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Der «Snoezelen»-Lichtraum und seine wichtige Rolle für Demente

Die steigende Zahl der Demenzkranken stellt auch das Geratrium in Pfäffikon vor Herausforderungen. Um dem Problem zu begegnen, hat das Pflegeheim jetzt ein altes Nebengebäude zur Demenzstation umgebaut – ein Rundgang.

Der «Snoezelen»-Lichtraum und seine wichtige Rolle für Demente

Rote kirschenförmige Lampen an der Decke weisen den Besuchern den Weg durch das « Haus Chriesibaum » im Pflegeheim Geratrium Pfäffikon. Das einstige Nebengebäude wurde in den letzten Monaten umfassend renoviert und mit einem Anbau erweitert. In der neuen Abteilung stehen ab sofort 40 zusätzliche Wohnplätze für Personen mit Demenz zur Verfügung. Am Samstag war Tag der offenen Tür.

Der Spitalmief von früher ist aus den Korridoren verschwunden. Stattdessen erwarten die Bewohner helle, lichtdurchflutete Räume mit modernster Ausstattung. Der bestehende Gebäudeteil wurde bis auf den Rohbau ausgehöhlt und umfassend erneuert. Ergänzt durch die Erweiterung ist aus dem einst L-förmigen Haus ein geschlossener Baukörper mit Innenhof entstanden, der für die Bewohner einen geschützten Aussenraum bietet.

« Eher ein Sprint, als ein Marathon »

Die Erneuerung des « Chriesibaums » dauerte etwa ein Jahr. « Ein sehr knapper Zeitplan » , wie Geratrium-Direktor Enrico Caruso betont. « Trotzdem haben die Architekten sehr viel aus dem alten Haus herausgeholt. » Den Architekturwettbewerb im Frühling 2016 gewann das Büro KLP Architekten aus Zürich, das vor sechs Jahren bereits das Hauptgebäude des Geratriums erneuert hat.

Die zügige Umsetzung sei sehr herausfordernd gewesen, sagt Architekt Frederik Brun. « Das Projekt glich für uns eher einem 110-Meter-Hürdensprint als einem Marathon. » Dank der guten Zusammenarbeit mit der Bauherrschaft und allen anderen Beteiligten habe letztlich alles geklappt.

« Aktuell kommen pro Jahr etwa 4000 neu erkrankte Personen dazu. »

André Winter, Gerontologe und Pflegefachmann
 

Mit dem « Chriesibaum » rüstet sich das Geratrium für eine Entwicklung, welche die Gerontologie derzeit vor immer grössere Herausforderungen stellt: Die Zahl der Demenzkranken nimmt seit Jahren zu. « In der Schweiz gibt es heute etwa 150‘000 Betroffene. Wir rechnen damit, dass diese Zahl bis 2050 auf 345‘000 steigen wird » , sagt Gerontologe und Pflegefachmann André Winter, der am Tag der offenen Tür einen Fachvortrag zum Thema Demenz hielt. « Aktuell kommen pro Jahr etwa 4000 neu erkrankte Personen dazu. »

Etwa die Hälfte der Demenzkranken lebt zuhause und wird von Angehörigen und der Spitex betreut. Oft werden die Betroffenen erst in ein Heim gebracht, wenn die Belastung für das Umfeld zu gross wird. « In Pflegeheimen sind im Schnitt etwa zwei Drittel der Bewohner von einer dementiellen Entwicklung betroffen » , so Winter.

Licht und Gemütlichkeit

Bei der Planung des « Chriesibaums » wurde darum besonders auf die Bedürfnisse von dementen Personen geachtet. « Themen wie Gemütlichkeit, robuste Oberflächen und vor allem Wiedererkennbarkeit standen bei der Gestaltung im Vordergrund » , sagt Architekt Frederik Brun. Die Beleuchtung im ganzen Haus kann je nach Tageszeit verändert werden.

Am Morgen hilft weisses Licht den Bewohnern beim Aufstehen. Nachmittags ändert die Lichtfarbe mehr ins gelbe Spektrum, um auf den Abend hin beruhigend zu wirken. Handläufe, Türen und Schränke sind aus stabilem Kastanienholz gefertigt und vor den Zimmern helfen individuelle Leuchtbilder bei der Orientierung.

Der bewusste Einsatz von Licht spielt im neuen « Chriesibaum » eine zentrale Rolle. Neu gibt es sogar einen sogenannten « Snoezelen » -Lichtraum. Der Begriff bezeichnet einen Therapieansatz, der in den Niederlanden entwickelt wurde. Das Kunstwort setzt sich aus den holländischen Verben « snuffelen » (schnüffeln) und « doezelen » (dösen) zusammen. Ist ein Bewohner sehr aufgeregt, kann man ihn in diesen Raum bringen. Hier kann der Therapeut die Person in einer ruhigen und angenehmen Atmosphäre mit einer breiten Palette von optischen, olfaktorischen, akustischen und haptischen Reizen beruhigen.

Provisorium für Böndler-Bewohner

Bis die neue Demenzstation im Geratrium vollumfänglich für ihren eigentlichen Bestimmungszweck genutzt wird, dauert es noch eine Weile. « In einem ersten Schritt werden wir in dem Haus Bewohner des Altersheims Böndler aus Bauma unterbringen » , sagt Caruso. Dort werde im Moment ebenfalls gebaut, weshalb man den « Chriesibaum » vorübergehend als Provisorium für diese Leute nutze. « So könne wir zuerst einige Erfahrungen mit dem neuen Haus sammeln und danach den Betrieb mit Demenzpatienten stufenweise hochfahren. Für uns ist das eine Win-Win-Situation. »

Seniorenresidenz in Effretikon
Ein weiteres Seniorenzentrum wird per Oktober in Effretikon eröffnet. Es wird vom privaten Unternehmen Oase betrieben und umfasst 40 Wohnungen à 1,5 bis 3,5 Zimmerwohnungen sowie insgesamt 15 Pflegeplätze. Das Konzept setzt auf betreutes Wohnen in den eigenen vier Wänden. So können sich die Bewohner mit einem Notfallknopf direkt mit der Pflegeabteilung des Zentrums verbinden. Das Angebot des Zentrums beinhaltet weiter die Betreuung von Demenz sowie anderen schweren Erkrankungen. Am vergangenen Samstag konnten die neuen Räumlichkeiten an der Bietenholzstrasse in der Nähe des Bahnhofs erstmals besichtigt werden. Weitere Residenzen der Oase-Holding befinden sich in Eglisau, Rümlang, sowie Oetwil am See. zo

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