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Russiker verkauft Paket-Briefkästen

122 Millionen Pakete wurden letztes Jahr in der Schweiz versandt - 6 Prozent mehr als im Vorjahr. Diese Zunahme stellt die Post bei der Auslieferung vor eine Herausforderung. Linderung verspricht das Produkt einer jungen Russiker Firma. Diese verkauft neuerdings sogenannte Paket-Briefkästen.

Wolfgang Schlumpf ist von seiner Geschäftsidee überzeugt. Er ist zuversichtlich, dass Paket-Briefkästen schon bald zum neuen Standard werden. (Bild: Seraina Boner)

Russiker verkauft Paket-Briefkästen

Die Idee für seine neue Firma kam Wolfgang Schlumpf kurz vor Weihnachten. «Im Treppenhaus des Mehrfamilienhauses, in dem ich mit meiner Familie wohne, stapelten sich in der ­Adventszeit die Pakete.» All die online bestellten Weihnachts­geschenke lagen für jedermann gut sichtbar herum. «Man hätte nur zugreifen müssen.» Der Russiker begann, sich Gedanken zu machen, wie sich das Problem ­lösen liesse. «Ich dachte mir, es müsste eine Art grossen Briefkasten geben, in dem der Pöstler die Pakete deponieren könnte.»

Eine kurze Internetrecherche ergab, dass er nicht der Erste mit dieser Idee war. «In Deutschland gibt es schon mehrere Anbieter für sogenannte Paket-Briefkästen», sagt Schlumpf. Die Schweiz hinke dieser Entwicklung hinterher. «Erst ein einziger Schweizer Briefkastenhersteller hat ­ein vergleichbares Produkt in seinem Sortiment.»

Familienbetrieb mit an Bord

Der Russiker Unternehmer witterte seine Chance. «Ich möchte diese Nische rasch besetzen», sagt er. Ein ambitioniertes Ziel – doch Schlumpf hat einen Trumpf im Ärmel. Sein Vater ist Inhaber der Sibatec AG, einer Blechbearbeitungsfirma und einem Industriespritzwerk in Bubikon mit über 50 Angestellten.

«In den letzten paar Wochen haben wir in der Sibatec verschiedene Prototypen entwickelt», sagt Wolfgang Schlumpf. Die Modelle stehen kurz vor der Serienreife. Die Produktion soll in den nächsten Wochen beginnen. «Mein Plan ist es, diese ­Paket-Briefkästen in der ganzen Schweiz zu vertreiben», sagt Schlumpf. Um aber von Anfang an eine breitere Produktepalette anbieten zu können, hat der Russiker auch einige deutsche Hersteller angefragt, ob er für sie die Vertretung in der Schweiz übernehmen könne. Drei der Firmen haben eingewilligt.

Schlumpf ist zuversichtlich, dass sein Geschäft mit den Paket-Brief­kästen funktionieren wird. «Das Angebot entspricht einem wachsenden Bedürfnis», sagt er. Mit der zunehmenden Bedeutung des Online-Handels, steigt auch die Zahl der Paketsendungen. Die Schweizerische Post hat letztes Jahr fast 122 Millionen Pakete zugestellt. Das entspricht im Vergleich zu 2015 einem Wachstum von fast sechs Prozent.«Gleichzeitig sind immer mehr Leute seltener zu Hause, um Pakete in Empfang nehmen zu können.»

Ist ein Paket zu gross für den Milchkasten, müssen die Pöstler es wieder mitnehmen und einen Abholschein hinterlassen. «Das verursacht nicht nur unnötige Transportleistungen seitens der Post, sondern auch Aufwand für die Empfänger, die ihr Paket dann in der nächsten Poststelle abholen müssen», sagt Schlumpf. Im Oktober kündigte die Post zudem an, mehr als 600 Poststellen schliessen zu wollen. «Dies wird die Wege für manche Kunden verlängern.» Auch der wachsende Markt­anteil von anderen Paketdienstleistern wie DHL oder UPS, die Auslieferungen anders hand­haben, mache die Situation für die Empfänger nicht einfacher.

Mehr Sicherheit für Pakete

Die Schwierigkeiten bei der Verteilung verursachten zudem ein Sicherheitsproblem, sagt Wolfgang Schlumpf. «Wie sich in meinem Haus vor Weihnachten zeigte, halten sich die Lieferanten nicht immer an die Vorschriften und deponieren Pakete, die nicht in den Milchkasten passen, vor dem Eingang oder im Treppenhaus, wo sie für potenzielle ­Diebe frei zugänglich sind. Mit einem Paket-Briefkasten liesse sich dieses Problem lösen.»

Der Sicherheitsaspekt sei gerade auch für Firmen oder Arztpraxen und Apotheken interessant, die wertvolles oder sensibles Material bestellen müssen.
Zum Schutz vor Diebstahl verfügen die Paket-Briefkästen über einen Mechanismus. «Schliesst man die Einwurfluke, öffnet sich eine Klappe im Boden, und das Paket rutscht in einen geschlossenen Bereich, der einen unerlaubten Zugriff verhindert und nur mit einem Schlüssel oder einem Chip zugänglich ist», sagt Schlumpf.

Suche nach einem Partner

Der Russiker will keine Zeit ­verlieren. Seit Kurzem ist seine Website online. «Ich bin bereit für die ersten Kunden», sagt er. Neben dem Verkauf der Paketbriefkästen umfasse sein An­gebot auch Beratung, Montage und einen Servicevertrag für die Wartung. Jetzt in der Anfangsphase mache er das noch allein, sagt Schlumpf. «Wenn das Geschäft anzieht, werde ich aber Hilfe brauchen. Deshalb bin ich auf der Suche nach weiteren ­Geschäftspartnern.»

Der Preis für die Paket-Briefkästen von Sibatec sind noch nicht bekannt. Die deutschen Modelle in Schlumpfs Angebot kosten zwischen 270 und 870 Franken. Das ist zwar mehr als ein gewöhnlicher Briefkasten kostet, doch ist Schlumpf überzeugt, dass es genügend potenzielle Kunden wie Einfamilienhausbesitzer oder Firmen gibt, die bereit sind, sich einen Paket-Briefkasten zu leisten. «Ich könnte mir sogar vorstellen, dass Paket-Briefkästen mit integriertem Briefeinwurf in Zukunft zum Standard werden.»

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