Junge Wilde am Cello
Sie sind keine konventionellen Cellisten. Zum Repertoire der jungen Oberländer Cellogruppe Crescelli gehören die Klassiker von Mozart, Bach und Strauss. Aber auch Popsongs wie «Bad Romance» von Lady Gaga oder «Sweet Dreams» von den Eurythmics. Sie spielen Filmmusik von Hollywood-Hits wie «Pirates of the Carribean» oder Kult-Serien wie «Game of Thrones» ebenso selbstverständlich wie den Metal-Kracher «Creeping Death» von Metallica.
Crescelli, das sind Lavinia Brodbeck, Alexandra Lüthi, Isabelle Mutz, Flurin Sturzenegger, Janine Wälty und Oliver Zbinden. Kennengelernt haben sie sich im Jugendsinfonie-Orchester Crescendo von Käthi Schmid Lauber in Zürich. «Daher kommt auch unser Name. Crescelli ist ein Wortspiel und setzt sich zusammen aus Crescendo und Celli», sagt die Wetzikerin Isabelle Mutz.
Das Treffen mit vier der sechs Cellisten ist eine heitere Angelegenheit. Mutz, Wälty und Zbinden wohnen alle in Wetzikon, mit dabei ist an diesem Tag auch Alexandra Lüthi aus Dietikon. Es wird viel gelacht und man merkt schnell, dass sich hier eine Gruppe gefunden hat, die vor allem eines hat: Spass am gemeinsamen Musizieren.
Finnische Vorbilder
Es war an einem Probewochenende im Herbst 2014, als sie erstmals ein Stück von Apoklyptica spielten, weil Mutz zufälligerweise die Noten dafür dabei hatte. Die finnische Band, deren Markenzeichen die am Cello gespielten Cover-Versionen der Metalband Metallica sind, hat es der Gruppe angetan. Zbinden sagt: «Wir spielten das und dachten: ‹Es wäre geil, wenn wir das auch sonst machen würden.›»
Eine der Lieblingsbands der Crescelli: Die finnische Gruppe Apocalyptika. (Quelle: Youtube.com)
Gesagt, getan: Schon im Januar 2015 folgte der erste Auftritt, als Wältys Vater für einen Anlass im Rotary-Club jemanden suchte, der spielen konnte. Er fragte seine Tochter und die Crescelli sagten zu. Seither spielen sie «alles, was uns packt», wie Zbinden sagt. «Wir machen jedes Stück zu unserem Eigenen. Es gab noch kein Stück, bei dem wir einfach die vorgegebenen Noten spielten. Wir arrangieren die Stücke neu», erklärt die 20-jährige Wälty.
Erlaubt ist, was Spass macht
Sieht man sich Videos der Gruppe an, fällt auf, dass die Mitglieder dem Cello auf vielfältigste Art und Weise Klänge entlocken. Erlaubt ist alles, was funktioniert und Spass macht. «Das Cello ist sehr vielseitig. Das ist das Tolle an diesem Instrument. Man kann es streichen, zupfen, darauf trommeln, man kann ihm aber auch spezielle Kratzgeräusche entlocken. Der Tonumfang ist gross. Das heisst, man kann hohe oder melodiöse Sachen ebenso wie tiefe Bässe spielen», sagt Lüthi.
«Das Cello ist sehr vielseitig. Das ist das Tolle an diesem Instrument.»
Alexandra Lüthi, Crescelli
Sie würden einfach die Möglichkeiten des Cello ausreizen, so Zbinden. «Mich persönlich interessierte das Austüfteln von neuen Klängen schon immer.» Alle vier spielen das Instrument seit ihrer Kindheit, betonen aber, dass sie keine Profimusiker sind. Wälty sagt: «Niemand von uns studiert Musik, wir machen einfach, was uns gefällt.» Ausser Mutz, die im Sommer die Matura an der KZO macht, studieren alle in Zürich und sind zwischen 20 und 28 Jahre alt.
Auch Lady Gagas «Bad Romance» lässt sich mit sechs Celli problemlos spielen. Die Crescelli während eines Auftritts in Winterthur. (Quelle: PD)
Die meisten Auftritte absolvieren die Crescelli im privaten Rahmen, an Firmenanlässen und Geburtstagen. Auch auf der Strasse, beispielsweise am Ufer des Zürichsees, kann man sie hin und wieder sehen. «Das ist eine sehr gute Übung. Wenn man mal patzt ist es nicht so schlimm », sagt Mutz und lacht. «Es ist spannend zu sehen, bei welchen Liedern die Menschen stehen bleiben. Es muss recht fetzig sein und Power haben, sonst laufen sie weiter », ergänzt Zbinden.
«Es ist spannend zu sehen, bei welchen Liedern die Menschen stehen bleiben.»
Oliver Zbinden, Crescelli
«Aber der Grund, warum wir in letzter Zeit öfter auf der Strasse gespielt haben, ist eigentlich, dass wir jetzt passende Stühle haben.» Die Freunde lachen. Campingstühle hätten sich als zu klein herausgestellt und das Geschleppe mit richtigen Stühlen und dem Cello sei einfach zu mühsam. Lüthi hat mit Max die idealen Stühle entdeckt. Sie sind aus Aluminium und lassen sich zusammenfalten. Sie sagt: «Ich habe den Designer angeschrieben und nun sponsern sie uns und wir haben unser Logo auf den Stühlen.»
Konzertreise durch Osteuropa
Obwohl sie im Studio der Zürcher Hochschule der Künste vor Kurzem zwei Songs aufgenommen haben, ist nicht eine CD das Ziel. Sondern eine Konzertreise im kommenden Herbst. «Wir möchten zwei Wochen durch Osteuropa reisen. Und Interrail mit Strassenmusik und Konzerten verbinden», erklärt Zbinden. Mutz fügt an: «Das Ziel ist, dass wir unsere Reise mit Strassenmusik finanzieren können.»
«Das Ziel ist, dass wir unsere Reise mit Strassenmusik finanzieren können.»
Isabelle Mutz, Crescelli
Mit dabei haben werden sie in Osteuropa auch ihr Markenzeichen: Die schwarze Kleidung und neonfarbene Socken. Dabei sind die Socken so verteilt, «dass mein rechter Socken die gleiche Farbe hat, wie der Socke am linken Fuss meiner rechten Sitznachbarin», so Zbinden. Ob sie ihre Reise auch wirklich mit ihrer Musik finanzieren können, steht noch in den Sternen. Eines aber werden sie sicher haben: Spass am gemeinsamen Musizieren.