Kanton winkt ab – Spital Wetzikon droht das Aus
Keine Hilfe trotz finanzieller Schieflage
Zwei Spitäler haben Hilferufe an den Kanton Zürich gerichtet. Dieser unterstützt das Kispi, nicht aber das GZO Spital Wetzikon, das eine ungewisse Zukunft hat.
Das Gesundheitswesen und vor allem die Spitäler der Region kommen nicht zur Ruhe: Wenige Wochen nachdem das Spital Uster dank seinen zehn Aktionärsgemeinden eine existenzsichernde Aktienkapitalerhöhung in Höhe von 33,2 Millionen Franken geschafft hat, überrascht das GZO Spital Wetzikon mit einer drastischen finanziellen Schieflage.
Am Donnerstagmorgen kommunizierte der Regierungsrat, dass er ein Gesuch des Spitals für finanzielle Unterstützung in Höhe von 180 Millionen Franken ablehnt. Aus Sicht der Gesundheitsdirektion erfüllt das Spital in Wetzikon die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Unterstützung nicht.
«Ein Platz auf der Spitalliste ist keine Staatsgarantie», sagte Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (SVP). Der Regierungsrat sieht nun die Eigentümerschaft des Spitals in der Pflicht, die finanzielle Stabilität sicherzustellen.
Kurzfristiges Unterstützungsgesuch
Das GZO Spital hatte den Kanton Anfang Februar kurzfristig um Hilfe ersucht. Im Juni wird die Refinanzierung einer Obligationenanleihe in Höhe von 170 Millionen Franken fällig. Aufgenommen hat das Spital die Anleihe im Jahr 2014 zur Finanzierung des inzwischen weit fortgeschrittenen Neubaus. Die zusätzlich ersuchten 10 Millionen Franken entsprechen den anfallenden Zinsen.
Die bisherigen Bemühungen des Spitals, die finanziellen Mittel selbst zu beschaffen, waren zuvor gescheitert. Um die Rückzahlung leisten zu können, wollte das Spital bereits 2022 die Verbesserung der Eigenkapitalsituation anpacken.
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Zwar war gemäss dem GZO Spital ein strategischer Investor bereit, einen namhaften zweistelligen Millionenbetrag einzuschiessen. Dies aber unter der Bedingung, dass die Refinanzierung der im Juni 2024 auslaufenden Obligationenanleihe gesichert wäre. Diese Anforderung konnte das Spital nicht erfüllen, weshalb es sich schliesslich an den Kanton wandte.
Jörg Gruber, stellvertretender Chef des Amts für Gesundheit und Leiter Versorgungsplanung, nahm an der Medienkonferenz der Gesundheitsdirektion zur Situation des Wetziker Spitals Stellung. Ausschlaggebend für die erfolglosen Gespräche mit den Finanzpartnern seien in erster Linie die tiefe Eigenkapitalquote und die zuletzt schlechten Jahresergebnisse des GZO Spitals gewesen, sagte Gruber.

Die finanzielle Schieflage eines Spitals erlaubt es dem Kanton aber nicht per se, diesem finanziell unter die Arme zu greifen. Gemäss dem Spitalleistungs- und -finanzierungsgesetz (SPFG) müssen im Kanton Zürich Spitäler «unverzichtbar» und für die Versorgung der Bevölkerung notwendig sein. Beide Vorgaben erfüllt das GZO Spital aus Sicht der Gesundheitsdirektion nicht.
GZO Spital nicht systemrelevant
Das Wetziker Spital sei nicht systemrelevant, hiess es. Ebenso wenig zwingend erforderlich seien das sich im Bau befindende neue Gebäude sowie die Sanierung der bestehenden Gebäude.

Auch bei einem Verschwinden der 129 Betten wäre die Gesundheitsversorgung weiterhin gewährleistet und könnte von anderen Spitälern übernommen werden. Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli meinte, dass sich die Gesundheitsdirektion bereits in der Vergangenheit nur für ein einziges Spital im Zürcher Oberland ausgesprochen habe.
Das GZO Spital ist zwar auf der Spitalliste für 2023 mit diversen Leistungsaufträgen geführt. Die absoluten Fallzahlen seien jedoch tief, führte Jörg Gruber weiter aus. «Bestimmend für den Entscheid ist die Einschätzung, dass die Fälle des Spitals Wetzikon schon kurzfristig, aber in jedem Fall mittel- und langfristig von anderen Spitälern kompensiert werden können.»
Eventualitäten werden vorbereitet
Die Einwohnerinnen und Einwohner des GZO-Einzugsgebiets könnten gemäss Gruber auch ohne Spital Wetzikon mit dem Privatverkehr innert 30 Minuten in die Notaufnahme eines anderen Spitals gelangen. Das schliesse auch das Verkehrsnadelöhr durch das Aatal ein. Man habe die Berechnungen bereits im Rahmen der Spitalplanung gemacht, erklärte der Leiter Versorgungsplanung. «So gross ist der Kanton oder das Zürcher Oberland auch nicht.»
Noch steht im GZO Spital aber kein Lichterlöschen an. Dennoch bereitet sich der Kanton für alle Eventualitäten vor, sollte das Spital keine Finanzierungslösung finden und eine Einstellung des Betriebs unausweichlich werden. Der Kanton trete ab sofort mit anderen Spitälern in Kontakt, um Kapazitäten und Ausbaumöglichkeiten zu prüfen, erklärte Gruber.
Laufender Betrieb sichergestellt
Dieses Szenario möchten die Verantwortlichen des GZO Spitals jedoch verhindern. Der Verwaltungsrat des GZO, der seit Längerem mit den zwölf Aktionärsgemeinden, Finanzpartnern und Drittinvestoren im Austausch ist, prüft nun gemäss eigener Aussage weitere Optionen, wozu auch die Möglichkeit einer Nachlassstundung zählt.
«Die GZO AG Spital Wetzikon ist weder überschuldet noch illiquid», erklärt Verwaltungsratspräsident Jörg Kündig. «Die Aktionärsgemeinden stehen voll und ganz hinter uns. Wir setzen alles daran, eine Lösung für die Refinanzierung der Anleihe zu finden. Der laufende Betrieb der medizinischen Grundversorgung und die Mitarbeiterlöhne sind sichergestellt», fügt er an.
Wetziker Stadtrat besorgt
In der Stadt Wetzikon zeigt sich die Exekutive in einer ersten Reaktion «tief besorgt über die ernste finanzielle Situation des Spitals». Das Spital Wetzikon sei ein wichtiger Teil der Gesundheitsversorgung und einer der grössten Arbeitgeber der Stadt. Eine stabile finanzielle Basis der Aktiengesellschaft sei für die Bevölkerung daher von zentraler Bedeutung. Man bedauert die ablehnende Haltung des Kantons in einer Mitteilung.
Der Stadtrat sieht nun den Verwaltungsrat des GZO in der Pflicht, den Spitalbetrieb aufrechtzuerhalten und einen tragfähigen Businessplan vorzulegen. Die Stadt werde ihrerseits alle Möglichkeiten ausschöpfen, mit denen sie das Spital in dieser schwierigen Situation unterstützen könne.
Der Stadtrat habe dem Spital bereits zu einem früheren Zeitpunkt signalisiert, dass er sich eine finanzielle Unterstützung des Spitals durch die Stadt Wetzikon «grundsätzlich vorstellen» könne. Er hat allerdings auch festgehalten, dass für eine Zusicherung von Steuergeldern ein transparenter politischer Prozess und letztlich eine Volksabstimmung nötig sind.
Bis zum aktuellen Zeitpunkt ist noch kein offizielles Gesuch des GZO Spitals um finanzielle Unterstützung durch die Stadt eingegangen. Der Stadtrat wird eine Taskforce einsetzen, welche die nötigen Massnahmen zur Sicherung der Gesundheits- und Notfallversorgung im Fall einer Nachlassstundung der GZO AG Spital Wetzikon vorbereiten soll.
Kanton rettet Kinderspital
Im Gegensatz zum GZO Spital Wetzikon kann das Universitäts-Kinderspital (Kispi) in Zürich auf die Unterstützung des Kantons zählen. Der Regierungsrat gewährt dem Kispi unter Auflagen eine Erhöhung des bestehenden Kantonsdarlehens um 100 Millionen Franken. Zusätzlich spricht er für das Jahr 2024 eine Subvention von maximal 35 Millionen.
Gemäss der Eleonorenstiftung wäre das Kispi ab Mitte 2024 ohne finanzielle Unterstützung nicht mehr zahlungsfähig gewesen, weshalb sie sich an den Kanton wandte. Das Kinderspital ist aus Sicht des Kantons für die medizinische Versorgung unverzichtbar. Es steht ausserdem auf verschiedenen Spitallisten anderer Kantone.
Im Kispi werden jährlich rund 8000 stationäre Fälle behandelt. Das entspricht rund der Hälfte aller Fälle im Kanton, die Kinder und Jugendliche betreffen. Ausserdem werden rund 140’000 ambulante und rund 42’000 Notfallkonsultationen durchgeführt. (lel)