Protest gegen Hinwiler Sonntagsverkauf
Pfarrer Robert Budry konnte es nicht fassen, als er erfuhr, dass einer der vier Sonntagsverkäufe in Hinwil dieses Jahr auf Heiligabend fällt. «Der 24. ist ein ganz besonderer Tag», sagt das EVP-Mitglied aus Hinwil. «Weil es ein Sonntag ist, werden viele Kirchen einen Gottesdienst veranstalten. Ich finde es schade, wenn die Leute durch den Sonntagsverkauf davon abgehalten werden. Konsum darf nicht so einen hohen Stellenwert haben.»
Er könne sich nicht vorstellen, dass dieser Tag viel Umsatz bringe. «Es herrscht einfach grosser Konkurrenzkampf. Das Glattzentrum teilte mit, dass es am Sonntag, 24. Dezember geöffnet hat und das setzte Hinwil unter Druck. Aber Zürich und Winterthur haben gezeigt, dass es auch anders geht und sich gegen einen zusätzlich hektischen Verkaufssonntag ausgesprochen.»
«Einfach pietätlos»
Die Evangelische Volkspartei schrieb dem Gemeinderat Hinwil einen Brief und machte ihrer Empörung zudem in einer Medienmitteilung Luft. «Die EVP Hinwil ist enttäuscht über die Entscheidung zugunsten von pietät- und schamloser Ausnützung von Weihnachten», heisst es da.
«Es ist einfach pietätlos», sagt Ruth Hauser, Präsidentin der Partei. «Wir sind allgemein nicht begeistert vom Sonntagsverkauf. Und der 24. hat noch einen besonderen Stellenwert.»
Auch auf Facebook ist man sich einig. «Es wird immer schlimmer», heisst es in einem Kommentar zum Hinwiler Sonntagsverkauf am 24. Dezember. «Auch das Personal hat ein Recht auf Feiertage.» Noch deutlicher wird eine andere Nutzerin: «Eine absolute Schweinerei.»
«Im Grundsatz habe ich für die Verkäufer Verständnis», sagt Germano Tezzele, Gemeindepräsident von Hinwil (SVP). «Aber die Festsetzung der Daten für die Sonntagsverkäufe ist alles andere als einfach. Man kann es nie allen recht machen.» Man habe den Verkauf am 24. Dezember aber nur bis 16 Uhr bewilligt und nicht wie bei Sonntagsverkäufen üblich bis 18 Uhr.
24. Dezember ist kein Feiertag
Gemäss dem Ruhetags- und Ladenöffnungsgesetz des Kantons Zürich sind vier Sonntagsverkäufe pro Jahr erlaubt. Bereits Anfang 2016 haben die Hinwiler Gewerbe- und Handelstreibenden ihre Wunschdaten für die Sonntagsverkäufe der Gemeinde eingereicht. Die zuständige Abteilung Sicherheit bewilligte für das Jahr 2017 den 9. April, den 29. Oktober, den 17. und den 24. Dezember. «Viele Zürcher Gemeinden haben das Gleiche beschlossen», sagt Tezzele.
In Wallisellen gab es grossen Widerstand von den Angestellten und der Gewerkschaft Unia – doch da der 24. Dezember nicht als hoher Feiertag gilt, ist der Sonntagsverkauf an diesem Tag rechtens.
«Wir machen nichts anderes als sonst auch», sagt Roland Jungo, Leiter des Hinwil Centers. «Wir hatten am 24. Dezember schon immer offen. Hätten wir dieses Jahr geschlossen, wäre das Center wegen Weihnachten und dem Stephanstag gleich drei Tage lang zu – und das ist sehr lang.» Man nehme auf die Kundenbedürfnisse Rücksicht. «Kundenbedürfnisse sind Umsatzchancen. Würden wir glauben, dass der 24. keinen Umsatz bringt, hätten wir den Antrag nicht gestellt.» Er habe Verständnis dafür, dass dies nicht allen Freude mache. «Aber der 24. Dezember ist nun mal kein Feiertag.»
Konsumenten sollen Zeichen setzen
Die EVP Hinwil wird keine weiteren Schritte unternehmen, um den Sonntagsverkauf am 24. Dezember zu verhindern. Man habe sich eine Flyeraktion überlegt, werde dies aber wohl unterlassen. Pfarrer Robert Budry hofft darauf, dass viele Kunden die Läden am 24. Dezember boykottieren und stattdessen den Gottesdienst besuchen. Und Ruth Hauser sagt: «Die Konsumenten haben es nun in der Hand, welche Bedeutung sie Heiligabend-Sonntag 2017 zumessen wollen.»