Wo erwachsene Kinder spielen
Im hinteren Bereich des ziemlich ausgestorbenen 70er-Jahre-Einkaufszentrums Uschter 77 versteckt, wirkt der Standort des «Ballmania», einem temporären Pop-Up-Bällebad für Erwachsene, erstmal nicht sehr vertrauenserweckend. Doch ich lasse mich gern eines Besseren belehren.
Und tatsächlich: Sobald ich den bunten Spasstempel betreten habe, werde ich 20 Jahre weiter in die Zukunft versetzt. Als 90er-Kind fühle ich mich optisch durchaus angesprochen von der Plexiglasbar, bei der man Sirup für Erwachsene bekommt. Doch eigentlich ist die Dekoration nur Nebensache, denn hier geht es darum, Kindheitserinnerungen wieder aufleben zu lassen. Und zwar mit einem Bad in einem Meer aus bunten Plastikbällen. So heisst es zumindest in der Broschüre.
«Arschbomben sind erwünscht!»

Simon Grässle Submitted by Simon Grässle (sgr) on Di 29.10.2019 – 16:20 src=”https://d2e1s0mc2ui2l2.cloudfront.net/zom/archiv/image-preview/2019/10/29/titel02.jpg?itok=ehquqs8h” width=”315″ height=”177″ alt=”” class=”no-tts image-style-teaser-overview” />
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Der schweizweit erste Ballmania–Pop-Up Store eröffnet am 1. November im «Uschter 77». Unsere Wucheblick-Moderatorin durfte bereits ein Bälle-Bad erproben. Video: Simon Grässle
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Eine Arschbombe ins Ballmeer
Vage erinnere ich mich an das Bällebad, auf dem Reiterhof, wo ich als Kind gern meine Ferien verbrachte: Eine Scheune voller Plastikkugeln, in die wir uns kreischend stürzten, Ballschlachten bis aufs Blut führten, anderen bei Tauchgängen die Socken klauten bis wir voller Schürfwunden, schwer atmend, aber glücklich, wieder rauskletterten. An kleinere Unfälle kann ich mich auch erinnern, aber die führten nur dazu, dass man im Nachhinein umso stolzer auf den Tauchgang war.
Ich starte mit dem sogenannten Jumping Pool. Die verletzten Kinder vom Reiterhof im Hinterkopf, höre ich auf die Betreiberin Evelin Stefano, die mir von einem Sprung Kopf voran abrät. Zögernd ziehe ich die Schuhe aus, steige aufs Podest und setze zu einer Arschbombe ins Ballmeer an. Entgegen meiner Angst, komme ich nicht am Boden an, die Bälle fangen mich auf. Aber sobald ich mich bewegen will, bin ich verwirrt.
Das Aufrichten nach dem Sprung ist viel anstrengender, als ich gedacht habe. Ich versuche es mit schwimmen, mein Kopf versinkt in den Bällen. Gehen ist auch nicht einfach: Die Beine sind zu langsam für den Oberkörper, ich gerate in Vorlage und immer wieder klemmen sich Bälle zwischen die Beine. Am besten funktioniert eine Kombination aus Gehen und Schwimmen. Also trete ich mit den Beinen die Ballmassen weg, während ich mit den Armen rudere.
Ballschlachtmobbing am Teamausflug?
Das Gefühl, durch die Bälle zu tauchen, ist noch dasselbe wie als Kind: Ein bisschen wie in einer anderen Dimension schwimmen, ohne nass zu werden. Nur die wilden Ballsschlachten fehlen. Zum Glück hilft der Kollege. Als er mich für ein Foto mit Bällen bewirft, kommt die Mischung aus Spass, Überforderung und Überlebenstrieb wieder. «Aaaah, Bälle von überall!» Auf dem Flyer schlagen die Ballmania-Leute vor, im Bällebad Teamanlässe durchzuführen. Ich stelle mir vor, wie ein verhasster Chef oder gemobbter Kollege hier von Ballgeschossen begraben wird. In einen solchen Teamausflug sollte man wohl keine ungeklärten Konflikte mitnehmen.
«Ich hoffe, die Schweizer sind nicht zu spiessig und lassen sich darauf ein»
Evelin Stefano
Evelin Stefano gesellt sich zu mir in das nächste Becken, den Chill-Pool zum Sitzen. Sie ist gespannt, wie das Angebot bei den Ustermern ankommt. «Ich hoffe, die Schweizer sind nicht zu spiessig und lassen sich darauf ein», sagt sie und schnippt einen roten Plastikball weg. Das Konzept habe ihr Team in London entdeckt, weiterentwickelt und hier importiert. Ballmania ist laut der Website mit mehr als einer halben Million Bällen das erste, grösste und einzige mobile Bällebad der Schweiz.
Kinderparadies oder Virenparadies?
«Wenn so viel Menschen diese Bälle berühren, ist das doch auch ein bisschen eklig», sage ich, mit Gedanken an die aktuelle Grippewelle. Stefano antwortet: «Um die Hygiene sicherzustellen, haben wir Desinfektionsspender und die Bälle werden zudem regelmässig mit einem speziellen Sauggerät gereinigt.»
Ballmania ist schon ein sehr hippes Konzept. Ein bisschen zu hip wird es mir dann im Legoraum. Dessen Wände bestehen aus gigantischen Legosteinen und in der Mitte wartet ein Thron aus Lego auf die Besucher. Besonders stabil ist er nicht, dafür könne man darauf wunderbare Selfies machen, so Stefano. Natürlich probiere ich das aus, wobei der Stuhl fast umfällt. Das mit den Selfies ist mir dann aber doch etwas zu flach. Hier ist die Attraktion nur noch Bühnenbild für die Selbstdarstellung in den sozialen Medien.
Am Schluss gehe ich in den Floating-Raum. Dieser gefällt mir am besten. Das Licht ist bläulich schummrig, wie in einem Wellness-Raum. Hier kann man sich in die Bälle legen und die Augen von der Überreizung der anderen Stationen erholen. Diesen Raum würde ich aber nur ungern mit Fremden teilen. Zum Glück darf ich alleine vortesten.
Mein Fazit: Das Bällebad ist eindeutig lustig und definitiv ein Erlebnis. Ob das ausgelassene Kindheitsgefühl aufkommt, steht und fällt wohl mit der Gesellschaft, mit der man es besucht und wie schnell man viele kleine Plastikbälle werfen kann.
Öffnungszeiten:
Vom 1. November bis am 22. Dezember ist das Bällebad in Uster. Verschiedene Anlässe wie ein «Family-Day», eine «Happy Single Night» oder eine «Ü-40 Party» soll für die entsprechende Exklusivität sorgen. 15 Franken kostet eine Stunde im Kinderparadies für Erwachsene. Daneben soll man das Bällebad für Anlässe wie Geburtstage, Firmenevent oder Hochzeitsanträge mieten können. Die Öffnungszeiten und Tickets im Detail sind unter ballmania.ch zu finden.