«Es gab Zeiten, in denen wir beim Spielen richtig Zoff hatten»
Nach gut achtstündiger Zugreise kommen die 26-jährige Ursina und ihr zwei Jahre jüngerer Bruder Laia Braun an diesem Donnerstagnachmittag am Zürcher Hauptbahnhof an. Am Vorabend hatten sie noch in Wien ein Konzert gespielt, nun freuen sie sich auf den Auftritt in der Heimat.
Ursina und Laia Braun, Sie haben beide für ihr Musikstudium die Heimat verlassen. Frau Braun, Sie spielen Cello und studieren in Salzburg am Mozarteum, Herr Braun, Sie spielen Violine und studieren am Royal College of Music in London. Warum haben Sie diesen Weg gewählt?
Ursina Braun: Ich habe in Zürich an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) studiert und war sehr zufrieden. Aber es war klar für mich, dass vier Jahre genug sind. Als ich dann einen sehr guten Professor in Salzburg kennenlernte, war das für mich der Grund dorthin zu gehen.
Laia Braun: Bei mir war es ähnlich. Ich war erst an der ZHdK, habe dann den Lehrer, bei dem ich nun in London studiere, bei einem Meisterkurs in der Schweiz kennengelernt. Da war klar, dass ich zu ihm nach London möchte.
Sie folgen also bei der Wahl des Studienortes einem Professor?
Ursina Braun: Meistens, ja. Oft besucht man im Sommer Meisterkurse, wo man diese Professoren kennenlernt. Dort merkt man schon, ob es passt.
Laia Braun: Wichtiger als die Schule oder die Stadt ist schon die Beziehung zum jeweiligen Professor.
Was muss man mitbringen, um an diesen Schulen aufgenommen zu werden?
Laia Braun: Man absolviert die Aufnahmeprüfung, wobei es sicher hilft wenn man den Lehrer schon kennt und man eine gute Beziehung zu ihm hat. Es ist wichtig, wenn man weiss, dass man zusammen etwas kreieren kann und für beide eine fruchtbare Zusammenarbeit entstehen könnte.
Ursina Braun: Bei der Prüfung sind neben dem Lehrer auch noch andere Experten anwesend. Man muss schon ein gewisses Niveau haben.
Mit anderen Worten: Wer dort vorspielt, ist richtig gut.
Ursina Braun: Es spielen viele Musiker vor und nur sehr wenige werden genommen.
Dann kann man Sie getrost als Ausnahmetalente bezeichnen?
Ursina Braun: Kann man schon, aber wir mögen das nicht so gerne. (beide lachen)
Wie sind Sie zur Musik gekommen?
Laia Braun: Musik war in unserer Familie sehr wichtig. Wir sind mit klassischer Musik aufgewachsen.
Ursina Braun: Aber nicht nur klassische Musik. Mir kam neulich in den Sinn, dass wir oft auch Zigeuner- und Volksmusik hörten.
Laia Braun: Ganz allgemein war Musik immer sehr präsent. Von den Grosseltern zu den Eltern bis zu uns.
Wann haben sie denn angefangen Ihre Instrumente zu spielen?
Ursina Braun: Ich glaube, ich war sechs Jahre alt.
Laia Braun: Ich bin mir nicht ganz sicher. Entweder mit vier oder fünf Jahren.
War die ältere Schwester für sie ein Ansporn, um auch ein Instrument zu lernen?
Laia Braun: Ja schon. Ich glaube, es war sicher ein Ansporn. Zeitweise war es aber nicht immer einfach mit zwei Schwestern, die professionell Musik machen…
Ursina Braun:..Wir haben noch eine ältere Schwester, die das Klavier spielt.
Laia Braun: Schwierig war es vor allem in den Teenagerjahren. Je älter wir werden, desto einfacher wird es.
Ursina Braun: Wohl auch, weil jeder nun seinen Weg geht. Wir haben auf jeden Fall schon immer zusammengespielt.
Wie ist es denn, wenn Sie heute zusammenspielen?
Ursina Braun: Fantastisch. Wirklich toll. Es gab Zeiten, in denen wir beim Spielen richtig Zoff hatten. Das war noch am Anfang, als jeder von uns noch etwas auf der Suche war. Heute, wo jeder seinen eigenen Weg geht, habe ich das Gefühl, es ist super. Man merkt beim Musizieren auch, dass wir Geschwister sind.
Inwiefern?
Ursina Braun: Man versteht sich einfach anders. Es gibt Sachen, die man mit vielen anderen proben müsste. Mit Laia und mir funktionieren sie einfach. Gleichzeitig hat trotzdem jeder seine eigene Art.
Sie kehren für das heutige Konzert an Ihren Wohnort zurück. Ein spezielles Gefühl?
Laia Braun: Es ist auf jeden Fall speziell, auch weil die Kirche fünf Minuten von unserem Zuhause entfernt ist und wir dort viele Kinder- und Jugendorchester-Konzerte gespielt haben.
Ursina Braun: Wir sind nicht mehr oft hier, daher finde ich es sehr cool, dass wir die Möglichkeit haben hier zu spielen.
Sie wohnen in London und Salzburg. Wie läuft da die Zusammenarbeit ab?
Laia Braun: Wir haben uns im April in Wien getroffen und eine Woche lang zusammen mit der lettischen Pianistin Baiba Osina, intensiv geprobt. Jetzt haben wir kurz vor den Konzerten, gestern spielten wir in Wien, nochmals zwei Probe-Tage gehabt.
Ursina Braun: Es ist schon auch speziell, weil wir genau dieses Konzert schon einmal eingeübt hatten. Es fiel damals vor zwei Jahren sehr kurzfristig ins Wasser. Es war ziemlich dramatisch.
Was war passiert?
Laia Braun: Ich lag wegen meinem Blinddarm im Krankenhaus und sagte den Ärzten, dass ich unbedingt in einer Woche in der Schweiz ein Konzert spielen muss. Doch es war schlicht nicht möglich. Wir waren bereit, hatten sehr viel geprobt, es war eine Katastrophe.
Erzählen Sie mir über ihre Instrumente. Was fasziniert Sie am Cello und der Violine?
Ursina Braun: Es ist einfach das beste Instrument. (lacht) Nein, im Ernst. Ich liebe es die Bass-Stimme, den Boden, zu spielen. Sei es im Orchester oder im Quartett. Oft, im Kammerorchester beispielsweise, ist man als Cellist der Boden, kann vieles formen und hat viel Einfluss. Ich liebe den Klang und die Vielseitigkeit.
Laia Braun: Gute Antwort. Ich mag die Violine weil sie praktisch ist und nicht so gross. (lacht) Mir gefällt es, über dem Bass die Melodien zu spielen, das ist etwas sehr Schönes. Die Geigenspieler sind die Diven unter den Streich-Instrumentalisten…
Ursina Braun:…auf jeden Fall!
Laia Braun: Ich verstehe, was meine Schwester meint. Nicht, dass ich mich selber als Diva sehe. Aber es gibt schon einen Aspekt daran, der mich wohl ein bisschen reizt. (lacht)
Ursina und Laia Braun spielen am Freitagabend, 25. Mai, um 19:30 Uhr im Rahmen von Topklassik Zürcher Oberland in der Reformierten Kirche Hinwil. Die lettische Pianistin Baiba Osina komplettiert das Trio, das Werke von Joseph Haydn, Alfred Schnittke und Johannes Brahms spielen wird.