Professionell mit Tieren sprechen - wäre das was?
Es klingt nach Hokuspokus, wenn Jacqueline Kramer erzählt, wie sie mit Tieren kommuniziert. «Meistens arbeite ich aus der Ferne. Mir reichen ein Bild und der Name des Tiers, um eine Verbindung zu ihm herzustellen.» Die Russikerin führt seit zwölf Jahren die Therapiepraxis Naturgeflüster im Bahnhofsgebäude in Fehraltorf. Tierhalter kommen zu ihr, wenn sie mit ihrem Haustier nicht weiterwissen. «Ich frage beispielsweise die Katze, warum sie plötzlich unsauber ist oder warum der Hund nicht mehr auf seinen gewohnten Plätzen schläft. Dann empfange ich Emotionen oder Bilder, die ich für den Tierhalter interpretiere.»
Für die Kommunikation verbinde sich Kramer mental mit dem Tier, etwa von Herz zu Herz oder von Drittem Auge zu Drittem Auge. Auf die Art habe sie schon mit Leguanen, Schildkröten und Meerschweinchen kommuniziert, typischer seien aber Hunde, Katzen und Pferde. «Je näher der Mensch mit dem Tier zusammenlebt, desto relevanter ist die Tierkommunikation», sagt die 50-Jährige. Aber nicht alle Tiere hätten Lust darauf, Botschaften zu senden. «Manche verweigern sich der Kommunikation. Jedes Tier hat eben seine Persönlichkeit.»
«Ich bin ein rationaler Mensch»
Dass ihr Beruf oft als Scharlatanerie abgestempelt wird, kann Kramer nachvollziehen. «Ich bin selbst ein rationaler Mensch und war anfangs skeptisch.» Die Russikerin arbeitete jahrelang als Tierpflegerin in einem Tierheim. «Dort habe ich gesehen, dass die Schulmedizin wenig ausrichten kann, wenn es um Verhaltensstörungen oder Ängste bei Tieren geht. Ich dachte, dass es andere Wege geben müsste, um den Tieren zu helfen. In der Tierkommunikation habe ich einen gefunden.» Ihre Arbeit habe nichts mit Esoterik zu tun. Tierkommunikation ist allerdings kein geschützter Beruf. «Deshalb gibt es viele abgespacte Esoteriker auf Wolke 77, die der Branche schaden», sagt Kramer.
Andere würden Crashkurse in Tierkommunikation geben und vermittelten das Gefühl, es reiche, die Technik in zwei Stunden zu lernen, sagt Kramer. Solche Konzepte ärgern sie. «Das wirft kein gutes Licht auf all jene, die Tierkommunikation ernsthaft betreiben und auf ein gutes Fundament bauen.» Kramer bildet selbst künftige Tierkommunikatoren aus. Bei ihr dauert die Ausbildung ein Jahr und kostet 4500 Franken.
Am kommenden Wochenende beginnt der neue Kurs mit Teilnehmern aus der ganzen Schweiz. «Dass es die Ausbildung gibt, hat sich herumgesprochen», sagt Kramer. Die sieben Teilnehmer absolvieren ein bis zwei Wochenendseminare pro Monat. «Daneben müssen die Teilnehmer aber viel üben.»
Der falsche Ansatz
Im Kurs arbeiten die Tierkommunikatoren in spe alle mit den gleichen Tieren. «Inhaltlich bekommen sie auch die gleichen Botschaften. Aber je nachdem, welchen Hintergrund die Teilnehmer haben, sind sie auf andere Aspekte sensibilisiert und empfangen verschiedene Nebenbotschaften», sagt Kramer.
Die Teilnehmer müssten aber die richtigen Voraussetzungen mitbringen. «Es gibt immer wieder Leute, die sagen: ‹Ich will die Ausbildung zum Tierkommunikator machen, weil ich mit Tieren besser umgehen kann als mit Menschen.›» Das sei jedoch der falsche Ansatz. «Als Tiertherapeut muss man sich genauso auf den Tierhalter einstellen können.»