Politik

Forschen gegen den Wasserverlust

Trockene Sommer setzten der Schweiz zu. Eine Forschungsgruppe der Hochschule für Technik Rapperswil untersucht, wie man dem Problem begegnen kann. Die Krux: Unser Abwassersystem ist zu effizient.

Forschen gegen den Wasserverlust

Dem «Wasserschloss» Schweiz geht es noch gut. Doch die Hitzesommer der letzten Jahre hinterlassen hierzulande ihre Spuren.Der letztjährige Sommerwar der drittheisseste seit Messbeginn, nach 2003 und 2015. In Winterthur-Seen fiel damals so wenig Regen wie seit fast 150 Jahren nicht mehr. Die Gruppenwasserversorgung Zürcher Oberland musste zusätzliches Zürichseewasser abpumpen, um das Grundwasser zu schonen. Dazu riefen diverse Gemeinden zum Wassersparen auf. «Hitze und Trockenheit hatten teilweise einschneidende Auswirkungen», heisst es beim Bundesamt für Umwelt. Solche klimabedingten Extremsituationen sind zwar relatives Neuland für die Schweiz. Aber sie werden zunehmen. Die längste Trockenperiode des Sommers könne Mitte dieses Jahrhunderts im Schnitt bis zu einer Woche länger dauern als heute, hält das National Centre for Climate Services (NCCS) des Bundes fest. Abfliessen verhindern Nötig sind also Gegenmassnahmen. Eine Forschungsgruppe an der Hochschule für Technik Rapperswil (HSR) erarbeitet eine Studie, die ebensolche aufzeigt. Im Fokus steht Regenwasser. Erste Ergebnisse erwartet sie im März.

«Wir wollen Wege entwickeln, das Wasser in den Siedlungen zurückzuhalten», sagt Landschaftsarchitektin Monika Schirmer-Abegg, die am Projekt mitarbeitet.Das ist gar nicht so einfach. Siedlungsräume bestehen heute grossflächig aus versiegelten Flächen wie Beton oder Asphalt. Das Wasser läuft in die Kanalisation und fliesst weg. Eigentlich erfreulich, denn so ist das System konzipiert.Aber: Dadurch geht Potenzial verloren. Fällt Regen auf eine Wiese, versickert er entweder und wird zu Grundwasser, oder er verdunstet und kühlt so die Umwelt ab. In besiedelten Gebieten ist dieser Wasserkreislauf unterbrochen. Die Folgen von Trockenheit und Hitze sind damit schneller spürbar.

Um bei ihrer Forschung nicht bei null anfangen zu müssen, hat sich das HSR-Forschungsteam im europäischen Umland und der Schweiz umgeschaut. Dabei stiessen sie etwa auf den Opfiker Glattpark. Dort wird das Regenwasser in einem künstlichen Badesee gesammelt. Neben einem regulierenden Einfluss auf das lokale Klima durch Verdunstung beeinflusst das die Lebensqualität. «Wasser ist ein anziehendes Element», sagt Schirmer-Abegg. Die von ihrem Forschungsteam erarbeiteten Massnahmen sollen darum nicht nur praktisch sein, sie müssen auch einen «visuellen Wert» besitzen. Flachdächer etwa böten sich für eine umfassende Begrünung an. Eine 10 bis 15 Zentimeter tiefe Erdschicht mit darunter liegendem Speicher könnte Wasser halten, das für Bewässerung oder sanitäre Anlagen verwendet werden könnte. Gleichzeitig würde die Pflanzenvielfalt gefördert. «Bewusstsein fehlt» Trockenheit ist allerdings nicht die einzige Extremsituation, mit der sich die Schweiz auseinandersetzen muss. Überschwemmungen durch zu viel Regenfall nehmen ebenfalls zu.

Das NCCS sagt voraus, dass bis Mitte des Jahrhunderts einzelne Stark- sowie Jahrhundertniederschläge um 10 bis 20 Prozent zunehmen werden. Dagegen wappnet man sich auch in der Schweiz schon vereinzelt. Im Zuge ihrer Studie stiess das Team um Schirmer Abegg etwa auf den Sportplatz Fooloch in Marthalen. Dieser dient gleichzeitig als Auffangbecken, sollte es dort zu Überschwemmungen kommen. Das gefällt der Landschaftsarchitektin. Generell müsse man anfangen, multifunktional zu denken. «Wir haben derart vielseitige Ansprüche an unseren Raum», sagt sie. «Wir können es uns nicht mehr leisten, dass ein Sportplatz nur ein Sportplatz ist.» In der Schweiz stehe man bei der Bewältigung von Wetterextremen aber noch am Anfang. «Das Bewusstsein um die Bedeutung des Wasserkreislaufs fehlt oft auf Gemeinden, bei Bauherren und Architekten.» Das will sie ändern.

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