Wer dieses Café in Rüti besucht, hält sich fit
Koordination, Gleichgewicht und Beweglichkeit: All das wird gleichzeitig beim Café Balance gefördert – während zudem Klavierklänge live ertönen.
Da strecken die Leute auf den Stühlen ihre Beine weit nach vorne – kurz darauf werden im Saal farbige Gymnastikbänder durch die Luft gewirbelt. Dazu erklingt Klaviermusik. Das Café Balance läuft auf Hochtouren – es ist einiges zu sehen und zu hören.
Jeden Dienstag, ausser in den Schulferien, finden im dritten Stock des Amthauses in Rüti zwei Kurse statt: der erste von 9.30 bis 10.20 Uhr und der zweite von 10.30 bis 11.20 Uhr. Eine Lektion kostet 12 Franken. Was ist die Idee hinter dem Anlass mit dem Namen Café Balance?
«Im Rhythmikkurs führen Sie rhythmische Bewegungen zu live gespielter Klaviermusik aus. Das fördert die Stabilität und die Gangsicherheit», ist in einer Broschüre der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich zu lesen, die das Café Balance als Prävention und Gesundheitsförderung finanziell unterstützt.
Organisiert und durchgeführt werden diese Kurse in der ganzen Deutschschweiz vom Verein Erwachsenen- und Seniorenrhythmik nach Dalcroze mit Sitz in Bubikon. Gründungs- und Vorstandsmitglied ist Martin von Arx. Der Verein kümmert sich auch um die Ausbildung von Leiterinnen und Leitern für Rhythmikkurse für Seniorinnen und Senioren.
Der Genfer Émile Jaques-Dalcroze hat diese Musik- und Bewegungsmethode zu Beginn des
20. Jahrhunderts entwickelt. «In seiner Arbeit mit Studenten bemerkte er, dass sie die rhythmischen Aufgaben viel besser und präziser erlernten, wenn sie sich dabei bewegten», schreibt der Verein Erwachsenen- und Seniorenrhythmik nach Dalcroze. Daraus entwickelte sich die «Méthode de Rythmique Émile Jaques-Dalcroze».
Für geistige und körperliche Fitness im Alter
«Wer regelmässig ins Café Balance kommt, reduziert die Sturzgefahr um 50 Prozent», erklärt Martin von Arx. Das hätten wissenschaftliche Studien belegt, ergänzt der 80-Jährige. Im Vorstand des Vereins Erwachsenen- und Seniorenrhythmik nach Dalcroze sitzt auch Reto Kressig, der als langjähriger Professor für Altersmedizin der Universität Basel am Felix-Platter-Spital tätig war, wo zu dieser Methode eine Studie verfasst wurde.
«Es geht auch darum, dass die Senioren geistig und körperlich mobil bleiben, damit sie so lange wie möglich für sich zu Hause selber sorgen können», sagt von Arx. Das Café Balance sorge unter anderem dafür, dass die Muskeln nicht erschlafften und das Gleichgewicht erhalten bleibe. Zudem werde das Multitasking gefördert. «Bei einem Spaziergang beispielsweise soll man gleichzeitig miteinander plaudern und wissen, wo der Weg durchführt.»
Die Erwachsenen- und Seniorenrhythmik nach Dalcroze unterstütze die Mobilität und geistige wie körperliche Fitness bis ins hohe Alter. «Deshalb wird hier im Café Balance auch die Koordination gefördert», betont Alfred Böhm. Der 71-Jährige ist ehemaliger Musiklehrer und ausgebildeter Leiter für Rhythmikkurse für Seniorinnen und Senioren.
Auch Gemeinschaft ist wichtig
Eben sass er noch am Klavier, schon führt er barfuss die nächste Übung vor. Im Kreis werden Bälle von einer stehenden Person zu nächsten weitergereicht und gleichzeitig noch die Füsse bewegt. Das erfordert viel Koordination und Hirn.
Später tanzen die Teilnehmenden zu einem Walzer oder zu Marschrhythmen durch den Saal, während sie gleichzeitig bunte Tücher durch die Luft werfen. Und auch bunte Gymnastikbänder kommen zum Einsatz, die durch die Luft flattern, während die Frauen und Männer sich durch den Raum bewegen.
«Ich trainiere hier mein Hirn. Das ist wichtig», erklärt eine 77-jährige Kursteilnehmerin. Auch die Koordination werde gefördert. «Im Alltag fühle ich mich inzwischen viel sicherer beim Gehen», ergänzt sie. Ihr 80-jähriger Kollege meint: «Damit ich meine Beweglichkeit nicht noch mehr verliere – deshalb mache ich hier mit.» Und er sagt noch mit einem Lächeln: «Aber auch die Gemeinschaft ist wichtig. Nach dem Kurs gehen wir jetzt zusammen noch einen Kaffee trinken. Schliesslich heisst es ja auch Café Balance.»
Eine 75-Jährige erklärt, sie gehe viel spazieren und fahre ab und zu auch noch Velo. «Hier wird aber auch mein Geist auf Trab gehalten. Das gefällt mir. Und wir sind eine tolle Gruppe, die auch sonst noch zusammen etwas unternimmt.»