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«Viele kommen her, um sich an Urs Bertschinger zu erinnern»

Nach dem Tod von Urs Bertschinger stellt sich die Frage, wie es mit dem Dürntner Klangmaschinenmuseum, seinem Antiquariat und dem Seidenturmprojekt weitergehen soll. Die Geschäftsführerin des Museums und sein Sohn haben sich mit dieser Frage intensiv auseinandergesetzt.

Raphael Bertschinger und Katrin Liscioch kümmern sich um das Vermächtnis von Urs Bertschinger.

Nathalie Guinand

«Viele kommen her, um sich an Urs Bertschinger zu erinnern»

Dunkelblaue Lettern auf hellblauem Grund sagen: «Es genügt nicht, dass man Musik nur hören kann. Man muss Musik auch sehen können». Die Weisheit, mit Farbe auf eine Wand des Orgelsaals des Dürntner Klangmaschinenmuseums gepinselt, erinnert an die Vision, die Urs Bertschinger für diesen Ort hatte. «Er wollte kein totes Museum, es sollte leben», sagt Katrin Liscioch, Geschäftsführerin des Klangmaschinenmuseums. Urs Bertschinger ist Ende Mai verstorben, das Museum lebt weiter.

«Er wollte kein totes Museum, es sollte leben.»

Katrin Liscioch,Geschäftsführerin des Klangmaschinenmuseums

Im Dorf interessiere man sich dafür, wie es nun weitergehen wird, sagt Liscioch. Schliesslich gehört nicht nur das Klangmaschinenmuseum zu Bertschinger. Das ganze Areal der alten Seidenfabrik tut es ebenfalls. Es sei jedoch wichtig zu wissen, dass die zwei Bereiche unabhängig voneinander agieren, so Liscioch. Das Museum sei lediglich Mieter im Areal. «Wir sind bewusst als Verein organisiert. So kann alles geregelt weitergehen. Auch ohne ihn.»

Neue Struktur finden

Der normale Besucher des Museums spüre seit Bertschingers Tod keine grossen Veränderungen. «Das Daily Business läuft», sagt die Museumsgeschäftsführerin. Auch die Besucherzahlen seien nicht zurückgegangen. Die Gönner bleiben ebenfalls. Man will das Vermächtnis von Urs Bertschinger weiterführen. «Viele kommen auch ins Museum, um sich an ihn zu erinnern.» Dennoch gehe mit seinem Tod viel Wissen verloren. «Er kümmerte sich um die langfristige Planung und um die Sammlung der mechanischen Musikinstrumente.»

In diesen Bereichen fehle er stark, sagt Liscioch. Man müsse jetzt eine neue Organisationsstruktur finden. «Wir stehen aber in engem Kontakt mit seinen Söhnen.» In zwei Hallen der alten Seidenfabrik eröffnete Urs Bertschinger im März dieses Jahres ein Antiquitätengeschäft.

«Ich und mein älterer Bruder haben das Sammlergen unseres Vaters geerbt.»

Raphael Bertschinger, Sohn von Urs Bertschinger

«Wir haben uns entschlossen, dieses nicht weiterzuführen», sagt Raphael Bertschinger, Urs Bertschingers Sohn und Teil der Geschäftsleitung der Bertschinger AG. «Wir werden aber einen Teil der Sammlung sicher behalten. Ich und mein älterer Bruder haben das Sammlergen unseres Vaters geerbt. Den Rest verkaufen wir.»

Projekt Seidenturm

Ein weiteres Projekt, das Urs Bertschinger noch im Köcher hatte, war der Seidenturm. Auf der leerstehenden Parzelle neben der ehemaligen Fabrikationshalle sollte mit dem Turm ein neues Gebäude entstehen. Anfang Mai bewilligte die Gemeinde das Bauvorhaben. Noch dieses Jahr wollte Urs Bertschinger mit den Bauarbeiten starten. Die Fertigstellung sollte dann in etwa eineinhalb Jahren erfolgen.

Sie seien noch immer in Verhandlungen, sagt Raphael Bertschinger. Das Projekt sei nicht auf Eis gelegt worden. «Es wird aber sicher nicht so schnell vorwärts gehen, wie mein Vater das geplant hat.» Urs Bertschinger sei sieben Tage die Woche vor Ort gewesen. «Er hat gewirbelt, geplant, getan. Das können wir unmöglich im selben Ausmass abdecken, da wir noch die Firma haben, um die wir uns kümmern müssen.», so Raphael Bertschinger.

«Grosser Denker, Visionär und Umsetzer»

Katrin Liscioch fehlt ihr Geschäftspartner als «grosser Denker, Visionär und Umsetzer». Wenn so jemand wegfalle, entstehe ein Vakuum. Dennoch existieren Pläne, wie es mit dem Klangmaschinenmuseum weitergehen soll. Im Raum für Sonderausstellungen könnte ein neuer Event-Raum entstehen, eine Führung speziell für Kinder wurde konzipiert und nebst den eigenen kulturellen Veranstaltungen wird auch die Gemeinde Dürnten vermehrt ihre Anlässe in den Räumen des Museums durchführen.

«Danach soll er in Frieden ruhen.»

Raphael Bertschinger

Am 9. September findet eine Matinée in Erinnerung an Urs Bertschinger statt. Vor seinem Tod habe er diese, bis auf eine, selbst organisiert, sagt Liscioch. «Von den Matinées hat mein Vater schon gesprochen, bevor das Klangmaschinenmuseum überhaupt existierte», sagt Raphael Bertschinger. Dieser Anlass wird ein Abschluss der Ära Urs Bertschinger sein. «Danach soll er in Frieden ruhen.»

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