Der Albani Music Club wird 30
Ein Mann kommt im Bademantel an eine Party. Verärgert brüllt er in die Menge, dass ihm der Sound zu laut sei. Er könne nicht schlafen. Der DJ solle doch gefälligst die Musik leiser drehen.
Dies ist nur eine von zahlreichen schrägen Geschichten, die sich in den letzten drei Jahrzehnten im Albani an der Steinberggasse zugetragen haben. Das Albani vereint Hostel und Musikclub in einem Haus. «Glücklicherweise verstehen sich aber unsere Übernachtungsgäste mehrheitlich mit dem Ausgangspublikum», sagt Geschäftsführer Roland Mages zufrieden. Seit zehn Jahren leitet er mit dem Albani einen der ältesten Clubs der Eulachstadt. Im August wird das 30-Jahr-Jubiläum gefeiert.
Wie in einer Miami-Vice-Episode
Das Albani befindet sich im Haus «Zum Feigenbaum». Dieses besteht seit 1862 und wurde schon früher als Hotel und Konzertlokal genutzt. Zeitweise gab es unter dem Namen «Penelope» Table Dance. Doch vor über 30 Jahren schloss auch diese Lokalität die Türen.
Es waren vier Mitglieder der damaligen Musikfestwochen-Organisation, die schliesslich die Idee des heutigen Albanis hatten: Markus Hodel, Urs Scheiwiller, Ulrich Diener und Max Schoch. «In Winterthur und generell in der Ostschweiz herrschte damals noch Flaute im Ausgang», weiss der heutige Chef Roland Mages. Der Zeitpunkt, etwas für die hiesigen Partyfreudigen auf die Beine zu stellen, sei also ideal gewesen.
«Sie wollten den Club wohl möglichst trendig gestalten, alles wurde rosa und mint angestrichen. Es sah aus wie in einer Miami-Vice-Episode», blickt Roland Mages lachend zurück. Ansonsten sei die Infrastruktur 1988 nicht komplett anders gewesen wie heute. Ein DJ-Häuschen aus Holz und die Bar in der Lounge im oberen Stock wurden beim Umbau 2006 demontiert.
Auch Pearl Jam war da
Der Plan der Gründer ging auf, das Albani entsprach schnell einem grossen Bedürfnis. Eröffnet wurde es am 13. August 1988 mit einem Konzert des Bluessängers Willy De Ville. Weitere musikalische Acts in der Anfangsphase waren heutige Schweizer Grössen wie Toni Vescoli und Züri West. Und was sich der junge Rockfan kaum noch vorstellen kann: Auch die Grungeband Pearl Jam, die heute vor einem Millionenpublikum spielt, liess noch vor ihrem Durchbruch die Albani-Wände beben.

Finanziell immer ein Kampf
Das Albani genoss schnell über die Stadtgrenzen hinweg einen hervorragenden Ruf. Nebst Konzerten und dem Hostel gab es von Beginn weg auch Partys und den normalen Barbetrieb. «Die Gründer waren vom Erfolg so überwältigt, dass sie anfangs zu viel wollten», vermutet Roland Mages. Denn trotz ausverkauften Anlässen hatte das Albani mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. «Es ist aber auch heute noch schwierig, bei nur 250 potenziellen Gästen so zu kalkulieren, dass man bekanntere Bands bieten kann und dennoch rentabel aus dem Abend geht», hält Mages fest.
Dank des hervorragenden Rufs des Clubs gab es in den 90er Jahren Unterstützungsbeiträge der Stadt Winterthur, der Weiterbestand war sichergestellt. Heute ist das Albani Mitglied der Vereinigung «On Thur», gemeinsam mit dem Gaswerk, dem Salzhaus und dem Kraftfeld. Der Verein erhält und verteilt die städtische Subventionsbeiträge zum Erhalt unserer Kulturlandschaft.
Konzert in der Garderobe
Was aber macht den Erfolg des Albanis aus? Roland Mages ist überzeugt: «die Grösse und die Sympathie». Da der Club eine sehr kleine Fläche hat, komme man schnell mit den anderen Partygästen in Kontakt. «Und auch wenn ein Anlass einmal nicht so gut läuft und es nur 30 Köpfe hat, kommt man sich nicht so verloren vor wie in einer grösseren Halle.» Er erinnert sich an einen konkreten Abend, als nur wenige Besucher zum Konzert von The Blood Arm kamen. «Dieser liess sich aber nicht abschrecken, sondern wechselte einfach zu unserer Garderobe und spielte dort im noch intimeren Rahmen weiter. Die Stimmung war grandios.»

Durch diese Nähe zu den Gästen könne man auch besser auf die Bedürfnisse der Besucher eingehen, was den Club wiederum sympathisch mache. «Darum geht es letztlich. Will man an eine Party oder nur ein Bier trinken gehen, sucht man sich das Lokal aus, indem man sich am wohlsten fühlt.» So könne das Albani auf Stammgäste zählen, die seit Beginn weg dabei sind.
Mehr Bier, weniger Wodka
Vor rund zehn Jahren habe man einiges an der Albani-Infrastruktur erneuert, ansonsten seien im Hostel wie auch im Club nur kleine Anpassungen vorgenommen worden. Anders bei der Barkarte. In den letzten Jahren wurde die Bierauswahl um ein vielfaches vergrössert. «Auch alkoholfreie Biosäfte sind immer mehr gefragt, ebenso liegt Gin voll im Trend.» Wodka und weitere Spirituosen seien bei der heutigen Generation weniger gefragt. Musikalisch passte man sich ebenfalls an. Blues ist mehrheitlich aus dem Lokal verschwunden, neu dominieren Rock, Punk, Indie, Elektro und Hip-Hop die Playlist.
Logo wird modernisiert
Für das Jubiläum im August erfindet man die Welt nicht neu. Da parallel die Musikfestwochen stattfinden, organisiert man jeden Abend noch ein Afterkonzert oder eine Party wie auch sonst jedes Jahr. Allerdings gönnt man sich eine neue Homepage, zudem wird das Logo des Clubs modernisiert.