Sind die Glarner Baufirmen Schuld?
Herr Ackeret, wussten Sie als Präsident des Baumeisterverbandes Zürcher Oberland von der finanziellen Schieflage der Hirzel Bauunternehmung AG in Wetzikon?
Andreas Ackeret: Ich wusste nichts von diesem Fall, bin sehr überrascht und betrübt darüber. Ich bedaure, dass ein Traditionsunternehmen verschwindet und dass so viele Mitarbeiter betroffen sind.
Die Firma spricht von einem starken Konkurrenzdruck im Oberland, der zu den Problemen geführt habe. Können Sie diesen bestätigen?
Der Konkurrenzdruck ist tatsächlich gross in der Region, es gibt viele Baufirmen, es wird aber auch viel gebaut. Dennoch müssen Firmen immer wieder mit dem Preis tauchen und kommen dann bei einem Projekt nicht mehr ganz raus. Das geht ein- oder zweimal, aber wenn es zum Dauerzustand wird, schlägt es auf die Liquidität. Daran können Firmen kaputt gehen.
Hatte die Firma Hirzel den Ruf, Billigpreise zu offerieren?
Nein, das will ich damit nicht sagen. Aber die Billig-Strategie anderer Firmen kann je nachdem eben auch eine Traditionsfirma in Schieflage bringen. Die Gründe im Fall Hirzel für deren Schieflage kenne ich nicht. Auf jeden Fall muss man bedenken, dass «Billig, billiger am billigsten» nicht nachhaltig ist und der ganzen Branche schadet.
«Die Spiesse sind nicht gleich lang.»
Andreas Ackeret, Präsident Baumeisterverband Zürcher Oberland
Weshalb ist der Druck so stark?
Wir haben in der Region mit der A53 eine spezielle Situation. Sie führt die Firmen aus dem Kanton Glarus in sehr kurzer Zeit ins Oberland. Und diese können günstiger offerieren als Zürcher Firmen. Die Spiesse sind da einfach nicht gleich lang.
Aber die Reisezeiten sind trotzdem deutlich länger. Werden die nicht verrechnet?
Da es im Glarus nicht viele Baufirmen gibt, haben deren Mitarbeiter nicht gross Aussicht auf einen neuen Job, wenn sie künden. Das drückt auf die Arbeitsbedingungen. Häufig werden die Anreisen deshalb nicht verrechnet und dem Mitarbeiter als gratis Überzeit angehängt. Im Oberland ist die Situation anders. Passt einem Mitarbeiter der Job nicht mehr, kann er einfach die Firma wechseln. Dadurch werden zwar die Bedingungen besser, es schlägt jedoch auch auf die Kosten.
Finden die 67 Mitarbeiter unter diesen Umständen relativ leicht wieder einen Job?
Ich denke schon. Die Konjunkturlage ist nach wie vor gut. Gute Leute sind gefragt und werden sofort wieder etwas finden. Mittelgute haben vielleicht etwas länger, aber auch sie werden es schaffen.
«Die brach liegenden Baustellen lassen sich nicht einfach übernehmen.»
Andreas Ackeret
Gibt es innerhalb des Verbandes möglicherweise Begehrlichkeiten für die offenen Baustellen?
Da sehe ich eher einen Scherbenhaufen. Für den Bauherrn geht es wahnsinnig ins Geld, wenn der Bauunternehmer unterwegs aussteigt. Die brach liegenden Baustellen lassen sich nicht einfach übernehmen. Zum einen sind in dieser Jahreszeit die Bauunternehmungen üblicherweise ausgelastet. Zum anderen ist unklar, wie viel abgerechnet ist und dergleichen. Da wartet ein riesiger Papierkrieg und sehr viel Aufwand. Bis es weitergeht, dürfte einige Zeit verstreichen.
Schaltet sich der Baumeisterverband Zürcher Oberland in den Fall Hirzel ein?
Nein. Die Firma muss die Sache selber erledigen. Sollten sich Kaderleute einschalten, um Lösungen für die Mitarbeiter zu suchen, können wir als Verband allenfalls gewisse Kontakte herstellen und Stellen vermitteln. Das bedeutet aber auch sehr viel Arbeit.
Andreas Ackeret ist Geschäftsführer der Ackeret Bau AG mit Sitz in Bubikon sowie Präsident des Baumeisterverbandes Zürcher Oberland.