Wo die Flöten die erste Geige spielen
Am Anfang stand ein Aufruf im «Zürcher Oberländer». 25 Jahre ist es her, dass Musiker Christoph Hildebrand beschloss, ein Orchester für seine pensionierte Kontrabass-Schülerin zu gründen. Ein Orchester für Laienmusiker aus dem Zürcher Oberland. Mit einer Kontrabassistin hatte er aber noch lange kein Orchester beisammen, deshalb also der Aufruf. Gesucht waren Flöten und Geigen. Eingeladen wurde zur ersten Probe – ohne Anmeldung.
Ein paar Instrumentalisten kamen denn auch. Darunter nebst den gesuchten Instrumenten auch Celli, Klarinetten. So berichtet es Helen Dellsperger, heutige Präsidentin des Vereins und Mitglied des Orchesters seit Beginn. «Die Zusammensetzung war völlig zufällig und alles andere als optimal für ein Orchester», erzählt sie. In anderen Worten: Zu viele Flöten, zu wenige Violinen. Die Konsequenz war eine Massnahme, an der das Orchester bis heute festhält und die laut Dellsperger zu einer Art Markenzeichen geworden ist: Die Flöten spielen die erste Geige, Klarinetten die Bratschenstimme.
Markanter Fortschritt
Unter den heutigen Musikern gibt es nebst Hildebrand als Dirigent und Flötistin Dellsperger zwei Violinistinnen, die seit Anbeginn dabei sind. Sie konnten eine Qualitätssteigerung des Laienorchesters miterleben, die sich sehen lässt. «Es sind Welten gegenüber dem Standard vor 25 Jahren», sagt Dellsperger. «Wir spielen heute Werke, die wir damals nicht im Traum hätten anrühren können.»
Die Kontinuität sei sicher ein wichtiges Element des Orchesters. Zeitgleich gebe es aber auch immer wieder Wechsel. «Wir begannen nach dem Start natürlich spezifischer zu suchen und versuchten jene Register zu verstärken, bei denen Musiker fehlten.»
So hat sich die Situation mittlerweile eingependelt. Violinisten gäbe es genügend – und die Flöten spielen nur deshalb noch die erste Geige, weil es eben zum Charakter des Oberländer Orchesters gehört. «Allerdings werden uns nach den anstehenden Jubiläumskonzerten zwei Violinistinnen verlassen», sagt Dellsperger. «Das heisst, wir könnten in diesem Bereich Nachfolger gebrauchen.» Interessant sei aber, dass sich die Lücken immer wieder wie automatisch gefüllt hätten.
Keine Ohrwürmer
Die Attraktivität des Orchesters sieht Dellsperger im Programm. «Wir spielen sehr abwechslungsreiche Sachen, keine Ohrwürmer, sondern immer wieder Stücke von weniger bekannten Komponisten. Christoph Hildebrand hat da ein gutes Händchen.» Dass er auch nach 25 Jahren noch dabei sei, spreche ebenso fürs Orchester. «Es ging immer vorwärts und aufwärts. Das ist für ihn natürlich auch motivierend.»
«Viele dieser Musiker spielen erstmals mit einem Orchester zusammen.»
Helen Dellsperger, Präsidentin Musica Serena
Dazu kommt, dass sich der Probeaufwand in Grenzen hält. Über ein halbes Jahr hinweg wird wöchentlich einmal geprobt, jeweils donnerstags. Das müsse reichen, seien doch wirklich alles Amateurmusiker. Was den Probeaufwand zuhause anbelangt, so sei das eine individuelle Frage – und auch abhängig von der Stückwahl. «Ich selber arbeite zuhause vor allem an den Tempi.»
Junge Talente
Schliesslich zeichnet das Orchester eine weitere Spezialität aus: Die Tatsache, dass es für seine Konzerte jeweils junge Musikertalente engagiert. «Das ist Teil unserer Philosophie. Viele dieser Musiker spielen erstmals mit einem Orchester zusammen. Dabei exponieren sie sich stark. Für sie ist das eine Chance, Erfahrungen zu sammeln.»
Die Jubiläumskonzerte werden von zwei jungen Harfenistinnen mitgestaltet, eine ist 11, die andere 15 Jahre alt. «Hildebrand konnte sie via Musikschule Zürcher Oberland engagieren», sagt Dellsperger. «Die beiden sind sicher die Highlights der anstehenden Konzerte.»
An solchen Höhepunkten soll die Musica Serena auch festhalten, wenn sie die nächsten 25 Jahre begeht. «Lässige Konzerte, aufgestellte Musiker. Das ist unser Ziel und der Weg unseres Orchesters.»
Konzerte der Musica Serena am Samstag, 22. September, 19.30 Uhr in der Alten Turnhalle Wetzikon. Am Sonntag, 23. September, um 17.15 Uhr in der Schlosskirche Grüningen.