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Wegzug von Wila

Der «Tössthaler» verlässt die vertraute Region

Die Meldung, dass das Redaktionsbüro des «Tössthalers» Wila verlässt, ruft nach einem Rückblick auf die Buchdruckerei, die Lokalzeitung und diverse Abschiede.

Das Redaktionsbüro in Wila ist inzwischen verwaist. Nur der Schriftzug am Haus ist noch da.

Foto: Renate Gutknecht

Der «Tössthaler» verlässt die vertraute Region

Die Meldung, dass das Redaktionsbüro des «Tössthalers» Wila verlässt, ruft nach einem Rückblick auf die Buchdruckerei, die Lokalzeitung und diverse Abschiede.

Es begann mit einem Anruf Anfang dieses Sommers. Es hiess, die Mitarbeitenden des «Tössthalers» im Büro in Wila würden den Standort verlassen und bald von Wetzikon aus arbeiten. Daher gelte es, das hauseigene Archiv einmal mehr zu dezimieren.

Eingeladen wurden mit dem denkwürdigen Anruf für einen Augenschein vor Ort die Ortsmuseen von Turbenthal und Wila. Ein spannender Moment für die beiden Delegationen. Ein Schrank mit vielen Erinnerungen stand da, vorab mit einer unglaublichen Zahl von Annette Carlins Fotografien, die einst den Weg in die Zeitung fanden. Das war, bevor die Digitalisierung Einzug hielt.

Diese Fotoaufnahmen passieren nun erst einmal die Museen für die Durchsicht. Später werden sie dann in den jeweiligen Privatbestandsarchiven gelagert.

Bei der Sichtung tauchte im Kastenfuss auch eine ungeheuer schwere Druckplatte auf (siehe Box). Jetzt wird sie im Schaudepot Tösstal gelagert und ruft geradezu nach einem Rückblick.

Eine Druckplatte aus Metall.
Diese Druckplatte zeigt eine für den Druck vorbereitete Seite des «Tössthalers».

Bei der nun im Schaudepot gelagerten Druckplatte handelt es sich um grosse Handwerkskunst. Werner Wäckerli hat sie noch in Aktion gesehen. Seiner Ausführung nach ist es eine komplette Seite des «Tössthalers», als dieser noch im traditionellen Buchdruck hergestellt wurde. Das war bis 1990 der Fall. Die in Blei gegossenen Buchstaben und Zeilen wurden in anforderungsreicher Handarbeit in einem Metallrahmen zu einer Seite zusammengefügt. Das war eine der Arbeiten, die Hans-Dieter Lang noch machte. (rg)

Wanderndes Redaktionsbüro

Rund um den «Tössthaler» galt es im Verlauf der Zeit immer wieder mal Abschied zu nehmen. Man denke an die Reduktion von drei auf zwei Ausgaben. Oder erst kürzlich erfolgte der geänderte Namensschriftzug. Der vertraute Titel verschwand über Nacht und wurde durch eine modernere Version ersetzt.

Ein anderer Abschied war der Wegzug der Buchdruckerei Turbenthal AG an die Sunnehofstrasse in Saland. Wie oft war man doch zuvor im Vorübergehen für einen kleinen Plausch in das Redaktionsbüro in Turbenthal gegangen, das war ab da nicht mehr möglich.

Später kam der Umzug nach Wila, das schaffte dann wieder eine vertraute Nähe. Mitgewandert ist immer auch das erwähnte Archiv. Nun soll der avisierte Umzug schlanker stattfinden. Stellvertretend für all die Männer, die engagiert das Unternehmen führten, wird hier an den langjährigen Geschäftsführer und Redaktor Hans-Dieter Lang erinnert, dessen Nachfolger Hanspeter Blattmann seinerzeit einen bemerkenswerten Nachruf geschrieben hat.

Die Spuren von Hans-Dieter Lang

Der im Alter von 57 Jahren verstorbene Hans-Dieter Lang hat auf vielfältige Art in seiner Wohngemeinde Spuren hinterlassen. «Während der vergangenen gut 30 Jahre hat er sich in Turbenthal für verschiedene Funktionen zur Verfügung gestellt», schreibt Blattmann.

Das Engagement für die Öffentlichkeit begann 1975 mit dem Eintritt in die Feuerwehr. Bis 1992 hat er als Soldat gedient, die letzten Jahre davon sass er gar im Gemeinderat und stand sich so quasi selber vor. Acht Jahre dauerte seine Amtszeit, er war Polizei-, Feuerwehr- und Gewässervorstand.

Ein Mann arbeitet an einem Pult.
Der langjährige Geschäftsführer Hans-Dieter Lang bei Büroarbeiten. Er verstarb mit nur 57 Jahren.

Wer gute Arbeit leistet, der wird auch anderweitig angefragt. So war er aktiv sowohl im Gewerbeverein wie auch im Bürgerlichen Gemeindeverein. Sein Hauptaugenmerk galt in beiden Vereinen den Anliegen der KMU. Ab 1988 gehörte er zudem dem Verwaltungsrat der Raiffeisenbank an, zu einer Zeit, wo allmählich die Fusion der Raiffeisenbank Sitzberg mit der Raiffeisenbank Bichelsee aufgegleist wurde. Als es 1999 so weit war, hatte Lang hier ein Verwaltungsratsmandat inne.

Dem «Tössthaler» verbunden

Die Buchdruckerei Turbenthal und Verlegerin des traditionsreichen «Tössthalers» konnte gedeihen dank engagierten Persönlichkeiten. Anfangs durch den Gründer Robert Furrer, nachfolgend durch Albert Martig und anderen mehr. Und eben durch Hans-Dieter Lang. Er kam 1943 in der Nähe von Stuttgart zur Welt, absolvierte die Lehre als Schriftsetzer.

In den 1960er Jahren trat er in einer Druckerei in Winterthur eine Stelle an. Nachhaltig geprägt wurde sein Leben mit dem Wechsel im August 1969 nach Turbenthal. Der «Tössthaler» florierte, und mit Lang kam eine kompetente Stütze in den Betrieb. Hier war auch der dem Unternehmen sehr verbundene Werner Wäckerli. Er war damals ebenfalls Schriftsetzer, dann langjähriger Redaktor und zuletzt im Verwaltungsrat.

Wäckerli war es auch, der 1974 die Zeitung markant erneuerte, indem er sie ganz aufs Lokale fokussierte. Von Hans-Dieter Lang sprach er mit Bewunderung, ihn faszinierte, wie dieser unter Zeitdruck die Manuskriptseiten herstellte und in Blei goss.

Zukunftsweisende Errungenschaften

Hanspeter Blattmann schreibt weiter: «Nach und nach übernahm Hans-Dieter Lang Verantwortung in der Firma.» Er wurde ab 1975 Geschäftsleiter und war später, bis zu seinem Tod, Verwaltungsratspräsident. Das Handwerk hatte er von der Pike auf gelernt, dem Fortschritt stand er positiv gegenüber.

Er brachte das Unternehmen mit Einsatzfreude und Leistungsbereitschaft vorwärts, als manche kleinere Zeitung bereits an der technischen Entwicklung gescheitert war. Hanspeter Blattmanns Achtung für seinen Redaktionsvorgänger ist im Nachruf gut spürbar.

Die technischen Neuerungen hielten gezielt Einzug in der Buchdruckerei an der Tösstalstrasse 74. «Die Zeichen der Zeit erkennend, zögerte der Firmenchef Anfang der 1990er Jahre keinen Augenblick, auch die neuste Generation der Setztechnik auf Mac-Computern anzugehen», führt er aus. Die Grundlage für eine weiterhin gesunde Buchdruckerei Turbenthal AG war da.

Geregelte Nachfolge

Schliesslich holte er Hanspeter Blattmann ins Redaktionsteam, dieser war damals als Primarlehrer in Turbenthal tätig. So lief unter ihm der Betrieb weiter, als sich Lang zusammen mit seiner Lebensgefährtin Annette Carlin und ihren Kindern zum ersten Mal nach über 30 Jahren in die Ferien wagte. Der Grundstein für weitere solche Auszeiten war gelegt – aber es sollte nicht sein.

In der Nacht auf den 10. Mai 2000 starb er an einem Herzstillstand. In seine grossen Schuhe stieg nachfolgend Hanspeter Blattmann und führte die Redaktion volksnah weiter. Seine oftmals empathischen Berichte über Veranstaltungen aller Art waren sehr beliebt und machten die Zeitung erfolgreich.

Doch im Januar 2015 ereilte die Bevölkerung die Nachricht von seinem Tod. Allen Blessuren zum Trotz lebt der «Tössthaler» weiter, denn arm an Themen und Geschichten ist das namensgebende Tösstal nicht. Schön, wenn sie noch lange erkannt, geschrieben und gelesen werden. 

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