. «In der Pause hatten ein Freund und ich beschlossen, eine Band zu gründen. Am gleichen Tag im Chemieunterricht dachte ich: CO2, das wäre gut!» Arts lacht. «Daraus hätte etwas werden können. Und die Leute könnten es sich besser merken als Dabu Fantastic.»

«Damals  dachten wir, das ganze Oberland kennt uns.»

Andreas «Arts» Christen von Dabu Fantastic

«Wie ist der Name eigentlich zustande gekommen?», frage ich dazwischen. «Das war ein Unfall», meint Dabu. «Als Jugendlicher war Dabu mein Künstlername.» «Fantastic» hätten die beiden eine Kassette von ihnen genannt. Die beiden Namen seien auf dem Titelbild aber so nahe beieinander gestanden, dass die Leute es missverstanden hätten. «Sie dachten, das  sei unser Bandname.» In ihrer jugendlichen Übermut dachten die beiden, sie könnten das nicht mehr richtigstellen. «Damals  dachten wir, das ganze Oberland kennt uns», sagt Arts. Er fügt lachend hinzu:  «Aber das stimmte überhaupt nicht.»
 

Inzwischen steht Dabu vor seiner alten Schule. «Schaut!» Er deutet grinsend auf die Veloständer. «Bei uns gab es ein Spiel mit der Parallelklasse. Wir hängten jeweils die Velos am Sattel ans Dach.» Das Spiel habe sich dann soweit verselbstständigt, dass sie die Velos auch an der Fahnenstange hochgezogen hätten und am Schluss sogar aufs Dach der Turnhalle geklettert seien, um sie dort zu platzieren. «Das gab dann Ärger. Es war schon ziemlich gefährlich.»

«Ich mag die Leute von Mönchi»

Wir betreten die grosse Pausenhalle. Sie erinnert an einen Jugendtreff. Es hat verschiedene Sitzmöglichkeiten, Töggelikästen und einen Pingpongtisch. Hier stiegen zu Dabus Zeiten die Schulpartys und Schülerkonzerte. Arts blickt staunend um sich. «So was hatten wir nicht in Dürnten.»

Plötzlich spricht ein Junge Dabu an. «Hoi Dabu, kennst du mich noch?» «Hoi!», Dabu lacht. «Du bist doch auch einer von Bleichers. Wir waren gerade bei euch zuhause.» Der Junge strahlt übers ganze Gesicht: «Wirklich?»

«Zuerst ärgerten sich die Leute über die Aussage ‹Min Platz isch nümme det›.»

David «Dabu» Bucher, Sänger von Dabu Fantastic

Arts beobachtet die Szene. «Sie ist spannend, die Beziehung, die er noch zum Dorf hat», sagt er. «Es ist cool, dass sich Mönchi um seine Künstler kümmert.» «Zuerst ärgerten sich die Leute über die Aussage ‹Min Platz isch nümme det› im Mönchi-Song», erwidert Dabu. Seit sie 2012 ihren ersten Swiss Music Award gewonnen hätten, sei das nicht mehr so.  «Das freut mich, denn ich mag die Leute von Mönchi.»
 

«Was vermisst du von Mönchaltorf?», frage ich, als wir die Schulanlage verlassen. «Ruhige Nächte. Dort, wo ich in Zürich wohne, gibt es das nicht», antwortet er. Ob viel Mönchaltorf in ihre Lieder einfliesse, will ich daraufhin wissen. «Nicht explizit», meint Dabu. Jedoch viel von den Gefühlen und der «pubertäre Energie», die er als Jugendlicher durchlebt habe . «Die Zeit war sehr intensiv.»
 

«Wir haben gemerkt, dass gewisse Songs keine Aufmerksamkeit bekommen.»

Andreas «Arts» Christen

Nun machen wir uns auf den Weg zu Dabus altem Zuhause. Ich nutze den Moment, mit ihnen über ihr neues Album zu sprechen. Neun der Lieder, die darauf zu hören sein werden, haben die beiden  in den letzten Monaten häppchenweise veröffentlicht. Ich möchte wissen, warum. «Das entspringt unserem Band-internen Urtrieb, jedes Mal alles anders zu machen», sagt Arts. «Zudem haben wir gemerkt, dass gewisse Songs keine Aufmerksamkeit bekommen, wenn man alle auf einmal herausbringt.»

Das sei auch der Grund, dass der Titelsong «Schlaf Us» nicht – wie sonst üblich – am Anfang veröffentlicht wurde, sondern erst mit dem Album erscheine, so Dabu. «Er ist ein besonderes Schmankerl. Auf ihn bin ich am meisten stolz bei dieser Produktion.»

Alte Stickers von 1999

Plötzlich bleibt Arts neben einer Strassenlampe stehen. «Jetzt müssen wir schnell stoppen. Da sind noch Überbleibsel von früher!» Fasziniert betrachtet er den Pfahl und Dabu erklärt: «Das sind die alten Stickers von unserer Hip-Hop-Crew. Die sind von 1999 und kleben da immer noch.» «So hat es quasi angefangen», sinniert Arts. Auch er war damals Mitglied der Crew und lernte dadurch Dabu kennen.
 

Unmittelbar hinter der Strassenlampe beginnt das Heugarten-Quartier. «Dieser Ort ist entscheidend für das, was wir heute machen», erklärt Dabu. Hier sei er zusammen mit seinen drei Schwestern mitten unter Künstlern und Musikern aufgewachsen.  «Ich merkte schon als Kind, Musik hat einen Wert. Sie ist etwas, das wichtig ist für die Welt und die Menschen.» Er selbst sei auch oft zu Gegen- und Celloklängen aus der Nachbarwohnung eingeschlafen. «Ich habe mich nie darüber aufgeregt, sondern fand das cool.»

Vom Bandraum zum Lebensraum

In der Tiefgarage des Quartiers befindet sich auch der Bandraum, in dem Dabu, und später ebenfalls Arts, fast seine ganze Freizeit verbrachte. «Wir erlebten darin eine legendäre Zeit und sind irgendwann rausgeflogen», erinnert sich der Sänger. «Er wurde vom Proberaum zu unserem Lebensraum.» Und das sei das Problem gewesen. Denn sie hätten den Gemeinschaftsraum ganz für sich in Beschlag genommen und niemand anderes mehr hereingelassen.

«Ist die Scheibe noch drin?», will Arts wissen. «Das weiss ich nicht», entgegnet Dabu. Kurzerhand machen sich die beiden auf, bei den Anwohnern einen Schlüssel aufzutreiben. Bei Dabus Eltern werden sie schliesslich fündig. Sein Vater begleitet uns in die Tiefgarage, wo er uns den Zugang zum ehemaligen Musiker-Allerheiligtum ermöglicht.
 

«Da, ist sie! Die Scheibe!», ruft Arts. «Die sagenumwobene Scheibe, die ihr eingebaut habt, weil ihr nicht mehr zufrieden wart mit einem simplen Bandraum. Ihr wolltet ein Studio mit einem Regieraum.» Liebevoll streicht Dabu übers Glas. «Ich sass da drin und machte die Beats», erzählt er. «Das war nicht schlecht.» Zu Gymi-Zeiten habe er sich jeweils direkt nach der Schule hier unten verschanzt und gearbeitet. «Meine Familie sah mich nicht mehr oft, aber sie wusste wenigsten, wo man mich finden konnte.»

Mittlerweile drängt die Zeit. Für Dabu Fantastic steht bald der nächste Termin auf der Agenda. Also machen wir uns auf den Weg zurück zur Metzgerei Bleicher. Dort angekommen, steuert Dabu das Bandauto an – und holt seine Gitarre aus dem Kofferraum.
 

(Quelle: Youtube/Dabu Fantastic)
 

Wir betreten den Verkaufsladen. «Sind die Kinder da?», fragt Dabu in die Runde. «Wir spielen noch Eines, aber das geht nur, wenn sie auch zuhören.» Ein paar Minuten später haben sich diese schon neben dem Tresen aufgereiht und lauschen gebannt dem Song «Jagge», geschrieben von «ihrem» Dabu Bucher.  Beim Refrain singen sie mutig mit.

Die Kunden, die gerade den Laden betreten, stimmen augenblicklich mit ein. An ein Durchkommen wäre sowieso nicht zu denken, denn die Menschentraube nimmt einen Grossteil des kleinen Raumes ein. Denn die Möchaltorfer Dorfmetzg ist – wenn auch nur für einen kurzen Moment – zur Konzertbühne geworden.
 

«Schlaf Us» mit Dabu Fantastic
Das Album «Schlaf Us» ist ab heute Freitag, 7. Februar,  im Handel und zum Streamen erhältlich. Es enthält neben dem gleichnamigen Titelsong elf weitere Lieder von Dabu Fantastic.

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