Was sucht dieser schüchterne Typ aus Gossau in einer wilden Party-Sendung?
Reality-TV
Der Wahl-Gossauer Jules ist bereits zum zweiten Mal bei «Jung, wild und sexy: Refilled» dabei. Er findet, in der Sendung gehe es um mehr als bloss baggern und saufen.
Sie wollen saufen, knutschen und die ganze Nacht durchtanzen. «Jung, wild und sexy: Refilled» heisst die Reality-Sendung, die das rauschende Leben junger Erwachsener begleitet.
Schon in den 2010er Jahren gab es «Jung, wild und sexy». Millennials dürften sich wahrscheinlich – peinlich berührt über die grenzwertigen Aussagen der damaligen Protagonisten – erinnern.
Die rezyklierte Show ist schon mitten in der sechsten Staffel. Der 20-jährige Jules – ein ursprünglicher Zürcher, der nach vielen Umzügen Gossau zu seinem Zuhause gemacht hat, wo er in die Nähe seiner Mutter zog – ist schon zum zweiten Mal dabei. Bereits vor dem ersten TV-Auftritt kündigte er Filmrisse und wilde Partynächte an.
Doch es geht bei ihm auch anders. An einem Mittwochnachmittag sitzt Jules im Schatten der Frühlingssonne in einem Café. Sachte nippt er an seinem Glas mit stillem Wasser. Seine Bewegungen sind sanft, er spricht ruhig und wirkt eigentlich alles andere als ein wilder Partylöwe. Er wirkt sogar ziemlich schüchtern.
«Zürcher Oberländer»: Jules, hat «Jung, wild und sexy: Refilled» einen anderen Sinn als Party machen und Baggern?
Jules Frischknecht: Ja, ich glaube schon. Es ist ein spannendes Format für meine Generation, weil es die Themen zeigt, die uns gerade beschäftigen. Wie beispielsweise meine Homosexualität, die ich in der Sendung ausleben kann, ohne mich verstellen zu müssen.
Du sagst das mit einer solchen Selbstverständlichkeit. Braucht es nicht Mut dazu?
Doch, klar. Früher konnte ich meine Homosexualität nicht frei ausleben, oder besser gesagt: Ich hätte mich niemals getraut. Erst mit 18 gestand ich mir ein, dass ich homosexuell bin und zog von zu Hause aus. Da begann eine neue Ära.
Inwiefern?
Ich sagte mir: Jetzt werde ich mein Leben leben, egal, was andere sagen. Schliesslich werden Menschen immer gegen dich sein, wenn sie das wollen – egal, wer du bist oder was du machst.
Wie sind Deine Eltern mit Deinem Outing klargekommen?
Mein Vater hat dies leider nie erfahren, weil er gestorben ist, als ich sieben war. Meine Mutter akzeptierte es eigentlich, doch unsere Beziehung war kompliziert. Wir waren nicht so eng, dass wir miteinander darüber sprechen konnten. Aber ich denke, dass es bei mir sicher einfacher war als bei anderen.
Wäre es mit Deinem Vater anders gewesen?
Vielleicht wäre es schwieriger gewesen. Mein Vater war aus Pakistan, wo Homosexualität nicht so akzeptiert wird wie hier. Das hätte sicherlich einen Einfluss gehabt.
Und wie erlebst Du es in Gossau?
Ich habe bis jetzt noch nichts Negatives erlebt. Wir leben in einem Zeitalter, in dem Homosexualität wirklich zur Normalität des Lebens dazugehören sollte. Und das tut es ja eigentlich auch: Es gibt uns einfach. Aber ich kann schon auch verstehen, dass ältere Menschen Mühe damit haben. Sie sind jahrelang anders aufgewachsen, und nun kommen die Jungen und stellen das soziale Leben auf den Kopf. Aber es ist wichtig, darüber zu sprechen und sich den Raum zu nehmen. So, wie ich im Fernsehen.
Du hast auf Tiktok über 30’000 Follower, bist zum zweiten Mal bei «Jung, wild und sexy» dabei und warst auch schon bei der Sendung «First Dates». Aber irgendwie wirkst Du so schüchtern. Wie geht das zusammen?
Früher war ich extrem schüchtern. Mobbingerfahrungen haben mich geprägt und zurückhaltend gemacht. Irgendwann begann ich, mich auf Social Media zu zeigen. Es machte mir nicht nur Spass, die Leute zu unterhalten, sondern gab mir auch Selbstvertrauen.
Wie gehst Du mit Hasskommentaren um? Ist das überhaupt ein Thema?
Das gelingt mir immer besser. Obwohl ich mich heute so akzeptiere, wie ich bin, kämpfe ich aber manchmal mit depressiven Phasen. Dann muss ich mich von den sozialen Medien distanzieren, weil mich sonst gemeine, hasserfüllte Kommentare herunterziehen – auch wenn ich mehr Liebe als Hass im Netz erfahre.
Aber was ist denn überhaupt der Reiz am Rampenlicht?
Ich habe einfach nie so richtig gewusst, was ich aus meinem Leben machen will. Beim Fernsehen gefällt mir, dass man diese Erfahrungen nicht zu Hause macht. Sie sind so aussergewöhnlich. Und «Jung, wild und sexy» war einfach eine lustige Zeit, mit verrückten Bootpartys und tollen Leuten. Ich geniesse das Rampenlicht, auch wenn ich keine Drama-Queen bin.
Würdest Du demnach auch bei anderen Sendungen mitmachen?
Auf jeden Fall. Am liebsten würde ich in Sendungen mitmachen, wo man ausscheidet, wenn man eine Challenge nicht gewinnt. Solche Wettkämpfe, glaube ich, würden mir liegen. Mein Traum? Einmal beim Dschungelcamp mitmachen.
«Jung, Wild und Sexy: Refilled»
Wer Jules im Fernsehen sehen will, kann die Sendung auf OnePlus streamen. Jeden Montag erscheint eine neue Folge.