«Ich gebe dem Restaurant Rusticana kein Jahr mehr»
Daniel Bumann coacht in seiner Sendung Problemrestaurants. Vor den Augen der Öffentlichkeit übt der Spitzenkoch oft ätzende Kritik. Dieser Rosskur setzt sich nun auch das Restaurant Rusticana im Aatal aus.
In jeder Bumann-Sendung gibt es diesen Moment: Daniel Bumann ist überraschend in einem Restaurant aufgetaucht und verköstigt Speisen. Zwischen den Bissen raunt der Spitzenkoch und Restauranttester verschwörerisch in die TV-Kamera. Der arme Tropf in der Küche weiss noch nichts von seinem Unglück, der Zuschauer schon. Einige Sende-Minuten später wird die Spannung im grossen Kladderadatsch aufgelöst: Bumann setzt zur meist gnadenlosen Kritik an. Danach zeigt er den Weg aus der Misere. Bis zum vermeintlichen Happy End.
«Wir hatten zuletzt einige Wechsel in der Küche.»
So oder ähnlich muss es auch im Restaurant Rusticana im Aatal zugegangen sein. Am Dienstag sass Daniel Bumann unvermittelt im Lokal. Was genau ablief, wird man erst im Spätsommer wissen, wenn die Sendung ausgestrahlt wird. Aber «Rusticana»-Inhaber Jürg Kammermann verrät: «Der Koch kam ein wenig ins Schleudern.» Der Koch, erst seit Kurzem beim «Rusticana», habe die Kritik aber angenommen, «deshalb hat das gepasst».
Wer bei der Sendung «Bumann, der Restauranttester» teilnimmt, muss sich einiges anhören.
Der Spitzenkoch ist nicht zimperlich, die Kamera immer dabei. Wer die Prozedur auf sich nimmt, dem muss es schlecht gehen, glaubt man. Jürg Kammermann wiegelt ab: Nicht er habe sich angemeldet, sondern ein Freund. Existenziell bedroht sei das Restaurant nicht, man mache in erster Linie wegen des Werbeeffekts bei der Sendung mit. Doch es gebe schon Dinge zu verbessern. «Wir hatten zuletzt einige Wechsel in der Küche.»
«Wie immer, wenn ich gerufen werde»
Wenn man bei Daniel Bumann nachfragt, tönt das anders. «Es ist wie immer, wenn ich gerufen werde: Es brennt an allen Ecken und Enden.» Das Restaurant sei in eine Negativspirale geraten und habe nicht genügend Gäste, um zu rentieren. «Wenn es so weitergeht wie bisher, gebe ich dem Betrieb kein Jahr mehr.»
«Die Leute unterschätzen die Herausforderungen im Gastgewerbe.»
Daniel Bumann musste in anderen Restaurants schon Laien die Grundlagen des Kochhandwerks beibringen, sich mit strotzendem Dreck in der Küche oder kriselnden Gastro-Ehen herumschlagen. Im Aatal scheinen die Herausforderungen weniger gross. Er hat es mit gelernten Küchenfachleuten zu tun, die Besitzverhältnisse sind klar. Aber Bumann sagt: «Es ist immer schwierig.»
Das Problem liegt dieses Mal beim Team, glaubt der Walliser. Das fange beim Chef an, der nicht aus der Branche stamme. Kammermann war Besitzer der Video-Verleih-Kette City Video, die eingegangen ist. Vor dreieinhalb Jahren übernahm er das «Rusticana». Typisch, sagt Bumann. «Die Leute unterschätzen die Herausforderungen im Gastgewerbe.»
Die Qualität muss besser werden
Das Aatal habe er bisher nicht gekannt, sagt Bumann. «Jetzt weiss ich: Es gibt alte Spinnereien, ein Sauriermuseum und einen unglaublichen Verkehr.» Trotzdem sei er erstaunt, dass «so wenige Autos vor dem Restaurant stehen». Denn dieses sei gemütlich. Die offene Küche sei ein Pluspunkt, die Gartenwirtschaft sei zwar etwas laut, aber «immer noch schöner als im Stau zu stehen».
Der Betrieb sei jedoch riesig – 120 Plätze, ebenso viele Plätze auf der Terrasse und eine grosse Bar. Entsprechend schwierig seien die finanziellen Voraussetzungen. Bumann empfiehlt, sich auf das Kerngeschäft und 50 bis 60 Plätze zu beschränken. Aber vor allem müsse die Qualität der Küche besser werden, und zwar konstant. «Kammermann hatte in der Küche Mitarbeiter, die den Betrieb nicht gut präsentierten. Das fällt auf ihn zurück.» Der Fehler liege beim Chef, der es nicht verstanden habe, ein leistungsstarkes Team zu formen.
Karte verkleinern, Spezialität kreieren
Nun soll alles besser werden. Der Experte empfiehlt, wie so oft: Karte radikal verkleinern und eine eigene Spezialität entwickeln. Im Falle des «Rusticana» ist das ein «kleines mediterranes Angebot». Und: die Mitarbeiter müssen einsehen, dass sie sich gegenseitig brauchen – und den Chef unterstützen. Vier Tage müssen für das Coaching reichen. «Ich hoffe, dass danach auch Gäste, die enttäuscht heimgingen, dem Restaurant eine zweite Chance geben.»
«Ab und zu ist der Knüppel nötig, damit die Leute verstehen.»
Noch versteht die Küchencrew nicht alles, was der Experte will. Bumann serviert eine Zucchetti-Pizza, belegt mit Egli-Filet. Eine Neukreation. Die Mitarbeiter kosten verhalten, lassen den Rest achtlos auf dem Tisch stehen. Bumann ortet Verschwendung und regt sich auf. «Für die gibts nie wieder was», murmelt er vor sich hin und bringt die Restpizza zum Aufwärmen in die Küche.
Den Finger in die Wunde legen
Bumann weiss, dass seine Kritik zuweilen ätzend daherkommt. «Ab und zu ist der Knüppel nötig, damit die Leute verstehen: So wie bisher geht es nicht mehr.» Im Aatal habe ihn Kammermann auch ohne Knüppel verstanden, glaubt Bumann. Ein Garant für Erfolg sei das aber nicht. «Ich kann den Finger in die Wunde legen. Umsetzen müssen die Gastronomen selbst.»
Am Samstag, 27. Mai 2017, ab 18 Uhr kocht Daniel Bumann mit der «Rusticana»-Crew. Im Lokal wird die TV-Sendung aufgezeichnet. Gäste sind willkommen, müssen sich aber anmelden.