Ohne Konzept lauern auf Facebook viele Gefahren
Das Internet sei kein rechtsfreier Raum, ruft Dorothe Kienast in Erinnerung. Im Fall von Christian Klambaur, der eine Szene aus dem Film «300» mit rassistischen Äusserungen auf Facebook veröffentlichte, verstosse aus ihrer Sicht gegen die Rassismus-Strafnorm. «Auch wenn das Video nicht von ihm ist, hat er zur Verbreitung des rechtswidrigen Videos beigetragen», sagt die Wetziker Juristin und Kommunikationsexpertin.
Für Kienast liegt die Ursache solch unbedachter Posts in der immer noch mangelnden Kenntnis der Möglichkeiten und Grenzen der sozialen Medien. Viele Nutzer seien nicht mit den sozialen Netzwerken aufgewachsen und würden erst spät den Zugang finden. «Die Gefahr ist dann gross, dass man zu präsent sein möchte und der Versuchung erliegt, alles zu veröffentlichen.»
Fehler eingesehen
Nach den Medienberichten krebste Klambaur zurück und entschuldigte sich auf Facebook. Auch kam er seiner Partei zuvor und trat aus der SVP Rüti aus (wir berichteten).
(Quelle: Facebook/Christian Klambaur)
Mit der öffentlichen Entschuldigung habe Klambaur das einzig richtige gemacht, findet Kienast. «Er ist zu seinem Fehler gestanden.»
Kein «Sorry» gab es von Nationalrat Claudio Zanetti (SVP Gossau), der wenige Minuten nach dem Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt diesen Tweet absetzte und deshalb in die Schlagzeilen geriet:
Menschen müssen sterben, weil wir uns unfähige Regierungen leisten.
— Claudio Zanetti (@zac1967) 19. Dezember 2016
Zanetti mit klarem Konzept
Im Gegensatz zu Klambaur erkennt Kienast bei Zanetti ein Konzept im Umgang mit den sozialen Netzwerken, «wodurch er trotz allem glaubwürdig wirkt». Kienast weiter: «Sein Konzept ist offenbar, um jeden Preis aufzufallen. Das setzt er konsequent und gut um.» Wäre Zanetti allerdings ihr Mandant, würde sie ihm empfehlen, seine Präsenz auf Twitter zu überdenken, sich auf seine Kernthemen zu konzentrieren und Grenzen von Anstand und Menschenwürde nie zu überschreiten.
Privat- und Berufsleben vermischen
Das Wichtigste an Posts ist gemäss Kienast, dass sie zur Person passen und ethisch korrekt sind. Letzteres traf beim fremdenfeindlich gefärbten Facebook-Eintrag einer Angestellten des Sozialamts Dübendorf nicht zu. Obwohl sie die Inhalte mit ihrem privaten Facebook-Profil veröffentlichte, verursachte die Angestellte einigen Wirbel. «Auf Facebook bist du auch in der Freizeit Politiker, Angestellter, Lehrer oder Polizist. Die Unterscheidung zwischen Privat- und Berufsleben gibt es in den sozialen Netzwerken nicht», stellt Kienast klar.
«… der hat die Entwicklung verpasst»
Auf unbedarfte Posts, wie jenen von Klambaur oder der Angestellten des Sozialamts, folgen jeweils sogenannte Shitstorms. Die negative Kritik rollt wie eine Lawine auf den Urheber zu – und zwang in den genannten Beispielen auch die SVP Rüti und den Dübendorfer Stadtrat umgehend zum Handeln. «Wer zuerst einmal Ruhe einkehren lassen will, befolgt eine veraltete PR-Schule und hat die Entwicklung der letzten Jahre verpasst», sagt Kienast. Sie empfiehlt, nicht viel Zeit bis zur ersten Stellungnahme verstreichen zu lassen und umgehend mit den Betroffenen den direkten Kontakt zu suchen.
Der Stadtrat Dübendorf hat mit der Schaffung einer neuen Ombudsstelle reagiert. Stadtpräsident Lothar Ziörjen rief am Neujahrsapéro dazu auf, alle, die sich schlecht behandelt fühlten, an diese zu verweisen:
Trotz den abschreckenden Beispielen: Die sozialen Netzwerke bieten den Politikern auch viele Vorteile. Kienast nennt die grössten: «Ein Facebook-Profil ist einfach zu bewirtschaften, es ist günstig, und man kann exakt seine Zielgruppe erreichen.»