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Letzte Ruhe unter Bäumen

Heute wählen viele eine natürliche Art der Beisetzung. Als Alternative zu herkömmlichen Friedhofbestattungen können sich verstorbene Pfäffiker neu im Wald der Privatwaldkorporation begraben lassen.

In Pfäffikon kann ein offizielles Grab nun auch so aussehen., Die Privatwaldkorporation Pfäffikon bietet Waldbestattungen an., Der Waldfriedhof ist gut mit dem Auto zugänglich.

André Gutzwiller

Letzte Ruhe unter Bäumen

Der letzte Weg führt nicht mehr zwingend auf den Friedhof. Menschliche Überreste können mittlerweile sogar ins All befördert, zu einem Diamanten gepresst oder als Joint geraucht werden. Alternative Bestattungsmethoden sind auch in Pfäffikon Thema. 

200 Meter entfernt von der Pfäffikerstrasse Richtung Hittnau betritt Theodor Suter, Vorstandsmitglied der Privatwaldkorporation, das Grundstück, auf dem sich Einwohner von Pfäffikon bestatten lassen können. Ein kleiner Holzpflock markiert subtil den Eingang des rund zwei Hektar grossen Waldstückes. Als Suter sich durch das Dickicht kämpft, sind nur das Knirschen der gefrorenen Erde unter seinen Füssen, ab und zu das Knacken eines Astes und selten ein Tiergeräusch zu hören. Wege gibt es keine, das Unterholz ist nur minimal gerodet.

Back to the roots

Vor einem Baum, an dessen Stamm ein Holzschild angebracht ist, bleibt Suter stehen. Darauf eingraviert ein Geburts- und ein Todesdatum, aber kein Name. Unter den Wurzeln befinden sich menschliche Überreste. Dort möchte auch Suter einmal bestattet werden – eine herkömmliche Beisetzung auf dem Friedhof komme für ihn nicht in Frage.

«Wir wussten nicht, dass meine Frau die erste Person sein würde, die in diesem Waldstück bestattet wird.»

Theodor Suter, Vorstandsmitglied der Privatwaldkorporation Pfäffikon

«Der Wald ist mein Daheim», sagt er. Er wolle an einem Ort begraben werden, wo er sich wohl fühle. «Ich war früher oft mit meinen Hunden im Wald.» Als Vorstandsmitglied der PWK habe er für sich die Idee gehabt, auf einem Teil des Grundstücks der PWK die Nutzung als Waldfriedhof zu beantragen. Die PWK arbeitete daraufhin im 2017 ein Konzept aus und holte sich die Bewilligung beim zuständigen Kreisforstmeister des Kantons ein.

Tragischerweise war es Suters Frau, die den Waldfriedhof einweihte: «Wir wussten nicht, dass meine Frau die erste Person sein würde, die hier bestattet wird», sagt Theodor Suter. Sie sei nämlich unerwartet innerhalb von zwei Monaten an einem Nierentumor verstorben. Im März 2018 habe Suter zusammen mit seinem Sohn einen Baum ausgesucht und in Mai die Asche der Verstorbenen bei den Wurzeln vergraben.

Symbolik vom ewigen Kreislauf

«Der Baum zieht jetzt Kraft von den Mineralien aus der Asche», sagt Suter. Die menschlichen Überreste dienten nun als Dünger für neues Leben. Suter sagt über sich selber, er sei eher pragmatisch denkend statt esoterisch angehaucht. Trotzdem verspüre er gewissermassen eine symbolische Kraft im Baum, der von der Asche seiner Frau zehrt.

In der Nähe des Baumes steht ein Hocker aus einem massiven Holzstück. Suter verbringe nicht viel Zeit vor dem besagten Baum. «Manchmal kommt aber plötzlich das Bedürfnis auf, daher ist es schön, einen fixen Ort zu haben, an dem man Verstorbenen gedenken kann.»

Baummiete für 20 Jahre

Für immer bleibt die Asche auf dem Waldfriedhof aber nicht bewahrt: «Der Wald verändert sich. Neue Bäume wachsen, andere sterben», sagt Suter. So hat beispielsweise auch schon der Sturm Lothar auf dem Grundstück gewütet, viele Bäume weggefegt und dabei Platz für neue geschaffen.  

Die PWK vermietet Bestattungsbäume für 20 Jahre zu einem Preis von 2400 Franken. «Die Bäume dürfen frei ausgewählt werden», sagt Suter. Im Bestattungsritual seien den Hinterbliebenen jegliche Freiheiten überlassen. Das Informationsblatt für Bestattungen im Waldfriedhof Pfäffikon, welches Interessierte beim Bestattungsamt beziehen können, enthält dennoch einige Auflagen, die beispielsweise das Anbringen von Grabschmuck verbieten.

Interesse vorhanden – Anmeldungen nicht

Der Waldfriedhof solle nämlich so naturbelassen wie möglich bleiben – das im Unterschied zu den Friedwäldern, wie es etwa in Hittnau einen gibt. Friedwälder seien geordneter und eher wie ein Park. Der Begriff ist geschützt und bezeichnet schweizweit über 70 offizielle  Baumbestattungsorte. Als Konkurrenz sieht Suter die Friedwälder aber nicht, schliesslich betreibe die PWK den Waldfriedhof hobbymässig und sei nicht am Kommerz ausgerichtet.

Bislang ist Suters Frau die einzige, die im Pfäffiker Waldfriedhof begraben liegt. Obwohl das Angebot bereits seit rund zwei Jahren besteht, hat es sich noch nicht etabliert – allenfalls weil es noch ziemlich unbekannt ist. Im November erschien es in der Pfäffiker Lokalzeitung.  «Seither erkundigten sich einige –  definitive Anmeldungen gab es aber noch keine», sagt Suter. Das könne daran liegen, dass viele Interessenten jünger seien. 

«schickliche Bestattungen» in der Natur

Auch beim Bestattungsamt, wo der Waldfriedhof im Leitfaden als Beisetzungsoption aufgeführt ist, seien mehrere Anfragen eingegangen, so Leiterin Bianca Boos Germann. Ihr zufolge nimmt das Bestattungsamt auf möglichst viele Bestattungswünsche Rücksicht. Generell sei in den vergangenen Jahren aber die Anzahl der Urnen, welche den Angehörigen ausgehändigt und somit nicht auf dem Friedhof beigesetzt wurde, konstant. Was nach der Aushändigung mit der Asche passiere, obliege den Angehörigen. «Denkbar sind zum Beispiel Verstreuungen im Wald oder im See, sowie Beisetzungen auf dem eigenem Grundstück oder im Ausland», sagt Boos Germann.

Auf dem eigenen Grundstück dürfen Angehörige die Asche von Verstorbenen beisetzen.  Suter kann sich aber gut vorstellen, dass Überreste manchmal auf fremden Gebieten verstreut werden, da nicht alle eigenes Land besitzen. Aus demselben Grund begrüsst auch der Gemeinderat Pfäffikon ,  sowie der Kanton, die sich für  «schickliche Bestattungen» einsetzen,  das offizielle und geordnete Bestattungsangebot im Wald der PWK.

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